Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Urmel taucht ins Meer

Urmel taucht ins Meer

Titel: Urmel taucht ins Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
so:
     

     
    Das hieß: Hier steht ein Krug,
und ich bin klug. Wie wunderbar! Sie quiekte beglückt und eilte ins Blockhaus,
um den Professor zu holen.
    Aber ein zarter Luftzug trieb
den feinen Sand wie einen Schleier dicht über dem Boden dahin. Und der
Professor brauchte so schrecklich lange, bis er endlich zur Stätte ihres
unsterblichen Wirkens kam! Da war kaum mehr eine Rinne zu sehen. Wutz schnaufte
tief enttäuscht. «Das hat das Urmel gemacht, öff...»
    «Nein», antwortete der
Professor lächelnd, «der Wind war es. Da siehst du, wie vergänglich die Kunst
ist!»
    Lange konnte Wutz dies nicht
verschmerzen. Und nie wieder gelangen ihr so tiefsinnige Reime!



Professor wird für krank gehalten
     
    Inzwischen nahm die Krabbe
große Mengen der Tiersprechmedizin regelmäßig mit ihrem Futter ein. Eigentlich
hätte sie bereits so klug sein müssen wie der Primus einer Oberschulklasse.
Viele Stunden verbrachte der Professor in der Höhle am unterirdischen See, Tage
und Nächte. Er befestigte eine Kerze auf einer Kalksteinsäule, die nun aussah
wie ein Leuchter. In ihrem Licht beobachtete er jede Bewegung des Tieres. Das
Zackengewirr der Tropfsteine warf schwankende Schatten an die Gewölbedecke. Er
war allein. Den anderen, sogar Tim Tintenklecks, war es zu gruselig hier.
    Der Professor zeichnete jede
Bewegung der Krabbe und ihrer Scheren in ein Buch ein. Kein anderer Mensch
hätte dieses Krickel-Krackel verstanden. Er jedoch verglich sorgfältig alle
Stellungen miteinander und mit seinen Skizzen. Und so entwarf er das
‹Habakuk-Tibatong-Krabben-Zeichensprachen-Alphabet› — eine der bedeutendsten
Leistungen, für die er mindestens den Nobelpreis verdient hätte.
    Aber an Preise und Ehren dachte
der Professor nie. Er wollte sich nur mit der Krabbe unterhalten.
    Eines Nachts wagte er den
ersten Versuch. Er breitete die Arme aus und führte die Hände in weiter,
kreisender Bewegung auf seiner Brust zusammen. So machte er es viele Male
hintereinander, unverdrossen. Und bei jeder Bewegung sagte er deutlich: «Ich!»
Er wußte, daß die feinen Fühler der Krabbe Schallwellen zu registrieren
vermochten.
    Sie beobachtete ihn aufmerksam.
Ihre Knopfaugen funkelten. Und dann, zögernd und quälend langsam — der
Professor konnte vor Aufregung kaum atmen — , breitete sie die Scheren aus und
führte ihre Spitzen ebenfalls kreisend auf sich zu.
    Das war der Anfang. Und aller
Anfang ist schwer. Aber von Tag zu Tag verstanden sie sich besser. Unermüdlich
übten sie — bis zur Erschöpfung.
    Eines Morgens, als das Urmel gerade
auf seiner Matratze die Augen aufschlug, gähnte und sich rekelte, als Wutz aus
der Schlummertonne kroch und in die Sonne blinzelte, als Tim Tintenklecks
erwachte und von seiner Hütte im Baum herabkletterte, als Schusch zum Blockhaus
flog und Ping Pinguin und Wawa ihre Muscheln verließen — an dem Morgen
schleppte sich der Professor übernächtigt den Berg zum Blockhaus hinauf.
    «Er sieht aus wie ein
Nachtgespenst!» quiekte das Urmel.
    Ja, das Haar hing dem Professor
wirr in die Stirn, und unter den Augen hatte er schwarze Ringe.
    «So geht es nicht weiter!»
sagte Wutz seufzend. «Ich fürchte, du wirst krank! Was machen wir bloß mit
dir?»
    «Hatschi!» Der Professor
nieste. Jetzt plumpste er auf den Bettrand und begann mit den Armen seltsame
Bewegungen auszuführen. Alle starrten ihn an. Dem Urmel klappte der Unterkiefer
herunter, und es tippte sich, zu Wutz gewandt, mit seiner Vorderpfote heimlich
an die Stirn.
    «О du saftige Rübe», rief
diese, «Professor, hast du etwa Zuckungen?»
    Er antwortete wie aus einem
Traum erwachend: «Verzeiht, ich vergaß, daß ihr diese Sprache nicht versteht.
Es ist soweit: Ich kann mich mit der Krabbe verständigen, sie hat mir Zeichen
gemacht!»
    «Und was hat das Biest
zeichengespracht?» fragte das Urmel. «Wen will es zuerst mit seinen Scheren
zerschnippeln?»
    «Sie hat gemeint...», rief der
Professor, und dabei machte er wieder, als ob er einem Zwang gehorche, diese
merkwürdigen Armbewegungen, für die man ihn in Winkelberg bestimmt in eine
Nervenheilanstalt eingewiesen hätte, «sie hat gesagt: ‹Habt mich lieb!›»
    «Ach, du hast ja Fieber, öff!»
grunzte Wutz. «Deine Stirn ist so rot wie eine glühende Ofentür!»
    «Ja, du bist krank!» rief das
Urmel. «Ich mache dir klatschnasse Wickel. Und Wutz kocht dir bitteren Tee.»
    Gottlob war das nicht nötig.
Trotzdem legte sich der Professor ins Bett und schlief zwei Tage und zwei
Nächte,

Weitere Kostenlose Bücher