Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Urmels großer Flug

Urmels großer Flug

Titel: Urmels großer Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
Urmel.
    Da
fügte sich Schusch. Er knarrte zwar noch: »Auf deine Verantwortung!«, aber er
wußte genau, daß das eine sinnlose Einschränkung war.
    Noch
befanden sie sich hoch oben in der Luft. Und da die Menschen voll Erwartung in
die Arena schauten, wurden sie auch nicht bemerkt. Trotzdem wollten sie nicht
länger über die Arena dahinschweben, im Kreis herum. Zwar fanden sie auf den
Rängen keinen Platz, wo sie sich hätten hinsetzen können, und schon gar keinen,
wo sie unentdeckt geblieben wären. Doch erspähte Schusch ganz dicht bei der
Stierkampfarena den Stumpf eines Wehrturmes, er war vermutlich ein Teil der
früheren Stadtmauer. Und auf dessen viereckiger, flacher Höhe konnten sie sich
bequem niederlassen und über den Rand hinablugen.
    Das
tödliche Spiel begann sehr schön, sehr farbenprächtig. Die Musikkapelle schmetterte
einen Marsch; ein Herr, der in der größten Loge saß, winkte mit einem weißen
Tuch. »Das äst der Präsädent«, erklärte Schusch. Und das Urmel nickte. Wer
anders als ein Präsident konnte das Zeichen zum Beginn geben?
    Dann
erfolgte der Einzug aller Mitwirkenden, angeführt von zwei Reitern in
schwarzer, mittelalterlicher Tracht. Ihnen warf der Präsident einen glänzenden
Gegenstand zu, der mit dem Hut aufgefangen wurde. »Der Schlüssel zum
Stärstall«, erläuterte Schusch. Eine gewisse Unruhe war ihm anzumerken. Das
Urmel aber schaute nur auf die farbenprächtigen Gestalten, auf die Toreros in
ihrem Gewand aus Brokat und Seide, in der gold- und silberdurchwirkten Weste,
in der hautengen, seitlich bestickten Kniehose, mit den farbigen Strümpfen und
Schnallenschuhen, dem schwarzen Zweispitz und dem kurzen Nackenzopf. Und mit
ihnen kamen die Kämpfer zu Pferd, mit den langen Lanzen. Mit ihnen kamen all
die anderen Helfer der Toreros — und am Schluß die Maultiere, »dä«, so Schusch
mit gequältem Augenblinzeln, »den getöteten Stär herauszuschleifen haben«.
    Da
runzelte auch das Urmel die Stirn und verlor die Freude an dem Aufzug.
    Schon
aber schwenkte der Vorsitzende erneut sein weißes Tuch, Hornisten und Trommler
gaben ein musikalisches Zeichen — und in die Arena stürmte ein mächtiger Stier,
ganz geballte Kraft, zentnerschwer und angriffsfreudig. Er tobte durch die
Arena, fast wie ein Hund, der sich freut, endlich aus dem Haus zu kommen.

Siebzehntes
Kapitel

In dem das Urmel in den Kampf eingreift und der König im unrechten
Moment dazukommt
     
    Die Kämpfer
verzogen sich hinter Holzwände, die an allen Seiten der Arena aufgerichtet
waren. Des Publikums bemächtigte sich eine große Erregung, die sich in
gespanntem Schweigen äußerte. Man hörte nur das Stampfen und Schnauben des
Stieres. Und dann, nachdem sich das Tier ein wenig ausgetobt hatte, näherte
sich ihm der Torero und begann, seinen roten Mantel vor ihm zu schwenken und
durch geschickte Bewegungen seinen Hörnern auszuweichen.
    »Weißt
du, was mir leid tut?« fragte das Urmel seinen Begleiter. »Daß wir nicht mit
dem Stier sprechen können. Die Tier-Sprech-Schule des Professors ist viel zu
klein. Der Professor sollte allen Tieren Sprech-Unterricht geben. Dann könnte
man dem Stier jetzt sagen, daß er getötet werden soll. Aber so...«
    »Äch
überlege dä ganze Zeit, ob wär ähm nächt ärgendwä helfen können«, antwortete
Schusch.
    Und
das Urmel sagte: »Deine Gedanken sind meine Gedanken.«
    »Das
äst aber zämläch gefährläch.«
    »Wir
können ja fliegen!«
    »Trotzdem.
Wenn wär auch dem Stär vor den Hörnern herumflattern, so werden säch doch dä
Menschen sehr über uns ärgern. Sä sänd schläßläch gekommen, um den Stärkampf zu
sehen, und haben Einträtt bezahlt. Välleicht sänd sogar Männer dabei, dä
Pästolen oder Gewehre mätgebracht haben.«
    Das
Urmel antwortete nicht. Es schaute nur atemlos erregt in die Arena. Schon
wieder hatte der Präsident sein weißes Tuch geschwenkt. Schon wieder Trommeln
und Hörnerklang. Und jetzt gaben die beiden Picadores ihren schwerfällig
gepanzerten Pferden die Sporen und drängten sie dem Stier entgegen. Der Riese
stand still, mit gesenkten Hörnern. Er beobachtete. Da schleuderte ein Picador
die Lanze, sie traf in den Muskelberg der Schulter. Der Stier blutete.
    »Wie
gemein«, rief das Urmel.
    Schusch
sperrte nur den Schnabel auf.
    Schon
waren unten beim Stier die Banderilleros. Sie versuchten, ihm paarweise
geschmückte und mit Widerhaken versehene Stäbe in die Haut zu stecken. Der
Stier wurde immer wütender, er schüttelte

Weitere Kostenlose Bücher