Urod - Die Quelle (German Edition)
Chance, es tun zu können. Wie hatte er das bloß alles einfach so abstreifen können?
Na gut, er war die ganze Zeit in dieser finsteren Öde allein mit Drago unterwegs gewesen. Da verschoben sich die Prioritäten und an Sex dachte man da ganz schnell nicht mehr. Und dennoch. Vielleicht war es die Ausweglosigkeit gewesen. Das Abfinden mit dem Unausweichlichen.
Jetzt saß er hier. Hin- und hergerissen zwischen dem Wissen, es unmöglich schaffen zu können und der verdammten Hoffnung, doch noch eine Zukunft zu haben, die über den morgigen Tag hinausging. Und plötzlich war ihm alles klar. Viel klarer als vorher. Er hatte es eigentlich schon die ganze Zeit gewusst. Er hatte es sogar bereits gesagt, aber erst jetzt begriff er es.
Er musste seinen Vater auslöschen.
Sein Leben lang war es nur darum gegangen. Sein Leben lang hatte er um die Liebe und Anerkennung seines Vaters gebuhlt. Und in dem Moment, in dem er sich von ihm unabhängig machen wollte, hatte der sich in ein Monster verwandelt. Und Miles musste ihm wieder einmal hinterherjagen.
Nur einer von ihnen beiden konnte überleben. Das war es, worum es ging. Nicht der Kampf gegen ein paar außerirdische Monster. Nein. Es war etwas Persönliches. Es war etwas, das er viel früher hätte tun sollen. Seinem Vater den Stinkefinger zeigen und sein eigenes Leben leben. Dann wäre er niemals in dieses verschissene Camp gekommen. Dann wäre er ein viel coolerer Typ geworden und hätte mit Sicherheit auch schon mal einen weg gesteckt. Dann säße er jetzt auf irgendeiner Party und würde sich die sinnlos volllaufen lassen, anstatt sich um seine Nüsse zu sorgen.
Sein verdammter Vater. Er musste ihn töten. Das hier war Ödipus pur. Ein verschissene mythologische Tragödie. Und er hatte nicht vor, als Verlierer nach Hause zu gehen. Da wurde ihm bewusst, dass ihn die anderen bereits seit geraumer Zeit anstarrten. Er räusperte sich.
„ Was ist denn?“ fragte Enza.
Miles schüttelte den Kopf, um sich von seinem Gedankenwust zu lösen. Er vermied es dabei, Viola anzusehen. Er musste sich konzentrieren. Sie alle mussten das. Wenn es wirklich eine Chance gäbe, dann war sie sehr, sehr gering. Er starrte auf die beiden Patronen Sprengstoff, die auf dem Tisch lagen. Sie wirkten so klein und armselig. Würde ihre Kraft reichen, für das, was sie vorhatten? Viola schien den gleichen Gedanken zu hegen.
„Können wir die beiden nicht mit irgendwas verbinden, sodass es mehr wird?“ fragte Viola.
Da war sie wieder, diese verdammte Hoffnung, die mit Violas Stimme in den ganzen Raum hineinströmte. Miles konnte förmlich spüren, wie die anderen anfingen zu denken. Nach Alternativen zu suchen.
„Ist nicht Mehl ein hoch explosiver Stoff?“ fuhr Viola fort. „Ich glaube, ich habe da mal so was gelesen. Ihr habt doch hier Mehl. Ich hab mir gestern aus Versehen was davon in den Tee getan, weil ich dachte, es wäre dieses Milchpulver-Zeug.“
„Ja, Mehl explodiert. Die Frage ist aber, ob es auch die Kraft hat, zu zerstören, oder ob es einfach nur ein schönes Feuerwerk veranstaltet“, gab Sebastian zu bedenken.
„Was auch immer. Wir können es zumindest als Ablenkungsmanöver für die Urods einsetzen. Das verschafft uns einen Vorsprung und wenn wir Glück haben, werden sie ordentlich gegrillt“, schlug Thomas vor. „Deosprays oder Haarspray funktioniert auch. Ich hab' Feuerzeuge gefunden. Wir können sie wie kleine Flammenwerfer benutzen."
„Benzin!“ bemerkte Enza plötzlich.
Alle Köpfe wandten sich ihr zu.
„Ich hab in unserer Baracke zwei ganze Kanister gesehen.“
„Ja, die brauchen wir für den Wagen“, erklärte Miles.
„Ist der Tank denn noch voll?“
„So halbvoll, denke ich.“
„Das müsste reichen, um damit in den nächsten Ort zu kommen, oder?“
„Ja, auf jeden Fall.“
Enza sah zufrieden aus.
„Gut. Das ist gut. Wir können das Benzin als Katalysator für den Sprengstoff benutzen. Das müsste den Felsvorsprung in die Knie zwingen. Und gleichzeitig gießen wir damit eine Spur zum Durchgang, wo wir die zweite Stange Sprengstoff deponieren. Das Benzin funktioniert wie eine Art Lunte und wird den Gang zum Einsturz bringen. Wir gewinnen Zeit und können uns auf den Weg zum Auto machen. “
Die anderen ließen das Gesagte einen Moment sacken. Es hörte sich alles plausibel an und schien auch nicht so schwierig zu sein, dass sie es nicht bewältigen konnten. Hatten sie wirklich einen Weg gefunden, zu entkommen und gleichzeitig alles zu
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