Urod - Die Quelle (German Edition)
aus seinen Gedanken. Die Tatsache, dass diese kleine Person so gar keine Angst zu haben schien, half Thomas, seine Gedanken wieder in geordnete Bahnen zu lenken.
„ Also gut. Du bleibst dicht hinter mir, klar?!“
„ Und du schlägst niemanden in den Bauch und nennst auch niemanden einen Idioten!" ergänzte Sebastian.
Lea hatte ihre Brille abgenommen, deren Gläser vom Regen blind waren. Ihre Begeisterung, endlich von ihm wahrgenommen zu werden, spiegelte sich darin wider. Thomas bemerkte ihre Euphorie sehr wohl, konnte sie aber überhaupt nicht einordnen. Lea irritierte ihn durch und durch, da er noch gar nicht auf die Idee gekommen war, sie könnte Gefühle für ihn haben. Er interpretierte ihr Verhalten entsprechend völlig falsch und nahm an, sie halte das Ganze für eine Art Freizeitausflug mit Abenteuer-Einlagen. Abrupt wandte er sich von ihr ab und stiefelte voraus. Sie eilte ihm nach und fasste ihn am Ellbogen.
„ Ich kann ohne Brille nicht gut sehen!“
Thomas ging nicht weiter darauf ein und konzentrierte sich stattdessen darauf, nicht auf dem schlammigen Untergrund auszurutschen. Der Matsch unter seinen Füßen war glitschig und quoll bei jedem seiner Schritte mit einem quatschigen Geräusch unter seinen Schuhen hervor. Langsam pirschten sie sich weiter vorwärts, bis sie schließlich vor der Baracke standen. Vorsichtig warfen sie einen Blick durch das Fenster direkt neben der Tür, konnten aber nichts erkennen, denn es war mit irgendetwas zugestellt. Für einen Augenblick verschwand der Lichtstreifen. Jemand oder etwas bewegte sich also dahinter. Leas Griff um Thomas' Arm wurde unwillkürlich fester. Er atmete einmal tief ein, machte sich von ihr los und gestikulierte, dass er als erstes die Baracke betreten werde. Dann öffnete er die Tür.
Sie mussten ein paar Schritte in den Raum hineingehen, bevor sie die zwei Gestalten in verdreckten, dunklen Regenmänteln entdeckten, die an ein paar Bärenfallen herum werkelten. Ihre Kapuzen hatten sie tief in ihre Gesichter gezogen und wirkten dadurch wie zwei gedungene Mörder, die ihren Job im Verborgenen erledigen. Sie standen mit dem Rücken zu den beiden und hatten sie augenscheinlich nicht hereinkommen gehört, denn sie unterbrachen ihre Arbeit keine Sekunde. Der Boden war voller getrockneter und noch frischer Schlammspuren. An den Wänden des Raumes stapelten sich meterhoch Konservendosen und Plastikkisten, die in ihrer quietschigen Farbigkeit völlig fehl am Platz wirkten.
Thomas und Lea warfen sich einen unsicheren Blick zu. Was soll das sein? Thomas betrachtete die verrosteten Bärenfallen am Boden. Die Gestelle wirkten wie riesige, aufgerissene Haifisch-Mäuler aus Stahl, deren spitze Zähne eine absolut tödliche Schneidekante bildeten. Er schauderte und fragte sich, was er tun sollte. Ihm fiel keinerlei plausible Erklärung für dieses Szenario ein. Im selben Moment rief Lea hinter ihm „Hallo! Sind Sie vom Grabungsteam?!“ und Thomas fuhr vor lauter Schreck zusammen.
Doch die beiden Gestalten rührten sich überhaupt nicht. Sie blieben vollkommen durch ihre Beschäftigung absorbiert. Wieder wechselten Lea und Thomas einen verdutzen Blick. Thomas beschloss, dass sie sich erst mal zurückziehen und er Sebastian holen sollte, bevor die beiden Typen sie bemerkten. Er wollte das Lea gerade zuflüstern, als diese der kleineren Gestalt beherzt einen Arm auf die Schulter legte, noch bevor Thomas sie davon abhalten konnte.
Und Woooom!
Es dauerte keine Sekunde da hatten die beiden Gestalten eine Axt und ein Survival-Messer gepackt und wirbelten herum. Die Axt fuhr durch die Luft und Thomas konnte im letzten Moment zur Seite springen, um ihr auszuweichen, stolperte dabei aber unglücklich und landete eingeklemmt zwischen einem Tisch und einer Bank. Leas Augen weiteten sich und sie schrie aus Leibeskräften. Gleichzeitig krallte sie sich mit ihren Händen an der Tür fest, als wolle sie diese aus ihren Angeln heben, um sich zu verteidigen. Thomas robbte unter den Tisch, um dort Schutz zu suchen, doch dabei geriet ein Zipfel seiner Jacke in eine der Bärenfallen, die mit einem haarsträubenden Geräusch zuschnappte und seine Taille nur um Haaresbreite verfehlte. Jetzt saß er in der Falle. Er drehte sich dem Angreifer entgegen und versuchte auf seinem Hosenboden in Sicherheit zu rutschen, doch er hatte keine Chance. Panik erfasste ihn. Seine Lippen formten stumm das Wort „Bitte“, doch das Gesicht des Mannes mit der Axt lag im Schatten
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