Urod - Die Quelle (German Edition)
bin noch nicht ganz wach. Das war echt Scheiße von mir“, bemerkte er kleinlaut.
Miles überging das, wandte sich aber für einen Moment ab und tat so, als schaue er aus dem Fenster. Dabei war dahinter rein gar nichts zu erkennen, außer bleierne Schwärze. Da fiel Sebastian etwas ein.
„ Das Gift. Vielleicht hat er es geschafft, seinen Plan mit dem Gift durchzuziehen und die gesamte Herde ist dahin."
Miles deutete wortlos auf den Nachfüllpack. Sebastian schlug mit der Faust auf den Boden.
„Fuck!"
„Die Frage ist, wer von uns geht zur Baracke und holt die Taschenlampen?“ übernahm Thomas jetzt das Kommando, der bemerkte, das Miles einen Moment brauchte. „Ich denke, es ist auf jeden Fall besser, wir gehen zu zweit.“
Miles schüttelte den Kopf.
„Nein, einer muss reichen. Falls sie angreifen, ist die Chance, zu überleben ziemlich gering. Egal, ob allein oder zu zweit. Also – einer reicht.“
Die Stille, die darauf folgte war ohrenbetäubend.
„Ich gehe", sagte Miles.
Doch Enza widersprach ihm sofort.
„Auf keinen Fall. Du kennst dich hier am besten aus. Und du weißt am meisten über diese Schweinepriester. Wir brauchen dich. Ich werde gehen.“
Dieses Mal war es Thomas, der protestierte.
„Nein! Das lassen wir auf keinen Fall zu.“
Dabei sah er zu Sebastian, den er offensichtlich mit einbezog, wenn er von wir sprach. Enza verzog spöttisch die Mundwinkel.
„Warum? Weil ich eine Frau bin?“
„Genau das“, erwiderte Thomas lakonisch.
„Aber du hast doch gehört, wenn es zum Angriff kommt, überlebt es eh keiner. Also wo ist der Unterschied?“
„Der Unterschied ist – du bist eine Frau. Ich lasse dich da nicht raus und den Märtyrer für uns spielen. Oder die Märtyrerin. Nenn mich, wie immer du willst, aber das kann ich nicht“, sagte Thomas sehr bestimmt.
Alle erwarteten Enzas vehementen Widerspruch, aber sie schien von Thomas' Einstellung einfach nur überrascht zu sein.
„Ein richtiger Gentleman, was?!“ sagte sie.
Thomas reckte trotzig das Kinn vor und erwartete weitere Attacken von ihrer Seite.
„Wie schön. Ich dachte schon, die wären ausgestorben.“
In ihren Worten lag keinerlei Ironie und der Blick, mit dem sie Thomas bedachte war äußerst wohlwollend.
„Tja, damit wären wir beide wohl aus dem Spiel“, sagte Enza zu Viola gewandt.
Viola hatte den Dialog zwischen Enza und Thomas mit klopfendem Herzen verfolgt. Sie kannte Thomas, sie hatte sofort gewusst, dass er Enza anbieten würde zu gehen und sie hatte gebetet, dass er die Klappe hielt, solange bis Sebastian seinerseits dies Angebot machen würde. Sie suchte Thomas' Blick. Und fand ihn. Stumm bat sie ihn, hierzubleiben. Nichts zu riskieren. Ihr und ihrem Kind zuliebe. Thomas zögerte. Dann sah er zu Sebastian hinüber, der versuchte möglichst unbeteiligt drein zu schauen. Es war mehr als deutlich, dass er sich nicht als Freiwilliger anbieten würde. Auch Viola wurde schnell klar, dass man Sebastian allenfalls dazu zwingen konnte, in die Dunkelheit zu marschieren. An Thomas' Haltung konnte sie seine Entscheidung ablesen. Er würde gehen. Bevor er jedoch den Mund aufmachte, kam Viola ihm zuvor.
„Sebastian, du solltest gehen“ sagte sie eilig.
Sebastian sah empört zu ihr auf.
„Was? Wieso ich?“
„Du bist der Stärkste und Schnellste. Wenn es jemand von uns überleben kann, dann du.“
Sebastian konnte kaum glauben, dass Viola ihn so unter Druck setzte. Er zog sie beiseite und senkte die Stimme.
„Schatz, was ist los mit dir? Willst du, dass ich draufgehe?“
Viola ignorierte ihre aufkeimenden Schuldgefühle.
„Um Gottes Willen, nein! Aber es ist wahr. Wenn es jemand schaffen kann, dann du. Wir brauchen dich. Und wir brauchen diese Scheiß-Lampen, damit wir die Nacht überleben. Und ich will überleben.“
Dabei wurde ihr übel, so angewidert war sie von sich selbst, aber sie spürte, wie Sebastians Widerstand dahin schmolz. Sie wusste genau, dass er sich in seinem Machismo herausgefordert fühlte. Konnte er vor der Frau, die er über alles liebte, wirklich den Feigling markieren? Und was, wenn Thomas wirklich ginge und mit den Lampen zurückkam. Dann würden alle ihn als Helden sehen. Viola kannte ihn gut genug. Dass er dennoch so lange zögerte, bedeutet nur eines: Er hatte wirklich Angst. Als Viola das erkannte, wollte sie sofort einen Rückzieher machen. Was war nur in sie gefahren? Wie konnte sie ihm das antun? Sie selbst war hier das Monster, das wurde ihr nun klar. Sie
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