Uschi Zietsch
Jahre lang in ganz allgemeinen Dingen unterrichtet, die die Welt und ihr Leben betreffen. Denn nur wer die Dinge beim Namen kennt, kann auch ihren Ursprung erforschen und dadurch Macht über sie erlangen. Ein Zauberer muss über ein perfekt fundiertes Wissen verfügen, wenn er sich die Magie untertan machen will. Dieses Wissen befähigt uns nicht nur zur richtigen Anwendung der Magie, sondern auch dazu, die Menschen in weitgehend friedlicher Weise vor allem Unbill zu schützen. Durch unsere Kunst sind wir nicht gezwungen, das Schwert zum tödlichen Streich zu erheben. Wir töten nur dann, wenn es dem Grundsatz der Hilfe entspricht. Aber das werdet ihr später noch lernen. Nach fünf Jahren jedenfalls beginnt die zweijährige magische Ausbildung, in der ihr vor allem Konzentration erlernt und die Strömungen und Ursprünge aller Dinge zu erfassen und zu verändern suchen werdet. Wenn ihr siebzehn seid, habt ihr die Erste Prüfung vor euch, die euch gestattet, endlich die Magie in der Praxis anzuwenden. Aufgrund eurer ausführlichen Ausbildung wird euch das nicht schwer fallen, aber es kostet viel Kraft, und ihr werdet lernen, die Magie nur im Notfall einzusetzen. Wenn ihr diese Prüfung macht, gibt es kein Zurück mehr, aber darüber braucht ihr jetzt noch nicht nachzudenken.
Anschließend beginnt die intensive magische Ausbildung von weiteren fünf Jahren – bei manchen dauert sie nur drei Jahre –, dann macht ihr die Zweite Prüfung und dürft euch fortan Zauberer nennen. – Ja, Tarmin?«
»Aber was ist, wenn man die Prüfungen nicht besteht?« Der Dicke stellte die Frage, die alle beschäftigte.
Celion lächelte. »Keine Angst. Die Prüfungen sind auf jeden Einzelnen genau zugeschnitten, es gibt kein Versagen. Und nicht jeder muss ein Heiliger Wanderer werden. Laïre braucht viele Hände für die Schüler und die Wirtschaft. Wäre es schlimm für dich, eine solche Arbeit zu übernehmen?«
Tarmin strahlte. »Nee«, erwiderte er. »Ganz und gar nicht.«
Die anderen lachten.
Celion fuhr ernster fort: »Einigen von euch werde ich später den Geschichtsunterricht geben, aber vorab möchte ich euch schon in Kurzfassung die Urlegende erzählen.« Er unterbrach sich kurz, um die Jungen zu mustern, deren Gesichter allesamt den Ausdruck angespannter Erwartung zeigten. Kelric rutschte ungeduldig auf seinem Stuhl hin und her, seine Blicke durchbohrten den Lehrmeister, damit er endlich redete.
Vor vielen Äonen, als Ishtrus Traum noch jung war und die EINHEIT noch bestand, gab es einmal eine Riesenwelt, die man das Weltenreich nannte. Viele große Völker lebten auf ihr und sogar den acht Monden, die sie mit Sonnenseglern bereisten, deren Macht und Größe bis heute unerreicht ist. Das Weltenreich war einzigartig im Gefüge des Alls, und seine Melodie drang bis in die entfernten Tiefen.
Doch dann geschah, was niemals geschehen durfte, die EINHEIT wurde getrennt und das Gefüge kam ins Wanken, und es entstanden Regenbogen und Finsternis, und der Ewige Krieg begann. Auch die Völker des Weltenreichs nahmen daran teil, doch wurden sie alle während des Feuersturms vernichtet, als die Schlafende Schlange erwachte und begann, Ishtrus Traum zu zerstören. Bis der Meister der Mächte eingriff, war es schon fast zu spät, viele alte und große Mächte nicht nur des Weltenreichs hatten ihr Leben verloren. Die Melodien mancher Gegenden des Alls sind für immer verstummt, und auch in Weltenreichs Lied waren viele Töne zerstört.
Aber der Meister der Mächte hatte die endgültige Vernichtung aufgehalten, was ein bitterer Trost war, jedoch auch eine neue Hoffnung. Ein zweiter Traum begann, und die Überlebenden mussten neu ordnen, was noch übrig war.
Nur zwei der vielen Götter Weltenreichs, Elwin der Sanfte und Ringwe der Feine, kehrten nach der Großen Wandlung und Erneuerung zurück auf die verwaiste Welt und fingen die letzten Klänge ein, die gerade davon schweben wollten. Als sie gerade daran gingen, die Melodie neu zu weben und an die Schöpfung zu denken, erschien ein dritter Gott, Oloïn der Gelbe, der für die Finsternis gekämpft hatte und keine Welt mehr besaß. Er wollte Weltenreich für sich allein, denn die Gefolgschaft seiner Völker, die die Vernichtung überlebt hatten, war noch groß, und in seiner Gier nach Macht wollte Oloïn eine starke Bastion der Finsternis auf Weltenreich gründen.
Elwin und Ringwe verteidigten erbittert ihre Welt, aber Oloïn gab nicht nach, und so wurde der Kampf immer
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