Utopia 2050
geöffnet, bevor sie klopfen konnten; Malone sah ihnen entgegen. »Ein ganzer Haufen, was?« meinte er zur Begrüßung. »Na gut, herein!« Er führte die Gruppe in den Raum mit dem Kamin, den Et bereits kannte. Im Kamin brannte heute kein Feuer. Nach der Vorstellung ließen sie sich in grobem Halbkreis davor nieder. »Also, Etter«, sagte Malone. »Was ist los?«
»Um mit einer Frage anzufangen – können Sie mir sagen, wie lange Sie nach Erhalt Ihrer R 47-Injektion besinnungslos gewesen sind?«
»Oho!« grölte Malone. »O nein! Ich habe Sie aufgrund Ihres Versprechens empfangen, daß Sie mir etwas zu erzählen hätten, nicht um Ihnen Fragen zu beantworten.«
»Nun, dann beantworte ich die Frage selbst«, entgegnete Et. »Die Antwort lautet: Sie wissen's nicht. Aber es war lange – vielleicht Tage oder Wochen.«
Malone starrte ihn an. »Was veranlaßt Sie zu dieser Annahme?«
»Das gleiche, das mich zu der Annahme berechtigt, daß Sie ein schlechter Biochemiker sind.« Malone wendete den Blick nicht von Et, aber schwieg; Et fragte Carwell. »Morgan, das R 47 ist seit seiner Entdeckung Gegenstand der Forschung, oder?«
»Ja, natürlich«, erteilte Carwell Auskunft. »Das Material, das ich Ihnen zur Einsicht vorgelegt habe, ist nur ein Bruchteil davon.«
»Und doch – selbst mit dem Rest würde uns noch die Arbeit eines Mannes fehlen, auf dessen R 47-Forschungen keine Bibliothekarische Einheit einen Hinweis enthält.« Carwell blinzelte verwirrt. »Meister Malone studiert das R 47 seit nahezu vierzig Jahren, hauptsächlich nachts. Irgendwo in oder unter diesem Haus liegt ein Laboratorium – stimmts Malone? Das einzige Problem ist, daß er – wie erwähnt – als Biochemiker nichts taugt.«
»Sie besitzen diese Art von Zunge, Etter Ho«, bemerkte Malone grimmig, »die der Kehle darunter die Luft abdreht.«
»Darin sehe ich keinen Grund zur Besorgnis«, sagte Et. »Gewiß haben Sie das Haus vollständig abhörsicher gemacht. Meine Worte können diese Wände nur durchdringen, indem jemand aus meiner Begleitung sie draußen wiederholt, und keiner davon wird das tun. Dessen bin ich sicher.«
»Ich nicht«, sagte Malone.
»Ja. Und aufgrund dieser Haltung haben Sie Ihr Geheimnis so viele Jahre lang gehütet.« Et ließ seinen Blick in die Runde schweifen. »Einmal gab es eine Zeit, als man am R 47 ernsthafte Forschungen betrieb. Aber seit fast vierzig Jahren beschränkt man sich auf die Wiederholung und Überarbeitung früherer Forschungsbemühungen, von denen man genau weiß, daß sie zu nichts führen, oder man betreibt Scheinforschungen, um Vergünstigungen, Gelder und Beförderungen zu erlangen.«
»Das glaube ich nicht!« rief Carwell. »Sind Sie sicher? Sie haben doch unmöglich während der vergangenen Woche alle Forschungsarbeiten aus vierzig Jahren studieren können!«
»Das habe ich nicht, aber soviel, daß ich eine grundsätzliche Tendenz zu erkennen vermochte. Wenn man genug Macht und die Kontrolle über die Etats besitzt, ist es nicht schwierig, Forschungen in eine Sackgasse zu leiten und sie dort zu lassen. Vierzig Jahre lang hatte das WK ausschließlich die unfähigen und käuflichen unter den R 47-Forschern gefördert. Irgend etwas an der Entdeckung des R 47 muß die Bürokratie in Furcht versetzt, sie muß irgendeine Gefahr für das System darin gesehen haben. Also wurde die wirkliche Forschung unterbunden und zugleich der Schein einer Forschungstätigkeit aufrechterhalten.«
»Dir ist doch wohl klar«, sagte Maea nachdrücklich, »daß du über jene Art von Verschwörung sprichst, die zu ausgedehnt ist, um geheim bleiben zu können.«
»Die Bürokraten eines funktionstüchtigen Systems bedürfen keiner Verschwörung«, erklärte Rico. »Sie sitzen an den Knotenpunkten eines Kommunikationsnetzes – wie Spinnen. Sobald jemand von ihnen etwas zum Wohle des Netzes unternimmt, verbreitet eine diesbezügliche Vibration sich durch die Kommunikationsstränge, und alle anderen beginnen, ihrer Spinnennatur gemäß, das Vorgehen desjenigen zu unterstützen.«
Mit einem Ruck richtete Malone seinen Blick auf Rico. »Wer sind Sie?« wollte er wissen. »Ich dachte, Sie seien sein vom WK ernannter Sekretär.«
»Das bin ich in der Tat«, erwiderte Rico. »Aber gegenwärtig ist dieser Posten lediglich die Tarnung, worunter ich einer wichtigeren Aufgabe nachgehe.«
»Es trug sich wirklich so zu«, sagte Et zu Malone, »daß Sie nach Ihrer Injektion für mehrere Wochen ohne Besinnung blieben. Dann
Weitere Kostenlose Bücher