Vaethyr: Die andere Welt
rasten aus, wenn wir Dreck auf ihre hübschen neuen Fliesen reintragen. Kaffee?«
»Danke, Mrs Duncan «, spottete er.
Während sie Kaffee zubereitete, war sie sich Sams Präsenz nur allzu bewusst, roch den Schweiß seines von der Arbeit erhitzten Körpers und ihren eigenen, in den sich der Duft von frischem Holz und Verputz mischte. Sie tranken im Stehen, Sam lehnte an der Spüle und Rosie stand im rechten Winkel zur Arbeitsfläche. Nachdem sie sich beruhigt hatte, brachte sie jetzt keinen Ton heraus. Komisch, bisher war sie in seiner Gegenwart noch nie um Worte verlegen gewesen.
»Das ist anders«, sagte er.
»Der Kaffee? Schmeckt er nicht?«
»Nein. Die Situation. Dass ich dein Angestellter bin.« Er zwinkerte ihr zu. »Gefällt mir aber.«
»Dann nehme ich dich bei der Arbeit wohl nicht hart genug ran«, sagte sie.
Eigentlich hätte es nur eine kleine Pause sein sollen. Sie spürte die Kälte der Schieferplatten durch ihre Socken. Sam benahm sich tadellos, aber was ging ihm durch den Kopf? Vor ihren Augen entfaltete sich ein schreckliches Zukunftsszenario: oberflächlich ein angenehmes, geruhsames Leben mit Alastair, aber insgeheim – in der Unterwelt – ein Haschen nach kurzen Momenten wilder Lust mit Sam, rau und heiß, fast gewaltsam, unwiderstehlich, dekadent und voller Schuldgefühle. Mein Gott, es wäre so leicht. Und würde sie am Ende umbringen.
»Nun komm schon, eine Stunde schaffen wir noch.« Als sie sich über ihn beugte, um ihren Becher in die Spüle zu stellen, schoss Schmerz in ihre linke Schulter. Sie hob die andere Hand, um ihn zu lindern.
»Was ist?«, fragte Sam.
»Hab mir eine Zerrung geholt. Offenbar habe ich mich zu lange nach vorne gebeugt.«
»Sag bloß …«
Dabei funkelten seine Augen so schelmisch, dass sie sich ein Lächeln verkneifen musste. »Kann ich nicht einmal was sagen, ohne dass du eine laszive Anspielung darin siehst?«
»Man muss jede sich bietende Chance nutzen, Süße«, sagte er. »Dreh dich um.«
Sie kehrte ihm den Rücken zu. Er legte seine Hände auf ihre Schultern und begann sie zu kneten. Die Hitze und der Druck fühlten sich unglaublich gut an. Seine kräftigen Finger arbeiteten so einfühlsam und effektiv gegen den Schmerz an, dass sie den Kopf in den Nacken fallen ließ und laut stöhnte. Sein Mund näherte sich ihrem Ohr. »Das tut gut, he?«
»O Gott, ja«, flüsterte sie.
Immer tiefer gruben sich seine Finger in ihre verspannten Muskeln. Sie bekam weiche Knie und sank entspannt gegen ihn, sodass sich ihre Beine berührten und halb ineinandergeschlungen waren, ihr Po sich an seine Hüften schmiegte. Bald wurde ihr klar, dass es sich bei dem harten Grat, der sich in ihr Kreuz bohrte, nicht um seinen Beckenknochen handelte.
Nach ein paar Minuten ließ er seine Hände auf ihren Schultern liegen, wo sie ihre Wärme verströmten, um dann sanft an ihr herabzugleiten, als sie sich zu ihm umdrehte. Sie sahen einander an. Sein Lächeln war verschwunden, seine Miene war traurig, seine schönen Lippen geöffnet. Alles verwandelte sich. »Besser?«, fragte er.
»Ich wusste gar nicht, dass du das kannst.« Ihre Stimme war leise und ihr Atem ging regelmäßig, aber schnell. Dann standen sie nur noch da und schauten einander zärtlich in die Augen, keiner rührte sich.
»Ich überlege gerade, dass kalte Fliesen und Plastikplanen nicht sehr einladend aussehen.« Sams Stimme schwankte. »Jedes Mal, wenn ich mit dir zusammen bin, will ich dich so sehr, dass ich nicht geradeaus schauen kann. Aber wenn es bei dir immer dazu führt, dass du wegläufst und dich von deinen Schuldgefühlen auffressen lässt und mich hasst, dann werde ich das nicht mehr tun. Du benutzt mich, Rosie. Was ich vermutlich auch verdient habe. Aber selbst der Abschaum hat seinen Stolz, weißt du.«
»Und du benutzt mich nicht?« Sie richtete sich auf und bemerkte, dass er dabei seinen Blick über ihren Busen gleiten ließ. »Indem du mich auslachst, weil ich empört meine Rolle der glücklich verheirateten Frau verteidige, obwohl du genau weißt, dass ich jedes Mal im Chaos versinke, wenn du mich berührst?«
»Ich lache dich nicht aus.« Er streichelte ihre Wange. »Das würde ich nie tun.«
»Erzähl mir jetzt nicht, dass das, was wir getan haben, keinen boshaften Kick beschert. Das steht dir ins Gesicht geschrieben, wenn du Alastair ansiehst. Es gefällt dir.«
»Nun … ja, schon.« Er legte seinen Kopf schief. »Und?«
»Für dich ist es ein Spiel.«
»Wie könnte ich denn sonst
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