Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
Vom Netzwerk:
hinzu: »Sollte ich sie jemals wiedersehen, werde ich ihnen ihre knallroten Pfeile so weit in ihren …«
    »Ihr werdet sie nicht sehen«, meinte die Frau lachend. »Ihr würdet sie nicht erkennen. Sie sind Aelyr, die ihre Gestalt verändern und auf nicht initiierte Vaethyr Jagd machen. Es heißt, der Trancezustand der nicht mit einem Brandmal versehenen Vaethyr sorge dafür, dass sie leuchten und somit zu sichtbaren Zielen werden. Ja, die übliche Praxis sieht vor, dass die zu Initiierenden von ihren Vorfahren hierhergebracht werden, und auf diese Weise bekommt das Ganze einen zeremoniellen Rahmen, zudem werden sie angeleitet. Aber letztendlich werdet ihr auch in diesem Fall allein gelassen, bis man euch zur Strecke gebracht und gebrandmarkt hat. Ihr könnt euch glücklich schätzen. Traditionellerweise hätte man euch splitternackt ausgezogen und erst im Wald ausgesetzt.«
    »Oh«, sagte Sam. »Das ist vermutlich nicht ganz so lustig, wie es sich anhört.«
    »Für einige ist die Initiation etwas sehr Ekstatisches. Für andere etwas Scheußliches. Es gab auch schon Todesfälle. Es ist eine wirklich blödsinnige Praxis, die ihren Ursprung im Wunsch der Aelyr hat, jenen Vaethyr ihren Stempel aufzudrücken, welche die Frechheit besitzen, auf Erden zu leben. Oberflächlich soll damit ausgedrückt werden: Ihr seid einer von uns, aber zwischen den Zeilen bedeutet es: Ihr gehört uns. Da ihr ungeladen kamt, haben sie euch dennoch gebrandmarkt. Leider ist das ihre Art. Macht euch nichts draus. Ihr habt es überlebt.«
    Sie schlug einen Seitenpfad ein, der sie bergan führte, was Rosie so erschöpfte, dass sie keine weiteren Fragen mehr stellte. Sie lief auf einem weichen Grasteppich, zu ihrer Linken standen Bäume und zu ihrer Rechten erhob sich eine gefaltete Felswand. Dann fiel der Pfad steil nach unten ab. Auf dem Sattel lichteten sich die Bäume und unter ihnen lag ein kleines, verstecktes Tal. Zu ihrer Rechten stürzte ein Wasserfall über eine Felswand in einen Fluss. An dessen Ufer stand zu ihrer Linken ein Häuschen – ein archetypisches Steinhaus mit Reetdach und Ranken um die Tür. Smaragdgrün und Saphirblau waren die beherrschenden Farbtöne in allen Schattierungen. Die Lichter von Leuchtkäfern spiegelten sich im Wasser.
    »Ausgezeichnet«, meinte Sam lachend. »Ein Hexenhäuschen im Wald, das hat uns noch gefehlt.«
    »Tretet ein, Verwundete«, sagte die Frau und öffnete die Tür zu einem schlichten Raum, der in Feuerschein getaucht war. »Ich hole etwas zum Salben eurer Wunden.« Sie setzte Heather ab, nahm Faith die Laterne aus der Hand und hängte sie an einen Haken. Unbefangen legte sie ihren Umhang ab. Mit ihrem langen figurbetonten Kleid in Pflaumenblau, den langen schwarzen Haarsträhnen, dem schmalen knochigen Gesicht und den durchdringenden Augen, die sie dabei enthüllte, entsprach sie ganz und gar dem Bild einer Waldhexe.
    Rosie hörte, wie Sam einen kehligen Laut von sich gab – eine Art Stöhnen. Mit einem dumpfen Schlag fiel der Rucksack zu Boden. Er sagte: »Mum?«
    Lawrence starrte auf das Gesicht von Lucas, seinem Sohn. Noch immer keine Besserung, hatte der Spezialist gesagt. Er war sich seiner Gefühle selbst nicht im Klaren. Selbstverständlich spürte er etwas, wenn es auch nur eine Leere war, eine saugende weiße Leere, zu groß, um sie zu begreifen. Das war kein Ort, der Tränen gebar. Aber Auberon weinte für sie beide genug.
    »Du bist großzügig, Auberon«, sagte er, als die Ärzte gegangen waren. »Über alle Maßen großzügig. Das bist du schon immer gewesen.«
    Die beiden Männer saßen beidseits von Lucas’ Bett. Es gab keine Farbe in diesem Raum, nur Schwarz und Weiß. Um der Verwirrung des Arztes abzuhelfen, hatte Auberon diesem leise erklärt, dass Lucas zwar sein Sohn, der biologische Vater allerdings Lawrence sei. »Ich denke, ein Junge kann sich glücklich schätzen, zwei Väter zu haben«, erwiderte Auberon ernst. »Viel zu viele Kinder haben gar keinen.«
    »Du bist nicht eifersüchtig?«
    »Nein, das bin ich nicht. Ich bin derjenige, der all die Jahre die Freude seiner Gesellschaft genoss.« Während er diese Worte aussprach, erbleichte Auberon, als wäre er sich der offenkundigen Schlussfolgerung bewusst: Und dies könnten die letzten Tage sein .
    »Darum beneide ich dich«, sagte Lawrence. »Aber sollte eine Entscheidung getroffen werden müssen … hinsichtlich des Aussetzens der lebenserhaltenden Maßnahmen … dann beneide ich dich nicht. Wie auch immer du

Weitere Kostenlose Bücher