Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
Vom Netzwerk:
Fingern unter Lawrence’ Nase – »und du wirst es nicht mal kommen sehen.«
    Lawrence lachte. »Studier du erst mal eure Märchen. Kennst du ›Die Gans, die golden Eier legte‹? Die Felsspalte ist eine Öffnung zur Anderswelt, und ich habe die Macht, sie zu schließen. Nimm dir die Mine und du wirst nichts als nackten Fels sehen – wenn du sie überhaupt wiederfindest. Wie viel willst du auf dieser sinnlosen Suche denn noch opfern?«
    Rot vor Wut hievte Barada sich aus seinem Stuhl und stampfte die Verandastufen hinab. »Willst du schon wieder gehen, Eugene?«, frage Lawrence.
    Barada drehte sich um und schaute zurück. »Apropos Märchen, es gibt da einen Feentyp, der stiehlt und klaut«, sagte er mit keuchendem Atem. »Aber sie tut dies nur bei jenen, die es verdient haben, weil sie achtlos mit ihrem Besitz umgehen.«
    Da machte Lawrence seinen großen Fehler. Kraftlos, weil Ginny ihn verlassen hatte, und aus Angst und völliger Erschöpfung. Er wollte einfach nur, dass es aufhörte. Er griff nach der schweren Handfeuerwaffe, die er an seiner Hüfte trug, hob sie und zielte auf Baradas Herz …
    In Lawrence’ Augen war Mord ein Ausdruck äußerster Schwäche. Nach den alten Konflikten hatten die Elfenwesen den Kodex aufgestellt, sich gegen die Feinde aller Mittel außer körperlicher Gewalt zu bedienen. Was nicht hieß, dass jedermann sich daran hielt, beileibe nicht, aber es war die Idealvorstellung. Indem er den Abzug betätigte, glitt er in das tiefschwarze Loch moralischer Verderbtheit, lud damit den großen Schatten gleichsam ein, sich seiner Ketten zu entledigen und durch das Universum zu toben …
    Er zielte mit der Waffe auf Baradas Brust und schoss. Die Kugel explodierte im Fleisch seines Feindes. Barada wankte und starrte Lawrence mit blankem Entsetzen darüber an, dass dieser etwas derart Prosaisches und Endgültiges getan hatte, wie ihn zu erschießen.
    Lawrence bewegte sich taumelnd auf die Stelle zu, wo der Körper zusammengebrochen war, und stieß einen gequälten Schrei aus. Zu spät dämmerte ihm die grässliche Wahrscheinlichkeit, dass Barada nicht nur ein Mensch, sondern ein Wesen war, das man in sterblicher Gestalt geschickt hatte, um ihn auf die Probe zu stellen. Geschickt von Albin, von Brawth, von all den dunklen Mächten, die sich gegen ihn verschworen hatten – und er hatte die Probe nicht bestanden. Sondern dafür gesorgt, dass Baradas Schatten nun befreit war, sich zu seinen schattenhaften Peinigern zu gesellen.
    Dies war sein Abstieg ins Dunkel. Mit dieser Tat war sein Schicksal besiegelt, der Schattenriese Brawth frei, sich auszutoben. Er konnte nur noch eines tun, um ihn aufzuhalten: Er musste die Spirale aufsuchen und sich ihm stellen …
    Er merkte, dass das flaue Gefühl in seinem Magen vom Flugzeug kam, das durch die Wolken nach unten ging. Erschrocken erwachte er, überzeugt, sich noch immer in der Vergangenheit zu befinden und von Ecuador nach Hause zu fliegen, um jene letzte Expedition durch die Tore anzutreten – in der Absicht, sich dem Schatten zu stellen, doch nur, um dann vor Entsetzen die Flucht zu ergreifen und in seiner Panik auch noch das letzte Tor hinter sich zu schließen und zu verriegeln.
    Stöhnend richtete sich Lawrence auf seinem Platz in der First Class auf und wartete, bis sein Herzschlag sich beruhigt hatte. Immer wieder quälten dieselben Erinnerungen, dieselbe Folter ihn im Schlaf und führten ihn langsam, aber unausweichlich in den Abgrund. Er musste diesen Wahnsinn vertreiben und sich stattdessen um die Geschäfte kümmern.
    Indem er das Portal verriegelt hatte, versiegte auch der Fluss des Albinits. Er bezahlte seine Minenarbeiter zwar nach wie vor und sie schürften auch weiter, aber sie hatten nur noch Fragmente im Flussbett finden können. Wenn sein Vorrat erst einmal erschöpft war, wäre dies das Ende. Der Besuch seines Ladens in New York hatte den Zweck, seine Mitarbeiter darauf vorzubereiten. Natürlich blieben ihnen Diamanten, Saphire, Rubine und all die anderen Edelsteine, aber den einzigen Stein, der Wilder-Schmuck so einzigartig gemacht hatte, würde es dann nicht mehr geben.
    Albin dürfte zufrieden lächeln. Am Ende hatte Barada ihm doch die Elfensteinmine genommen.
    »Sam kommt nach Hause«, sagte Jon. Er stand im Gegenlicht, das durch das bleiverglaste Fenster des Esszimmers fiel, und trug ein indisches Patchworkhemd, das viel zu weit für seinen schmalen Körper war. Er sah so jung aus, fand Sapphire, und so schön wie ein von

Weitere Kostenlose Bücher