Valadas versinkende Gaerten
Meereswelle.
Ich sinke vor meiner Prinzessin nieder, umschlinge ihre Knie und heule; ich weiß nicht, wie ich aufhören soll, es strömt einfach aus mir heraus.
Sie erinnert sich nicht einmal mehr an ihren Namen, und sicher hat sie auch vergessen, dass Nazik eine Nacht während unseres Liebesspiels mit dem Gesicht zur Wand in der Ecke stehen musste, sie hat nur die alte Kränkung durch den Mann im Kopf und will nun . . .
Es ist schrecklich und vor allem sinnlos. Denn der Kadi führt nur Befehle aus, und er wird sich hüten, einen Mann zu begünstigen, den die Zoll- und Steuerbehörden anklagen. Hinter diesen Mächten steht der Wesir. Und wenn es auch um Gelder geht, die mein Vater am Staat vorbeigeschleust hat – oder zumindest Beihilfe dazu leistete: Ibn Abdus, das weiß man, kassiert seinen Anteil überall.
»Meine Geliebte!«, flehe ich. »Vergiss diesen Plan! Kadi Ibn Al Dakhil hat gar nicht die Macht, Fesseln zu lösen, und täte er es heimlich, würde es ihm übel bekommen. Es gibt nur einen Mann in Cordoba, der solche Befehlsgewalt hat, und nur du kannst ihn bewegen, meinen Vater . . .«
Weiter komme ich nicht.
»Muhdja!«, unterbricht sie mich scharf. »Weißt du, was du verlangst?«
Ich sehe zu ihr auf. Sie hat sich über mich geneigt, und durch den Tränenschleier erscheint mir ihr Gesicht wie eine wächserne Maske, aus der das grüne Blau der Augen mich anfunkelt.
»Ich bin bereit, viel für dich zu tun, mein kleines Weibchen«, sagt sie, nun etwas sanfter, und zieht mich an den Händen hoch. »Aber verlange nicht etwas so Unverhältnismäßiges von mir. Prinzessin Valada zieht los zum Minister, um für den Vater ihrer Geliebten zu bitten, der sich als ein kleiner oder auch großer Gauner herausgestellt hat! Findest du nicht auch, dass sich das ein bisschen . . . lächerlich anhört?«
Ja, es hört sich lächerlich an. Lächerlich, unpassend, unverhältnismäßig, wie sie sagt. Und zugleich versetzt es mir einenStich ins Herz. Ihre Geliebte, die Feigenhändlerin, die Tochter eines Gauners. Auf einmal stehen wir uns gegenüber, und zwischen uns klafft ein Graben.
»Ich weiß, dass ich nichts bin«, erwidere ich, und meine Stimme zittert. »Aber ich bin erhoben und geadelt durch die Liebe einer Fürstin, wenn ich auch aus dem Staub der Gassen komme. In dieser Liebe habe ich meine Ehre gefunden. Lass nicht zu, dass diese Frau, die mich geadelt hat, gleichsam mit herabgezogen wird, wenn etwas mich in den Staub zieht. Denn mein Stolz ist auch dein Stolz, Herrin.«
Sie runzelt die Brauen. »So erkenne ich dich wieder«, bemerkt sie halblaut. »Das ist meine Muhdja, das Mädchen mit dem wachen Geist und der Zunge, die Pfeile abschnellen kann. Mit der kann ich umgehen. Nicht mit dem Klageweib, das du bis eben dargestellt hast. Ja, an deinen Worten ist einiges dran, das sehe ich ein. Die Torheit deines Vaters schlägt auch auf mich zurück, trifft mich, beschmutzt mein Kleid. Meine Geliebte darf nicht die Tochter eines Verbrechers sein.«
Sie schlingt ihre Arme um mich, zieht mich an ihr Herz. »Du bebst ja, meine Schöne! Nicht doch, vertrau mir. Ich werde dir helfen.«
Sie streichelt mein Haar. »Kämm deine schönen Locken, und ich mache einen Vers auf dich!«, sagt sie schmeichelnd.
Sie lässt mich los, beginnt wieder ihre Wanderung zwischen Pult und Diwan. »Das Verdrießliche ist nur: Er wird mir meine Bitte nicht umsonst erfüllen! Er wird etwas fordern.«
(Genau das ist meine Angst – sie wird ihren Stolz nicht opfern.) »Und wie ich ihn kenne, wird er sich nicht damit begnügen, dass ich ihm meine Wange zum Kuss reiche, so, wie es auf meinen Mantelärmeln gestickt steht.« Sie lacht, halb ärgerlich. »Der alte Fuchs wird seine Chancen nutzen wollen. Weißt du was? Wenn dein Vater seine Dummheit nicht begangen hätte – Ibn Abdus müsste sie geradezu erfin den ,um mich genussvoll in eine Zwickmühle zu versetzen. Eigentlich . . . es widerstrebt mir wirklich heftig, Mädchen.«
Sie schüttelt den Kopf. »Also: Ein Gang in den Alcazar ist das letzte Mittel. Ich verspreche dir, ich werde es einsetzen, wenn alles andere versagt. Aber zunächst will ich doch das andere ausprobieren. Ich werde den Kadi Ibn Al Dakhil für morgen zu mir bestellen. Es könnte doch sein, dass du die Verhältnisse genauso wenig einzuschätzen verstehst wie ich. Vielleicht hat er mehr Möglichkeiten, als wir denken. Jedenfalls kann es auf keinen Fall schaden, wenn man sich seiner Dankbarkeit versichert. Und
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