Valadas versinkende Gaerten
und dem Dichter seinen Anfang nahm. Offenbar hat ihre Herrin sie nicht bestraft, sondern wieder in Gnade aufgenommen. Ich weiß nicht, wieso, aber dieses Mädchen irritiert mich auf eine beklemmende Weise. Ich habe erfahren, dass sie nicht spricht. Ob sie stumm ist? Hat Ibn Zaydun sich an einer stummen Sklavin vergangen? Sie wirkt so fremd wie ein schwarzer Stern an einem Himmel aus Licht. Ich folge ihr mit den Augen, beobachte ihre Gesten, Bewegungen, die sich auf das Notwendigste zu beschränken scheinen. Dann ist sie fort. Entzieht sich meinen Blicken.)
Und nun: Die Gastgeberin zieht mich auf den freien Raum vor dem Podium der Musiker, dorthin, wo später Tänzerinnenihre schönen Bäuche bewegen und ihren tiefen Nabel wie das Zentrum der Welt präsentieren werden.
Sie muss kein Zeichen geben. Als sie, eine weiße Flamme, in die Mitte tritt, verstummen nicht nur die Musiker, sondern auch die Gespräche ringsum.
Valada gibt ihrer Stimme die Fülle und den tieftönenden Glanz, womit sie auch ihren Poesien beim Vortrag zusätzlichen Zauber verleiht.
»Liebe Freunde«, beginnt sie, »nun, da meine Muhdja, der Dunkelheit trotzend, gehetzt wie eine Gazelle, die trotz des Gewitters durch den Garten zu ihrem Geliebten eilt« – höflicher Beifall kommt auf, man huldigt den poetischen Worten der Autorin –, »nun also, da auch sie sich eingefunden hat, schlägt mein Herz beruhigt und froh, und dieser Abend soll niemanden unbefriedigt lassen – das schwöre ich bei Allah.«
Der Beifall klingt nun leidenschaftlicher. Das ist es, was jeder erwartet bei Valadas Festen. Erst die Freuden der Kunst, dann die Freuden des Leibes.
Die Prinzessin wartet lächelnd, bis der Applaus abklingt.
»Heute werde ich meine neuen Verse rezitieren und mit euch plaudern«, fährt sie fort, »aber der Rest des Abends gehört meinem erhabenen Gast, dem Hadjib Ibn Abdus, dem ich viel verdanke.«
Sie legt eine Pause für den Beifall ein, der jetzt aber nur tröpfelt; ich weiß, sie hat es nicht anders erwartet und will dem mächtigen Mann auf diese Weise zu verstehen geben, dass seine Beliebtheit sich in Grenzen hält.
Und dann höre ich ihre Stimme: »Ich werde ihn zu ehren wissen, indem ich ihn zunächst der Gesellschaft meiner geliebten Muhdja überliefere, während ich meine neuen Verse noch einmal hin und her wende. Wartet also, vertreibt euch die Zeit mit Trinken und Musik, und niemand wird es euch verübeln, wenn ihr schon einmal Ausschau haltet nach demjenigen,in dessen Hände ihr euch vielleicht hernach zu begeben wünscht – oder auf den ihr eure Hände legen wollt.«
Und unterm erneuten zustimmenden Applaus und dem Lachen der Gäste schiebt sie mich zu dem Wesir auf den Ehrenplatz.
Was soll das? Was hat sie mit mir vor?
»Valada, was tust du?«, flüstere ich verwirrt. »Ich will nicht mit diesem Mann sprechen.«
»Ruhig, mein kleines Weibchen«, zischt sie sanft und warm an meinem Ohr, »und tu mir den Gefallen. Mir ist es recht, wenn ihm klar wird, dass es Grenzen für ihn gibt in meinem Leben. Und du bist so eine Grenze.«
Dann ist sie fort. So habe ich mir meinen Ehrenplatz nicht vorgestellt; ich wollte mit ihr . . . Aber ich kann mich schlecht wehren und setze mich also vor dem Mann auf meinen Hintern, schlage die Beine übereinander und grüße erst dann, die Hand an Stirn, Mund und Brust führend.
Er neigt ein wenig den Kopf, und dann tun wir zunächst nichts, außer einander zu mustern.
Was weiß er von mir, und was sieht er?
Es gibt niemanden im Kreis der Gebildeten, der meine dreisten Verse nicht kennt; jene freimütigen Liebesgedichte, die ich an Valada gerichtet habe, oder die Kommentare zu dem, was dem Gerücht nach bekannte Männer und Frauen Cordobas miteinander treiben, und vor allem natürlich die beißenden Spottgedichte auf die Berühmtheiten der Stadt, dieses engen Kosmos.
Und ich weiß, dass er mich wahrscheinlich schon längst an den Rand der bewohnten Welt vertrieben oder an die Bärtigen ausgeliefert hätte, wenn ich nicht die Geliebte Valadas wäre, die ihre schützende Hand über die freche Tochter des Feigenhändlers hielt und hält. Aber letztendlich ist es wohl genau das – ich als Geliebte seiner Angebeteten –, was ihm noch viel weniger zu passen scheint.
Und so sitze ich nun, in meinem dunklen, weiten Kleid (denn meine Brüste darf ich nicht mehr vorstrecken wie am Stand meines Vaters; all meine Reize gehören jetzt Valada allein, und nur sie will sie enthüllen),
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