Valadas versinkende Gaerten
Haus unserer Herrin, und es war unnötig. Der scheußliche Richter sollte nicht mehr mit ihr bestochen werden, er war aus dem Spiel, weshalb auch immer.
Valada ist zum Hadjib gegangen. Valada will mit ihm reden. Das, was sie zunächst für ganz und gar unmöglich hielt – dass sie sich selbst einsetzt für meinen Vater bei dem Wesir –, das will sie nun tun. Ich weiß nicht, ob es etwas bringen wird, was meinen Vater betrifft – für mich gilt: Die Stunde der Wahrheit ist nun gekommen. Ich kann nicht mehr schweigen. Muss meinen Verrat offenbaren. Denn sie ist bereit, hinzugehen und für mich zu kämpfen, weil sie mich liebt. Für mich, die Frau, die sie betrogen hat.
Nein, so schändlich darf man jemanden nicht hintergehen.
Die Zeit verrinnt.
Die Dienerschaft des Hauses geht an mir vorbei, in die oder jene Richtung, plaudernd, lachend, eilfertig. Blonde Nachfahren der Goten und braune Syrer, rotbärtige Söhne einstigerWikinger und schwarze Männer und Frauen aus Afrika. Mein schwarzes Mädchen ist fort. Ist in einem Versteck mit zerbrochenen Türen, das jeder leicht auffinden kann, der weiß, wo die Tochter des Feigenhändlers, dieses Verbrechers, gewohnt hat – eine gestohlene Sklavin zurückzubringen, trägt eine Belohnung ein.
Um Nazik fürchte ich am meisten. Wird der Zorn meiner Prinzessin sich über sie ergießen, über sie, die unschuldig ist an allem?
Einen Moment habe ich mit der wahnwitzigen Idee gespielt, hinzugehen und sie zurückzuholen, bevor es jemand merkt. Meinem Verrat an Valada noch den Verrat an Nazik hinzuzufügen, sie aus der Freiheit wieder in die Knechtschaft zu holen, aus der Offenheit in die Heimlichkeit der verborgenen Liebe.
Aber man soll es nicht rückgängig machen, wenn man endlich eine Sache aus dem Stillstand herausgeholt hat. Nun muss es seinen Gang gehen.
Jemand fragt mich, ob ich eine Erfrischung wünsche. Ich verneine.
Tauche die Hand bis zum Gelenk in eine der Brunnenschalen. Das ist Erfrischung genug.
Die Zeit ist ablesbar an den rieselnden tönernen Wasseruhren, die in den Wandnischen stehen; ich mag sie nicht ansehen.
Ich fürchte, dass Valada kommt.
Ich hoffe, dass sie kommt. Das Verbergen soll vorbei sein.
Irgendwo erklingt eine Laute. Die Menschen dieses Hauses, gleich ob frei oder Sklaven, scheinen alle heiter und unbeschwert zu sein.
Nur ich sitze da in Rabenschwärze und Ängsten.
Und dann kommt sie.
Kommt in dem üblichen Wirbel von Lärm und Aufwand und in ihrem weißen Mantel, und ihre Stimme klingt so vollund melodisch, wie wenn sie sich anschickt, ihre Verse vorzutragen.
»Muhdja! Mein kleines Weibchen! Wo bist du?«
Ich stehe auf und gehe ihr entgegen.
Zuerst verstehe ich ihre Worte nicht. Langsam dringt es in mein Bewusstsein, was sie sagt, lachend, triumphierend ruft.
»Geschenkt! Begreifst du? Er hat ihn mir geschenkt, deinen Vater! Hat das Lösegeld für ihn übernommen – für den Gegenwert eines Kusses! Das ist die verrückteste Geschichte, die ich jemals erlebt habe! Ist das nicht wert, dass du darauf einen deiner schönen, frechen Verse machst?«
»Nein, ich glaube nicht«, erwidere ich, so ruhig wie nur möglich.
»Meine schönen, frechen Verse – die sind nun wohl Vergangenheit.« –
»Was für eine Nazik?«, fragt sie. Sie hat den Namen schon wieder vergessen.
Ich erkläre es ihr noch einmal. Dass ich das Mädchen entführt und verborgen habe, damit es nicht dem Wüstling von Richter als Geschenk gegeben wird. Dass ich mich schuldig gemacht habe eines Sklavenraubs. Dass ich sie um diese Person gebracht habe.
Sie zuckt die Achseln. »Eine Sklavin, nun ja.« Sie lacht ein bisschen. »Ihren Kaufpreis wirst du mir ja wohl kaum zurückzahlen können. Aber warum? Warum dauert dich diese schwarze Matratze Ibn Zayduns so? Ich erinnere mich an deine Reime: Ein geiler Hund rieb sich an einem schwarzen Pfahl . . . Was ist das für eine Laune?«
»Es ist keine Laune«, erwidere ich. Und dann sage ich es ihr.
Noch sitzen wir nebeneinander auf dem Diwan, und eben noch hat sie den Arm um mich gelegt und meine Hand gehalten. Jetzt lässt sie mich los, schiebt mich von sich. Ihre Augen verdunkeln sich.
»Du hast mich«, sagt sie langsam, Wort für Wort, »hintergangen mit einem Stück Fleisch, hast dich heimlich mit ihr getroffen, mich betrogen mit diesem Abschaum, sie danach sogar noch gestohlen – während ich hingehe und mir von dem geilen Bock Ibn Abdus tausend Dinar schenken lassen muss, damit ich dir
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