Valadas versinkende Gaerten
den Vater vom Blutleder weg freikaufe?«
Und ich muss es durchstehen, nehme auf mich den ganzen Schmerz verletzten Stolzes und verletzter Liebe, den sie nun durchleidet, und breche mit eigenen Händen das entzwei, was mich über diese Jahre getragen hat wie ein goldener Schild. Und natürlich kann ich ihr nicht sagen, dass meine Gefühle für sie noch genauso stark sind wie vorher, denn eine Valada kann und darf zwar viele lieben, aber wird nicht dulden, dass man neben ihr noch einen anderen Stern am Himmel sieht, und sage: »Ich liebe sie.«
Ach, wie gelegen käme es mir, wenn sie rasen und toben würde, mich beschimpfen, vielleicht auch mich schlagen. Aber nichts dergleichen geschieht. Sie sieht mich nur an, mit einer tiefen Verwunderung, einem so schrecklichen Nicht-Verstehen-Können, in dem ich versinke wie ein Stein im Wasser.
Dann sagt sie, traurig und sanft: »Dann hast du wohl Recht, dass du keine Verse mehr schreiben wirst in diesem Haus.«
VALADA.
In was für ein Narrenspiel habe ich mich da verwickeln lassen?
Du hast dich blamiert bis auf die Knochen, Valada bint Al Mustakfí, und wenn auch keiner von diesem Betrug erfahren würde: Es reicht doch, dass du selbst es weißt.
Andererseits – du glaubst doch selbst nicht, dass so eine Geschichte im Verborgenen bleiben kann! Irgendwem fällt irgendetwas auf, irgendwer erzählt jemand anderem hinter vorgehaltener Hand dies und jenes . . . Es wird offenbar werden. Muhdja ist nicht mehr an meiner Seite. Sie ist weg. Natürlich werden sie es merken . . .
Während ich mich für sie und ihren Narren von Vater so weit über den Schiffsbord lehne, dass ich drohe, ins Wasser zu fallen, das Ekel von Richter einwickeln will und mich von dem Wesir erniedrigen lasse – tausend Dinar gezahlt oder nicht –, läuft sie davon und bringt ihr Flittchen in Sicherheit vor mir.
Vor mir! Vor der Frau, die sie zu dem hat werden lassen, was sie ist.
Nein, ich kann nicht zornig sein auf sie. Es geht nur nicht in meinen Kopf hinein.
Mein kleines Weibchen, die süße Frucht am Verkaufsstand ihres Vaters, Brüste wie Seidenkissen, die frechen Verkaufssprüche auf den Lippen, die ich zu mir holte. Der ich beibrachte, wie man liest und schreibt, beibrachte, wie man Verse macht und wie man liebt, in deren Armen ich so sorglos und vertrauensvoll lag wie ein Kind im Arm seiner Mutter, deren Mund ich küsste, deren Zunge mich befriedigte, während ihre Lippen, ihre Zunge schon längst auch andere Haut liebkosten. Mit der ich lachen konnte wie mit keiner Zweiten. Die ich . . . ach, die Sprache versagt mir! Muss ich die gleichen Worte benutzen dafür wie sie eben, als sie von diesem Ding sprach? »Die ich liebe.«
Nazik heißt sie. Nun werde ich es mir merken.
Nein, ich würde ihr nichts tun, dieser Nazik. Oder doch? Dass sie fort ist, das ist gut. Mehr ist nicht vonnöten.
Und ich begreife es nicht!
Was soll das alles? Ich begreife es nicht. Eine schwarze . . . Fotze, innen rosig (so sind sie!), stiehlt mir erst den besten Liebhaber der Welt, den Dichter, wie es keinen gibt außer ihm, und dann auch noch mein Mädchen.
Auf einmal stehe ich da wie ein Baum, der alle seine Blätter verliert.
Die verschollene Kasmuna. Um sie kann ich trauern. Denn sie ist keine Verräterin.
Ibn Zaydun. Ihn möchte ich gern hassen. Denn er istschändlich und ohne Gewissen. Aber auch das fällt mir schwer.
Und nun Muhdja. Soll ich sie vergessen, nur, weil ich sie verloren habe?
Aber so geht weder Leben noch Dichten.
Wie lange ist es her, da träumte ich davon, dass wir, ein Dreigestirn, im Zentrum jener Gärten schalten würden, die ich erbauen wollte, Stätten des Glücks und der Fülle.
Ich bin allein. Niemand sieht meine Tränen.
MUHDJA.
Ich laufe davon. Laufe, als seien die Dämonen der Hölle hinter mir her. Hin zu dem Haus, das mich nun wieder beherbergen wird . . .
So also fühlt es sich an, wenn man die Wahrheit gesagt hat.
Vorher war da der Druck des Gewissens in meiner Brust. Jetzt hockt da ein Schmerz, der will mir fast die Eingeweide zerreißen.
Meine Herrin, meine Prinzessin, meine Lehrerin und Geliebte – was habe ich getan!
Ich renne durch die Gassen, renne dahin, wo ich sie finden werde, Nazik, um die ich alles aufgegeben habe – aufgeben musste nun –, was mein Leben ausmachte.
Valada . . . sie war so . . . still.
Und das war schrecklich. Sie, die immer tönt wie eine Glocke, im Zorn und in der Freude und natürlich vor allem auf ihrem Podium als
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