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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Denia mit den Banu Hud in Zaragoza, die Banu Sumadih von Almeria mit den Aftasiden von Badajoz in den Haaren lagen oder immer noch liegen, leben die Vasallenstaaten Sevillas im »schönsten Einvernehmen« miteinander. Die Furcht treibt sie dazu.)
    All diese »Herrscher«, die da anreisen, sind den Banu Abbad tributpflichtig und kommen mit Zittern und Zagen, denn sie fürchten neue Auflagen, neue Steuern und Abgaben, die ihre nicht sehr leistungsstarken Taifas noch mehr belasten werden, und sie wissen, diesem Herrscher widerspricht man lieber nicht . . .
    Al Mutadid, ganz und gar Kriegsherr, im Kettenpanzer unterm prunkvollen Burnus, als Einziger, wie es ihm zusteht, das breite Krummschwert an der Seite, nimmt auf seinem Thronsitz Platz, das wie aus Holz geschnitzte Gesicht unbewegt wie immer.
    Umso überraschender, was dann geschieht.
    Mit abgehackter Sprache, deren nüchterne Hervorbringung in krassem Gegensatz steht zu dem, was er da mitteilt, verkündet der Emir, dass es der himmlischen Vorsehung gefallen habe, den Kalifen Hisham, den Omayaden, in einem Versteck am Leben zu erhalten.
    Ihm, Al Mutadid, sei im Traum ein Engel Allahs erschienen, so wie einst Mohammed, und habe ihm verkündet, wo sich der Kalif, der Nachfolger des Propheten, befinde.
    Unverzüglich habe er, der Fürst, daraufhin durch vertrauenswürdige Männer den Ort aufsuchen lassen, den ihm der Engel genannt habe, und dort fand man in der Tat den erlauchten Omayaden.
    Ihn bald wieder nach Allahs Willen in sein angestammtes Amt einzuführen und ihm sein   – durch die Banu Abbad   – wiederhergestelltes Reich zu übergeben, sei sein, Al Mutadids, vorrangiges Anliegen und müsse zur Herzenssache aller Muslime von Al Andalus werden, komme, was da wolle.
    Der erste Schritt auf diesem Weg sei nun, dass alle hier Versammelten dem Kalifen huldigten.
    Ich bin sprachlos. Wer hat ihm dieses Zeug eingetrichtert? Irgendeiner seiner Eunuchen-Berater wahrscheinlich. Ich werfe einen Blick zum Prinzen. Er zuckt (dezent) mit den Schultern, und ich sehe, dass er auch keine Ahnung hat. Seine Augen sind vor Verwunderung weit aufgerissen.
    Nun, was der Emir da auswendig gelernt hat   – es verfehlt seine Wirkung nicht. Aber wahrscheinlich hätte er noch absurdere Dinge zum Besten geben können, die Herren hätten es auch geschluckt. Sie haben Schlimmeres erwartet, als einemKalifen die Huldigung darzubringen. In der Stille nach der Ansprache Al Mutadids hört man zunächst nur Geräusche wie Ausatmen, Räuspern, Hüsteln.
    Das alte Holzgesicht auf dem Thronsitz wartet ab.
    Schließlich wagt einer der Fürsten, das Wort zu ergreifen   – wie ich später erfahre, ist es der neue Emir von Ronda, einer kleinen Bergfestung in der Nähe der Küste, einer, der gewandt ist mit der Zunge und sich deshalb oft zum Sprecher der anderen Kleinkönige macht. (Offenbar hat er noch keine nachhaltigen Erfahrungen mit dem Herrscher von Sevilla hinter sich.)
    »Erhabener Emir, dem Allah viele Jahre der Regentschaft schenken möge, wir vernehmen die Nachricht von Eurer Erleuchtung mit Freude und beugen uns vor Euch als einem von Gott Auserwählten«, salbadert er. »Das Wissen, dass Al Andalus nun wieder einen Kalifen haben wird, erfüllt die Herzen aller hier Versammelten mit Freude.« (Zustimmendes Gemurmel im Saal.) »Nun sind wir ungeduldig, unser Knie vor Hisham zu beugen und ihm Gehorsam zu geloben. Wird der Ehrwürdige noch heute hier erscheinen?«
    Der Kronprinz und ich sehen uns an. Wie wird sich Al Mutadid aus der Schlinge ziehen?
    Nun, indem er so tut, als gäbe es keine Schlinge.
    »Der ehrwürdige Hisham ist noch nicht bereit, sein Angesicht zu zeigen. Er bleibt im Verborgenen, bis . . . die Zeit gekommen ist. Zunächst hat er mich in seiner Gnade bevollmächtigt, den Eid der Huldigung an seiner Statt entgegenzunehmen.«
    Das Gemurmel wird lauter. Den Herren scheint klar zu werden, dass hier von ihnen einfach blinder Glaube verlangt wird. Allerdings   – das Gehörte ist so ungeheuerlich, dass man vielleicht doch leise Zweifel wagen könnte . . .
    Aber nicht bei Al Mutadid. Er erhebt sich. »Fürstliche Hoheiten, nieder auf Eure Knie. Berührt mit den Stirnen denBoden und gelobt dem Erwählten Allahs, dem einzigen und wahren Nachkommen des Propheten, Gehorsam und Gefolgschaft.«
    Es ist ein atemberaubender Moment.
    Es erinnert mich an einen Dressurakt, dem ich einmal zugesehen habe. Ein »Hundemann«, ein Sachverständiger für die Erziehung dieser Tiere, hatte ein

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