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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Fensteröffnungen, ja, sogar aus den schmalen Schlüssellöchern hervorzuquellen.
    Ja, so erlebe ich es nun, und mit dem Licht strömen Klänge hinaus in die Nacht. Sanfte, verhaltene Klänge. Kein lautes Lachen diesmal.
    Ich nähere mich dem Haus zu Fuß, begleitet von meiner Leibwache   – es ist nicht zweckmäßig, nachts allein durch die Straßen zu gehen.
    Ich werde nicht so leichtsinnig sein wie mein ehemaliger Leiter der Finanzbehörde, der ebenso begabte wie skrupellose Ibn Nusair, der offenbar nicht genügend auf Schutz bedacht war. Ihm muss in den letzten Tagen etwas zugestoßen sein, worüber er nicht reden wollte   – jedenfalls war er völlig verstört. Irgendwelche Banditen haben ihm einen solchen Schrecken eingejagt, dass er seinen Posten aufgegeben und Cordoda Hals über Kopf verlassen hat. Die Salzsteuer hat man ihm wohl sehr übelgenommen   – nun, der Mann ist fort, aber die Steuer besteht weiter, und an Nachwuchs, der nur auf so eine hohe Stelle wartet, ist kein Mangel.
    Valada hat zu einem ihrer Feste geladen, und es wundertmich, dass sie in Feststimmung ist. Ihre schöne Jüdin ist ja abgängig, und ganz im Gegensatz zu ihr bin ich ziemlich sicher, dass diese Frau umgekommen ist. Im Haus Ismael Ibn Jeschullas jedenfalls trauert man inzwischen.
    Gestern, so hat man mir berichtet, erhielt die Prinzessin eine Nachricht aus Sevilla.
    Vielleicht hat der großmäulige Dichter ihr einmal wieder einen Schwung Liebesgedichte zukommen lassen. Und vielleicht ist das der Anlass zu der Gesellschaft, die sie heute geben will.
    Ihr Haus, so sagen viele, ist wie eine Festung, und es ist gut, dass es diese helle Festung gibt. Ich weiß, dass man nur mit Dunkelheit und Schrecken regieren kann. Aber wenn es dieses Licht nicht als Kontrast gibt, ist die beste Dunkelheit nichts wert.
    Die Hellebarde eines Begleiters schlägt gegen die Tür. Sie öffnet sich.
    Die Prinzessin kommt mir entgegen, wie immer weißgewandet, und begrüßt mich mit einer leichten Umarmung, hüllt mich ein in den Geruch von Moschus und Orangen, der sie umgibt, und Duft und Berührung erwecken gleich meine Lust auf die Lust. Sicher hat sie das auch gewollt.
    »Sei willkommen, erlauchter Hadjib«, sagt sie und verzieht ihre Lippen zu einem Lächeln, von dem ich nicht weiß, ob es spöttisch ist oder nur gleichgültig. »Du wirst sehen, dass der Kreis der geladenen Gäste heute kleiner ist als sonst. Das liegt daran, dass ich dieses Mal die einzige Vortragende sein werde und dass sich meine Freunde danach verabschieden. Liebesspiele unterlassen wir; ich habe Verluste zu beklagen.«
    (Sie meint die Jüdin. Aber offenbar nicht nur sie. Sie redet in der Mehrzahl!)
    »Und im zweiten Teil des Abends werde ich eine Ankündigung machen, die alle in Staunen und Freude versetzen wird.«
    Eine Ankündigung? So etwas beunruhigt mich eher, alsdass es mich in erwartungsvolle Stimmung bringt. Ankündigungen von etwas, das ich nicht kenne, machen mich nervös. In meinem Beruf
muss
man alles kennen!
    Ich betrete den Innenhof, diesen begrünten Wohn-Raum, den sie sich geschaffen hat.
    Valada geleitet mich über die bunten Fliesen zu dem erhöhten Ehrensitz.
    Nein, es scheint nicht darum zu gehen, die neusten Schöpfungen des Kerls aus Sevilla vorzutragen. Es würde mich auch wundern, denn dann müsste die Prinzessin ihm immer noch stärker verfallen sein, als ich eigentlich annehme.
    Die aber glänzt und funkelt heute auf eine andere Weise als sonst, hat überhaupt nichts von jener Leichtigkeit an sich, die sie sonst zur Schau trägt. Sie bewegt sich fast feierlich-getragen, und ihre Edelsteinaugen haben einen anderen Glanz. Sieht so jemand aus, der »Verluste zu beklagen« hat? Sie wirkt mir eher wie jemand, der einen Sieg errungen hat. Wie gesagt, ich bin beunruhigt.
    So wie bei meinem ersten Besuch ruhen die Gäste auf Kissen und Polstern, so, dass sie das Podium im Auge haben, auf dem Musik und später Dichtung dargeboten werden.
    Aber die Stimmung ist diesmal anders als damals. Ganz anders. Sie scheint mir angespannter, erwartungsvoller. Keiner lacht.
    Offenbar hat Valada jeden der Besucher eingestimmt mit eben jener Ansage, mit der sie mich empfangen hat. Von ihr geht etwas aus, das kennt man so nicht.
    Und noch etwas fällt mir auf: Sie trägt keinen Schmuck!
    Ich sehe mich um. Da sind Vertreter der großen arabischen Familien Cordobas   – es gehört zum guten Ton, am Musenhof der Prinzessin teilzunehmen, auch wenn man wenig von Kunst versteht

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