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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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mir, dass ich dir das antue.
    Ich weiß jetzt: Ich hätte nicht hierherkommen dürfen. Nach dem, was meine Augen gesehen haben, kann man nicht weiterleben.
    Und ich war ja auch schon tot. Aber eine Kraft hat mich vorangetrieben. Ich habe es lange nicht verstanden, was es war, denn bei all dem, was ich erlebt habe, war ich überzeugt, dass die Menschen dieser von Gott verlassenen Welt allein von Gier und Grausamkeit getrieben werden   – eine Grausamkeit, die ich nicht tierisch nennen kann, denn kein Tier ist zu solchen Untaten fähig wie das angebliche Ebenbild des Schöpfers.
    Doch dann, als ich zu deinen Füßen zusammenbrach und als du mich wuschest, salbtest und verbandest, da wusste ich, wie die Kraft heißt, die mich in dies Haus gebracht hat, zu dir. Es ist Liebe. Sie hat ihre Stelle und ihren Platz im Universum, und wenn ihre Stimme vielleicht nur ein Flüstern ist: Auch ein Hauch kann etwas bewegen, so heißt es.
    Was ich tue, wird dich erschrecken. Aber es geht nicht anders. Als vorhin die Schläge da draußen anfingen, fanden sie in meinem Kopf einen solchen Widerhall, dass für nichts anderes mehr Platz blieb.
    Wenn ich erfolgreich bin mit dem, was ich zu tun vorhabe, so lass das, was von mir geblieben ist, zu meiner Familie bringen und bestelle meinem Vater, dass ich nach jüdischem Ritus beerdigt werden möchte. Das tue ich, um ihn zu trösten. Denn in Wirklichkeit ist es mir gleich, ob man meine Überreste in eine Schlucht wirft oder an die Leoparden im Tiergarten des Emirs verfüttert.
    Valada, dein Haus sei gesegnet, es möge bestehen! In ihm wohnt Liebe und Schönheit und Licht.
    Ich aber, der man den Abgrund vor Augen geführt hat, kann darin nicht mehr wohnen. Ich werde nie wieder einenVers schreiben können. Meine Stimme versagt mir. Für immer.
    Dass ich deine Perlen abnehmen muss, wirst du mir verzeihen. Sie würden mir bei der Ausführung meines Plans hinderlich sein.
    Meine Kraft wird ausreichen zu dieser letzten Tat. Ich hoffe, das Bronzemesser ist scharf genug.
    Kasmuna.«

33
    IBN ZAYDUN.
    Nun nähern wir uns unserem Ziel.
    Als die gewaltigen Bögen der alten römischen Brücke über den Fluss in mein Blickfeld geraten, die riesigen zerstörten Kreise der Wasserräder am Ufer, die von Schlamm verkrusteten Steine der Befestigungen an den Böschungen, fühle ich mich wie eine Blume, die vorher vom Frost geknickt war und nun im Licht der Sonne sich aufrichtet und ihre Blütenblätter entfaltet, und zwischen meinen Beinen regt sich so mächtig der Drang, dass ich im Weiterreiten meiner Hand Arbeit geben muss.
    Cordoba, Stadt, der ich mit allen Fasern meines Leibes und Lebens gehöre! Cordoba, ich komme! Valada, hier bin ich, mit einer Sänfte voll Luft hinter mir und einem prallen, lebendigen Ding direkt vor mir.
    Der Kronprinz   – er reitet an meiner Seite   – bemerkt meine Geschäftigkeit. Er grinst wissend und beugt sich zu mir.
    »Willst du die Stadt des Kalifen ficken?«, fragt er amüsiert.
    »Ja«, keuche ich. »Und am liebsten in die Fotze der letzten Omayade!«
    Er lacht auf. »Wir werden viel Spaß haben!«
    Er gibt seinem Pferd eine Weisung mit den Zügeln und schließt auf zur Heeresabteilung, die sein Vater weiter vorn anführt.
    Das mit dem Spaß ist ein Missverständnis, erlauchter AlMutamid, denke ich ihm hinterher. Mir ging's nicht um Spaß, sondern um Macht. Macht in Geist und Fleisch.
    Ich spritze so gewaltig in meine Hose, dass es mir die Schenkel herunterläuft, und lasse die Säfte der Wollust genüsslich an mir trocknen. Mein Mantel verrät nichts.
    Ich reite allein, ein Stück von der Hauptgruppe entfernt, und ein paar Steinwürfe hinter mir befinden sich die Heeresaufgebote der Emire aus Carmona, Moron, Algeciras und was noch alles ein Fetzen im Flickenteppich von Al Andalus ist und nach der Pfeife Al Mutadids tanzt. Sie umgeben die Sänfte des Phantoms (so nenne ich den »Kalifen«, seit er mit uns unterwegs ist) und trödeln den Weg entlang, und immer wieder kommen berittene Boten vom Hauptheer vorn und treiben die säumigen Bundesgenossen zur Eile an. Dass denen jede Motivation für den Feldzug beziehungsweise für den »Geleitschutz des großen Hisham« fehlt, ist einzusehen. Was haben sie schon davon?
    Ich bin froh, dass ich nicht in der Nähe des Emirs reisen muss. Seit unserer Auseinandersetzung fürchte ich ihn mehr als zuvor. Und ich hasse ihn.
    Übrigens scheint es dem Alten, sehr zu meiner Genugtuung, nicht sehr gut zu gehen. Sein holzgeschnitztes

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