Valadas versinkende Gaerten
»Verschaff uns Weiber!«
Nun, ich wäre die Sache vielleicht etwas anders angegangen, aber er ist der Herr.
Das Männchen senkt den Kopf wie ein Ziegenbock, der zum Angriff übergehen will, schiebt energisch das Geld zurück und sagt blumig: »Oh, Gebieter der Welten, dergleichen gibt es hier nicht. Verlass diese unwürdige Hütte, und wenn du Lust auf feiste Schenkel hast, hebe dich fort von hier und begib dich in die wirkliche Stadt Cordoba. Dort findest du dicke Weiber oder auch schlanke Knaben an jeder Straßenecke, Badehäuser und Hurenklappen.«
Al Mutamid wirft mir einen verblüfften Blick zu, dann bricht er in lautes Lachen aus.
»Was für ein Wortschwall! Dieser Mann ist ein Dichter!«
Und als er das sagt, erkenne ich diesen Wirt. Er ist – oder war – in der Tat ein Dichter, ein Sänger, der sich selbst auf der Kemence, der Fiedel, begleitete, zwar nur ein Straßenpoet,aber einer von der dreisten und gewandten Sorte, einer, der es durchaus hätte mit der frechen Zunge von Muhdja bint Al Tayyani aufnehmen können. Irgendwann verbrannte er sich den Mund mit einem Vers, der dem Hadjib nicht in den Kram passte. Das kennt man ja. Er wurde öffentlich ausgepeitscht, bekam die Ohren gestutzt (deshalb die Kopfbinde!) und musste die Stadt verlassen.
Ich mische mich ein. Sicher erhalte ich eher Auskunft als mein undiplomatischer Prinz.
»Mein Begleiter fällt gern mit der Tür ins Haus, Teuerster. Gib ihm einen Becher deines besonderen Getränks und gönne mir ein Gespräch.«
Ich zwinkere Al Mutamid zu, und der, etwas irritiert, da er nicht versteht, was ich vorhabe, lässt sich darauf ein und setzt sich, den opiumversetzten Wein in der Hand, zu den anderen Gästen.
Ich streife meine Kapuze aus der Stirn, nähere mein Gesicht dem Lichtkreis der Lampe und frage leise: »Erkennst du mich?«
Er starrt. »Ihr seid Ibn Zaydun. Jeder in Cordoba kennt Euch. Ihr seid aus dem Kerker entflohen. Was bringt Euch und diesen überheblichen Kerl jetzt hierher in die Hütten der Ausgestoßenen?«
Ich lege den Finger auf die Lippen. »Vorsicht. Das ist ein hoher Offizier bei den Truppen von Sevilla. Er ist auf Ungewöhnliches aus und hofft, es hier zu finden. Was also ist mit den Frauen?«
Der Wirt schnieft durch die Nase. »Mit ein wenig Logik würdet Ihr selbst darauf kommen. Die Frauen sind die einzige Lebenshilfe der hiesigen Männer«, führt er aus und verlässt seinen poetischen Ton. »Wer eine oder zwei in seiner Behausung hat, der lässt sie kochen, waschen, arbeiten, fickt sie, so oft er kann, und sperrt sie weg. Die Jungen und Anziehenden aber dienen als Quelle des Erwerbs: Sie werdenNacht für Nacht oder auch Tag für Tag nach Cordoba geschickt, werden dort vermietet. Sie sind für die Hurenwirte und Badehausbetreiber der reine Gewinn; anders als Sklavinnen muss man sie nicht ständig füttern und für ihre Unterkunft sorgen, auch wenn sie zeitweise nicht brauchbar sind, und was sie hierher nach Haus bringen, ist nicht der Rede wert für die Hurenwirte, aber dieser Gemeinschaft hilft es, zu überleben.«
Er schiebt auch mir einen Becher des Opiumgemischs zu, aber genauso wie Al Mutamid rühre ich das Getränk nicht an.
»Was sind das für Frauen?«, frage ich.
Er zuckt die Achseln. »Unterschiedlich. Sklavinnen, die entlaufen sind, vor allem. Diebinnen, die der Justiz entwischen konnten. Und dann natürlich die ›Ehrlosen‹, jene armen Weiber, die den Bärtigen in die Hände gefallen sind und, falls sie es überstanden haben, es nicht mehr wagen, nach Haus zu gehen, geschändet, wie sie sind. Die werden dann aufgeteilt unter den Führern der Gemeinschaft, wenn es gelungen ist, sie wieder . . . herzustellen.«
Das hört sich alles ziemlich krass an. »Wer . . . arbeitet an ihrer ›Wiederherstellung‹?«, frage ich.
»Wir haben Ärzte«, sagt er hochnäsig. »Und Hebammen. Und neuerdings eine afrikanische Zauberin, die für die kranken Frauen singt und Beschwörungen über sie spricht. Manchmal berührt sie sie auch und wärmt sie mit ihrem Leib.«
»Und das hilft?«, frage ich und kann mir kaum das Lachen verkneifen.
Er zuckt die Achseln, verfällt wieder in seine ironisch übertriebene Diktion.
»Oh, Leuchte der Poesie, genau wie Euer unwürdiger Diener hier wisst Ihr bestimmt, welche Macht die menschliche Fantasie hat. Wenn vernunftbegabte Leute schon die Augen verdrehen bei einer Zeile wie: ›Mit allem hat sie mich berauscht:mit Wein, mit ihrem Mund, mit ihrer Liebeskunst . . .‹« Er
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