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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Gesicht zeigt immer häufiger ungesunde Röte, und immer öfter muss er vom Gaul herunter und in die Sänfte umsteigen.
    Natürlich nicht in
die
Sänfte! Da sei Allah vor! Unser Phantom beansprucht eine eigene Sänfte für sich.
    Jeden Abend wird dies besonders reich geschmückte Gefährt   – leuchtend weiße, feste Vorhänge und an den Ecken der Achtstern der Omayaden   – in das für den Fürsten vorgesehene Zelt getragen, damit der hohe Herr, ungesehen von unbefugten Augen, sich zur Ruhe begeben kann, bis er denn sein strahlendes Antlitz enthüllt im Alcazar von Cordoba.
    Jeden Abend gehen der Prinz und ich in das Zelt, um dem hohen Herrn aufzuwarten. In Wahrheit bechern wir bis zumUmfallen, gucken uns gegenseitig beim Wichsen zu, erzählen uns unsere Fantasien, machen manchmal einen Reim darauf und schlafen irgendwann ein. Einzige Bedingung: Es darf nicht zu laut werden. Und natürlich keine Dritten.
    Die Truppen schlagen ihr Lager zu beiden Seiten des Flusses auf; der Schlamm der jüngsten Überschwemmungen hat eine rissige Kruste hinterlassen und die Brückenpfeiler wie Befestigungsmauern mit einer dicken Schicht von bröckelndem Dreck überzogen. Den Quartiermeistern kommt zugute, dass sie die verlassenen Behausungen der Ausgestoßenen nutzen können, die damals vor dem Hochwasser in höhere Regionen flohen. Sie finden Strohdächer vor, die den Regen abhalten, morsche Holzwände, Reste von Hütten, Gärtchen mit verdorrten Bäumen und von Hühnern und Ziegen kahl gefressenem Boden.
    Die Soldaten treiben Handel mit dem armen Volk, das sich nun in der Schleife des Flusses, eine halbe Meile von Cordoba entfernt, angesiedelt und dort fast eine kleine Stadt aufgebaut hat, in der Nähe der Trümmer der az-Zahira (dort übrigens hausen ebenfalls Gruppen dieser Ausgegrenzten).
    Vom Alcazar, also von Ibn Abdus, werden wir mit Boten (man könnte sie auch Kundschafter nennen) geradezu überschüttet. Besorgt fragt der Hadjib an, welche Zwecke die Heeresansammlung verfolge, und erhält die Antwort, es handele sich lediglich um Schutz- und Ehrengeleit für den erhabenen Hisham, der bald sein Haupt enthüllen werde.
    Ob der Erlauchte denn nicht wenigstens bereit sei, seine Verwandte, die Prinzessin Valada bint Al Mustakfí, zu begrüßen.
    Diese Anfrage ist prickelnd. Ich stelle mir vor, dass das Weibsstück allein, nur mit ihrer Leibwache, hier im Lager aufkreuzen würde. Wir würden sie ins Zelt führen, und dann vor ihr mit großem Brimborium die leere Sänfte öffnen . . .
    Natürlich könnten wir sie dann nicht wieder gehen lassenund würden in Cordoba die Nachricht verbreiten, sie habe nicht vor, sich von ihrem Ahnen zu trennen, bis er seinen Platz eingenommen habe!
    Dann hätte ich sie.
    Aber auf dergleichen lässt sich der Fürst nicht ein. Zu unsicher für einen Mann wie ihn, der keine Lust am Spielen hat.
    Keine halben Sachen!, lautet seine Devise. Er verhandelt mit dem Wesir dahingehend, dass die Stadttore für den feierlichen Einzug des Kalifen, des rechtmäßigen Beherrschers der Gläubigen   – Segen und Heil Allahs sei mit ihm!   –, zu öffnen seien, und erst im Alcazar werde sich der Erlauchte seinem Volk zeigen.
    Die Taktik erinnert entfernt an die »Machtergreifung« in Granada.
    Allerdings tatsächlich nur entfernt, denn diesmal kann durchaus auch Blut fließen. Wie man hört, hat er seinen Berbern kurz vor unserem Auftauchen hier vor den Toren noch einmal ein kleines Gemetzel mit Plünderung gewährt, um ihre Kampfmoral zu stärken.
    Nun, wir werden sehen, ob das nötig war. Geduld ist nicht Al Mutadids stärkste Seite. Bestimmt hat er noch ein As im Ärmel. Jedenfalls vermute ich das.   –
     
    In diesem ungeklärten Zustand, dieser Schwebe zwischen Belagerung und Feldlager, werden einem die Abende lang.
    Kronprinz Al Mutamid braucht Abwechslung und fordert mich schließlich auf, den merkwürdigen Wohnstätten der Ausgestoßenen einen Besuch abzustatten, dort in der Flussschleife, ein Stück von uns entfernt.
    Wohl oder übel muss ich mit ihm gehen.
    Wir machen uns auf in der Abenddämmerung, begleitet nur von einem einzigen Fackelträger. Gefahren fürchten wir nicht von diesen Leuten und denken, dass wir beide, versehenmit unseren Dolchen und dem Schuppenpanzer unterm verhüllenden Kapuzenmantel, Manns genug sind, uns zu wehren, wenn es drauf ankommen sollte.
    Wahr ist, dass ich mich, während ich in Cordoba lebte, nie für diese Menschen interessiert habe, Wesen, die diese Stadt

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