Valadas versinkende Gaerten
bricht kurz ab, beobachtet mich. Der unverschämte Kerl zitiert meine eigenen Verse, imitiert sogar meine Vortragsart! Ich zucke nicht mit der Wimper, und er fährt fort: »Also, wie gesagt . . . wie soll da ein armes, aus der Form gebrachtes Weib nicht willig einer Beschwörung lauschen und sich von jemandem so anfassen lassen, dass es ihr nicht wehtut? Jeder Strohhalm ist denen recht.«
Ich nicke, nachdenklich gemacht.
Al Mutamid tritt wieder zu uns. Natürlich hat er auch von seinem Platz aus alles mitgehört; er hat feine Ohren.
»Um alles in der Welt!«, sagt er und stellt seinen unberührten Becher mit dem Opiumwein auf dem Schanktisch ab. »Diese schwarze Hexe möchte ich wirklich sehen. Sicher ist sie mit Amuletten aus dem finstersten Afrika behangen, Tierschädel und Krokodilzähne oder dergleichen. Ich sehe sie förmlich vor mir, mit ihren Hängebrüsten und ihrem gewaltigen Hintern, wie sie sich auf ihre Patientinnen legt.« Er lacht. »Sag mir, Wirt, wo sie zu finden ist, und du bekommst einen Golddinar.«
Unser Gegenüber geht wieder in seine Ziegenbock-Stellung: gesenkter Kopf, Stirn voraus, die Augen unter den Brauen verborgen. Dann legt er den Mund in Falten und sagt zuckersüß: »Oh, Gebieter der Wohltätigkeit, über den Allah seinen Segen mit Füllhörnern ausschütten möge, dieser Tag sei zum ewigen Gedächtnis mit Silberstift in den Winkel eines jedweden Auges eingeritzt! Euer unwürdiger Sklave würde Euch mit Freuden selbst den Weg weisen, aber Ihr seht, meine Gäste brauchen meine Anwesenheit. Jedoch getrost! Geht nur den alten Säulen nach. Dort findet Ihr zur Rechten eine Plane, und dahinter verbirgt sich das Gelass der Zauberin. Freilich kann ich mich nicht dafür verbürgen, dass die Geheimnisvolle zu dieser Zeit dort ist.« Er senkt seine Stimme zum Flüstern. »Nächtliche Beschwörungen, Ihr versteht? Suche von Kräutern,die nur bei Mondschein zu pflücken sind, und dergleichen!«
Dann streckt er die Hand aus und sagt in normaler Sprache: »Den Golddinar, wenn es beliebt?«
Al Mutamid zahlt, und wir verlassen die Taverne.
Draußen fragt der Prinz mich: »Hat der sich über mich lustig gemacht?«
»Mit Sicherheit, Euer Gnaden«, erwidere ich. »Aber mit dem Golddinar habt Ihr ihn ins Paradies versetzt. So steht es Fürsten an. Selbst Spott sollen sie großmütig mit Gnadengaben vergelten.«–
Die alten Säulen gehören schon zu den angrenzenden Trümmerresten der az-Zahra – den Außenseitern willkommene Gelegenheit für ihre Behausungen. Aber ich denke mir, wem es gelungen ist, sich hier in dieser alten Anlage, in irgendwelchen halb zerstörten Zimmerfluchten einzurichten, hat den Glückswurf beim Knöchelspiel erreicht und wohnt besser als die an der Flussseite und selbst als jene in einem der windschiefen, stickigen, dicht an dicht stehenden Häuser in den Armenvierteln Cordobas.
Unser Fackelträger geht uns voraus. Der rötliche Feuerschein streift die zerbröckelnden Säulenschäfte, macht sie lebendig. Sie scheinen zu tanzen.
Mir behagt das hier nicht. Das ganze Gerede von Zauberei, nächtlichen Beschwörungen und Singsang mit Berührungen halte ich für Unfug, und es hebt nicht gerade die Laune.
Der Mann mit der Fackel wirkt auch verunsichert, obwohl er ja gar nichts von unserem Gespräch da drin mitbekommen hat.
Wir gehen schweigend. Auch Al Mutamid hat sich von der Stimmung anstecken lassen und hält den Mund.
Die Säulenreihe scheint endlos. Was für eine riesige Palaststadt hat Al Mansur hier errichtet!
Wir stolpern über Schutt und Trümmer und Baumwurzeln. Der Prinz flucht und herrscht den Fackelträger an, unseren Füßen zu leuchten.
Wie der Wirt und einstige Straßensänger uns versprochen hat, ist da endlich im Irgendwo eine Plane. Eine Zeltwand, genauer gesagt.
Wir bleiben wie auf Verabredung stehen, beobachten.
Im Abstand hinter der Zeltwand brennt eine Lampe und lässt die Gestalten, die sich vor dieser Lichtquelle bewegen, wie Figuren eines Schattenspiels erscheinen.
Die Figuren? Es ist nur eine Figur. Sie scheint nur mit einem Schurz bekleidet zu sein. Schlank, groß, den Kopf hoch erhoben, geht sie vor dem Licht hin und her, hantiert mit Töpfen und Tiegeln. Bückt sich, offenbart ihre wundervolle Kruppe, ihre langen Schenkel. Hebt sich, streckt den Rücken, so biegsam wie eine Weidengerte. Unverkennbar. Mir stockt der Atem.
Al Mutamid pfeift leise durch die Zähne. »Sieht nicht nach einer alten Vettel mit Hängebrüsten aus«,
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