Valadas versinkende Gaerten
bestimmt beschaffen. Was hast du vor, Ibn Zaydun? Wir brauchen keine Hass-Lieder. Und keine Blutbäder.«
»Keine Sorge, Hoheit. Das weiß ich.« –
Am Nachmittag habe ich das Lied in der Hand. Ein übles Machwerk, von vorn bis hinten, aber genau auf den Punkt.
»Der Jude Joseph in der Bibel, der diente einst dem Pharao. / Sein Amt versah er gar nicht übel, und alle Welt war drüber froh. / Der Jude Joseph hierzulanden, der quält und plagt uns jeden Tag. / Er richtet Volk und Land zu Schanden, und rafft und scheffelt, was er mag.«
Und so geht es weiter. Die armen Muslime werden geplagt, und der Wesir von Granada macht sich nur über sie lustig. Dem Volk wird vor Augen geführt, wie sehr es leiden muss. So puscht das Liedchen die Stimmung hoch und gipfelt in der unmissverständlichen Aufforderung:
»Eh man uns weiter so verhöhne: Lasst uns den fetten Hammel schlachten!«
Ein infames Ding. Und selten hat man die Wirkung von etwas Gereimtem – wie der letzte Tropfen, der einen Damm zum Bersten bringt – so vor Augen gehabt wie in den zerstörten Gärten mit ihren Leichenbergen in Granada.
So einen Vers ins Positive zu wenden, muss für jemanden, der Erfahrung in Fürstenlob und hymnischem Lobpreis hat, kein Problem sein.
Ich setze mich also an das improvisierte Schreibpult, tauche das Rohr in die Tintenkapsel und reime munter drauflos. Mache etwas mit einem Kehrreim, eingängig, pathetisch, schwärmerisch.
Nun müssen wir nur noch eine ansprechende Melodiefinden, eine, die sofort ins Ohr geht – und eine Möglichkeit, das Lied in die Stadt zu bringen, unter die Leute.
Habe ich nicht gerade vor ein paar Tagen jemanden kennen gelernt, der sich aufs Verseschmieden und zugleich aufs Musikmachen verstand?
Noch bevor es Abend wird, begebe ich mich, diesmal allein, zu den Behausungen der Ausgestoßenen, in die Opiumkneipe.
Zu dieser Zeit herrscht da noch Flaute; zwei, drei Kerle sitzen da, an die Wände gelehnt, und nippen an ihrem Becher mit trostspendendem Getränk.
Der Wirt misst mich mit seinem sattsam bekannten Blick – Kopf gesenkt, Stirn nach vorn.
»Was führt dich her, oh Fürst unter den Dichtern unserer Zunge?«
Ich gehe auf seinen Tonfall ein. »Ich nehme an, du kannst lesen, oh Vater des Mohnsaftes?«
»Gewiss doch, Euer Erhabenheit. Euer unwürdiger Diener hat einst, als er noch unter den Glücklichen weilte, die Koranschule besucht.«
Ich schiebe ihm stumm das Blatt mit dem Machwerk über den Tisch, und er liest und hebt von Zeit zu Zeit forschend die Augen zu mir auf.
Dann sagt er schlicht: »Was befehlen Euer Gnaden, was ich tun soll?«
»Ich brauche hierzu eine Melodie«, sage ich, »eingängig, etwas, das ins Ohr geht und drin bleibt, falls du verstehst, was ich meine, am besten eine kleine Abwandlung eines bekannten Liedes, das die Leute gleich mitsingen können, und du bist der richtige Mann dafür. Finde diese Melodie bis morgen. Es soll dein Schade nicht sein. Dann komme ich wieder, und wir überlegen, wie das Lied verbreitet werden soll.«
Der Blick von unten. »Euer Gnaden wissen vielleicht nicht, was sich unter meiner Kopfbinde verbirgt.«
»Doch«, entgegne ich, »gestutzte Ohren. Ich weiß auch, dass du Auftrittsverbot in der Stadt hast.«
»Ich bin verbannt!«, sagt er eindringlich.
»Nur ruhig Blut! Ich finde eine Lösung!«, sage ich.
Er nimmt das Blatt an sich, wendet sich ab, redet mit einem seiner Kunden. Ich denke, die Sache ist in besten Händen.
Diese Nacht bechere ich sorglos mit Al Mutamid. Morgen werde ich in der Hand haben, was ich brauche. –
In aller Frühe bin ich wieder bei dem Wirt und einstigen Straßensänger und finde meine Erwartungen durchaus erfüllt. Es ist eine simple Weise, eines seiner alten Lieder, das er auf meinen Text gelegt hat – aber es wird wirken. Gerade deshalb.
»Ich bin sehr zufrieden«, sage ich und platziere drei Dinare auf dem brüchigen Holz des Schanktischs.
»Und nun wirst du dieses Lied nach Cordoba bringen.«
Der Mann blinzelt. »Verlange das nicht von mir, oh Meister der Worte!«, erwidert er und schiebt mit fahrigen Fingern das Gold von sich fort. »Entlohne mich, wie es dir gut dünkt, aber erwäge, was es mir eintragen würde, wenn ich wieder in der Stadt auftrete. Die Ohren sind schon gekürzt, diesmal würde es mich vielleicht die freche Zunge kosten!«
»Sei unbesorgt!«, entgegne ich ihm. »Ich verlange nicht, dass du auftrittst als du selbst. Gehüllt in einen
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