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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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brokatenen Mantel und gegürtet mit seidener Schärpe, eine Kopfbinde aus Musselin um deine verunstalteten Ohren, einen Schleier vorm Gesicht, wie ihn die Männer aus Afrika gern tragen, einen Geldbeutel nebst Dolch im Gürtel und mit Duftwasser besprengt, wirst du als reisender Kaufmann leicht Eingang in Cordoba erlangen. Du wirst zum Haus der Prinzessin Valada gehen und ihr dieses Schreiben von mir geben. Dann wird sie dich, so wahr ich lebe, auffordern, sie dies Lied zu lehren, und mehr verlange ich nicht von dir. Wenn du zurückkommst, erwartet dich der gleiche Lohn.«
    Er sieht mich erleichtert an. »Wohltaten entströmen deinen Fingerspitzen, Herr der Verse«, bringt er im halben Sprechgesang heraus, »und deine Stirn trieft von Edelmut und Erhabenheit.«
    »Schon gut«, sage ich lächelnd.
    Und so scheiden wir.
    Meine Arbeit habe ich erledigt. Die Neugier treibt mich, noch einmal den Weg zu der schwarzen Zauberin zu nehmen. Aber das Zelt scheint verwaist und von einer Person, die mich auch nur entfernt an jene Sklavin erinnert, die mein Verderben war, ist auch nicht die Spur zu sehen. Wer weiß, in welche Kate sie hier verschwunden ist. Was interessiert mich das?
    IBN ABDUS.
    Seit zwei Tagen weiß ich, was es heißt, genötigt zu werden. Und schuld daran ist die Prinzessin, dieses Frauenzimmer, deren Energie und Entschlossenheit ich zwar immer hoch veranschlagt habe, die aber dieses Mal sich selbst übertroffen hat.
    Es gibt da ein Lied von der Art, wie man sie auf der Gasse singt, das aber aus dem Hause Valada bint Al Mustakfí stammt. Stammen soll. Denn das ist nicht ihr Stil.
    Sie schreibt Liebeslieder, so schön, dass man dahinschmilzt, ob man will oder nicht. Und die Kehrseite davon sind Frechheiten, Reime von drastischem Freimut, die eine Jungfrau zum Erröten bringen. Aber noch niemals habe ich aus ihrer Feder so etwas wie Fürstenlob gelesen   – wozu auch, bei wem sollte sich eine Omayaden-Prinzessin einschmeicheln?
    Und nun dies, in einer derart schwärmerischen Form, als würde ein Christ seinen Heiland besingen.
    Dieses Lied, vertont noch dazu im volkstümlichen Singsang, kursiert nicht nur bei den vornehmen Schöngeistern, wie sie ihre großen Abende besuchen, sondern sie hat dafür gesorgt, dass es an allen Straßenecken, auf Plätzen und in denBasaren, ja sogar in der Vorhalle der Mezquita gesungen wird.
    Es ist ein Loblied auf den Kalifen und die unmissverständliche Aufforderung an Abd Al Malik, Platz zu machen für Hisham, der von Geburt her auf diesen Thron gehört.
    Die eingängige Melodie des Kehrreims (seit wann schreibt Valada Gedichte mit Kehrreim?) bleibt im Ohr haften, und irgendwann summt man es mit:
     
    »Wir öffnen die Tore, ihr Fürsten der Welt,
    Dem von Allah Erwählten, der das Richterschwert hält.
    Du bringst uns den Frieden, du bringst uns das Recht,
    Es blühe und lebe dein edles Geschlecht.
    Beherrscher der Gläubigen, zieh bei uns ein,
    Wir wollen, Erlauchter, dein Volk wieder sein.«
     
    So etwas lässt man sich einen oder zwei Tage gefallen, aber selbst nachts, wenn die Straßen leer sind, quiekt noch irgendwo eine Flöte das Lied, und eine Trommel wirbelt dazu. Und auf den Dächern stehen die Frauen und trillern aus tiefster Lunge ihre Herausforderung in den Abendhimmel, und von hier und da schreit es: »Es gibt keine Macht und keine Barmherzigkeit außer bei Allah und seinem Erwählten!« Und das geht bis in die frühen Morgenstunden.
    Dagegen kann ich keine Shorta einsetzen   – wie sollen sie ein Lied fangen und verhaften? Und die Berber können zwar ein Stadtviertel einschüchtern, aber nicht ganz Cordoba. Außerdem sehen sie keinen Anlass, die ärmeren Quartiere, von denen die Unruhe ausgeht, zu tyrannisieren. Da gibt es schließlich nichts zu plündern.
    Ich würde Valada am liebsten den Hals umdrehen. Andererseits muss ich anerkennen, dass sie für das kämpft, was ihren Lebensinhalt ausmacht: die Wiedereinsetzung eines Mannes aus ihrem Geschlecht. Und dazu benutzt sie alle Mittel.
    Nun sammelt sich der Pöbel auch schon tagsüber auf dem Platz vor dem Alcazar und plärrt uns in die Ohren. Die Stadt ist wie im Fieber.
    Meinem Fürsten musste ich erklären, dass er in der Klemme sitzt.
    Abd Al Malik, der noch nie einen Krieg angezettelt hat (was ich ihm hoch anrechne), aber eine wunderliche Vorliebe für Waffen und Kriegsgerät hat, empfängt mich in seiner Rüstkammer, wo er mit Hilfe zweier junger Soldaten Kettenpanzer und große Schwerter anprobiert  

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