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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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die Prinzessin!«, schnieft er. Er drückt mich in die Polster. Ich drehe ihm den Rücken zu und spüre durch meine Kleider, wie er sich an mir reibt wie ein Hund an der Hündin, wie er hart wird. Verdammt, er ist mein Vater!
    Zum Glück geht es schnell, wie immer.
    Und wie damals wendet er sich ab und ist binnen Kurzem eingeschlafen.
    Ich liege noch einen Moment still und frage mich, wieso Allah das andere Geschlecht so monströs erschaffen hat, dasses im Allgemeinen mit seinem »Freudenbringer« so umgeht, als sei er gleichbedeutend mit einem Speer, den man auf einen Gegner zu schleudern habe.
    Dann stehe ich auf und begebe mich in die Küche zu Dawja, um sie noch ein bisschen zu schikanieren, an der Art herumzumäkeln, wie sie ihre Arbeit verrichtet, und ihr ein gehöriges Pensum aufzubrummen bis zu meinem nächsten Besuch   – den ich am liebsten auf den Jüngsten Tag verschieben möchte; aber das merkwürdige »Geschäft«, in das Kasim eingestiegen ist, muss ich auf alle Fälle weiter beobachten. Ich habe schlimme Ahnungen.

5
    IN DEN GÄRTEN DER AZ-ZAHRA.
    Eine halbe Meile vor den Toren der Stadt liegt das, was von der Palaststadt und den Parks übrig geblieben ist, nachdem die Berber ihr Werk getan hatten, vor nun bald fünfzig Jahren: Die az-Zahra, einst Regierungssitz der Omayaden-Kalifen. Errichtet von einem Großen des Landes, der Macht und Reichtum genug besaß, um für die Frau, die er liebte   – Zahra nämlich   – eine ganze Welt zu erbauen. Hier gab es Paläste, Audienzsäle, Kanzleien, Wohnräume und Innenhöfe   – es war so viel zu zerstören gewesen, dass man nicht ganz nachgekommen war. Man plünderte, was von Wert war, und überließ den Rest dem Verfall. Eingestürzte Dächer und zerbröckelnde Mauern, halb zerschlagene Säulenhallen, grün überwucherte Terrassen.
    Was die Reichen und Mächtigen so wenig interessiert wie die Müllkippen und Abdeckereien draußen vor den Toren, ist das geheime Leben des ehemaligen Palastes.
    Manche Mauern sind aus den Trümmern wieder hochgezogen und mit dünn eingeputztem Astwerk verblendet, löcherige Dächer mit Schilf ausgebessert. Vor den Fensterhöhlen hängen Matten.
    So wohnt hier ein Teil von jenen, die nicht nur außerhalb der Stadt, sondern auch außerhalb der gottgewollten Gesellschaft leben. Die gebrandmarkten Diebe und Auftragsmörder, die Huren und Strichjungen der untersten Kategorie, dieAbdecker und Latrinenreiniger, sogar entlaufene Sklaven. Der Bodensatz. Ausgegrenzte.
    Und vor den gelegentlichen Besuchen der Shorta, der Stadtwache, werden sie immer rechtzeitig gewarnt und verstecken sich an anderen Orten.
    Um die weiten Gärten ist es anders bestellt als um die einstigen abgelegenen Palastanlagen. Verwildert zwar und zum Teil verschlungen wie ein Urwald, gibt es hier noch immer begehbare Wege   – einfach, weil die Menschen sie begehen wollen. Denn die Liebe zur az-Zahra hat die Leute aus Cordoba nicht verlassen. Wenn ein Feiertag ist oder die Abende lang und kühl sind nach der Tageshitze des Sommers, packen sie einen Korb mit Essen und Getränken, und ganze Familien verlieren sich im Grün dieser anmutigen Wildnis (natürlich fernab von den Quartieren des Elends), lagern an den Wasserläufen, die einst marmorne Becken oder Springbrunnen speisten und sich nun ungeregelt, aber lebhaft zwischen Schilf und Seerosen schlängeln.
    In manchen Nächten hängen hier Laternen in den Bäumen, Gitarren schwirren, Stimmengewirr und Lachen trägt die Luft davon.
    An gewöhnlichen Arbeitstagen, so wie diesem, sind die Baum- und Blumendschungel freilich verlassen. Dann nutzen zuweilen Vertreter der großen Familien oder Herren des Alcazar die Stätte zu einem intimen Treffen   – um mit jemandem ungestört reden zu können. Ein diplomatisches Gespräch, als Ausflug getarnt.
    Ibn Abdus ist es willkommen, dass die Prinzessin ihn zu einem Beisammensein im Grünen gebeten hat. Zunächst einmal, dass sie ihn überhaupt zu etwas gebeten hat. Zum anderen, weil er sich schon denken kann, worauf dies Gespräch hinausläuft. Es geht um den verfluchten Dichter, den er mit größter Genugtuung jetzt schon Wochen im Loch verschimmeln lässt. Aber jede Drangsalierung muss mal ein Endehaben   – vor allem, wenn man damit Valada bint Al Mustakfí einen Gefallen tun kann.
    Sie sind zu Pferd ausgezogen, die Prinzessin und der Wesir, begleitet jeder von seiner Eskorte, die bewimpelten Lanzen aufgestützt auf dem linken Steigbügel.
    Ibn Abdus meinte, seine

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