Valadas versinkende Gaerten
auch eine nagelneue Jubba, ein Obergewand mit weiten Ärmeln, gestickte Borte am Saum und am Kragen, und im geschlungenen Gürtel hat er an einer Kette eine Geldbörse wie ein reicher Kaufmann.
Dabei lief er tags zuvor, als ich ihn verließ, noch in seinen abgetragenen Alltagssachen herum und ließ nicht erkennen, dass etwas Besonderes bevorsteht.
Und Wein getrunken hat er auch, wie ich an seinem Atem merke, als er mich umarmt und küsst.
Irgendetwas muss vorgefallen sein von gestern auf heute . . .
»Gibt es im Feigengeschäft über Nacht einen großen Aufschwung?«, frage ich scherzend.
»Viel besser!«, sagt er geheimnisvoll und legt den Arm um mich. »Wie schön, dass du erneut gekommen bist! Ich werde dir erzählen. Bis heute Morgen war es noch nicht sicher, aber nun . . . Die Zeiten sind vorbei, wo es hier nur Fladenbrot mit Oliven zum Mittag gab. Bald werden es gebratene Tauben mit Rosinen sein! Komm mit mir in den Mailis, und Dawja soll uns einen Minztee bringen.«
Und so führt er mich also in den Mailis, den vorzüglichsten Raum des Hauses, wo man Gäste empfängt, wenn man denn welche erwarten kann. Wieder frage ich mich, was innerhalb der Stunden geschehen sein mag, in denen ich fort war. Hat er jemanden gefunden, der ihm all seine Feigen auf einmal abnimmt oder ist er Hoflieferant im Alcazar, im Herrscherpalast, geworden?
Er lässt sich mit mir auf den Polstern nieder, dicht bei mir, dichter, als mir lieb ist im Übrigen, und beginnt umständlich zu erzählen.
»Wie du mich hier siehst, Tochter, bin ich vom kleinen Händler unter die Kaufherren aufgestiegen. Und das alles verdanke ich einer Bekanntschaft im Bad.«
»Im Bad? Wie denn das?«
Kasim, der Feigenhändler, mein Vater, lächelt selbstgefällig. »Ja, ich war des Öfteren dort in der letzten Zeit. Im Bad, meine Kleine, sind alle gleich. Jeder trägt nur die nackte Haut mit sich herum, so wie Allah sie ihm gegeben hat.«
»Und seinen Verstand, hoffe ich, auch!«, werfe ich ein, denn diese Einleitung stimmt mich misstrauisch.
»Gewiss doch!« Er macht eine wegwerfende Handbewegung. »Aber neben Verstand braucht man auch manchmal ein wenig Glück. Nun, ich bin also kürzlich mit zwei wirklich bedeutenden Fernhändlern ins Gespräch gekommen, Kaufherren aus Algeciras an der Südspitze von Al Andalus, da, wo man bei schönem Wetter Ceuta auf der anderen Seite des Meeres sehen kann. Und diese Herren waren auf der Suchenach einem vertrauenswürdigen Mittelsmann, der ihnen behilflich ist bei Geschäften in Cordoba.«
Dawja kommt mit heißem Minztee, und mein Vater macht eine bedeutungsvolle Pause, um zu betonen, dass das, was er jetzt berichtet, nichts für die Ohren der Dienerin ist. Umso neugieriger wird sie sein; ich bin ganz sicher, dass sie versuchen wird, hinter den Vorhängen zu stehen, um zu lauschen, und dann, was immer sie auch verstanden hat, es den anderen Weibsbildern der Nachbarschaft zum Besten zu geben.
Umständlich gießt sie den Tee in hohem Bogen in unsere Schalen, stellt die Kanne mit der gebogenen Tülle zurück und sieht uns erwartungsvoll an. »Habt Ihr noch andere Wünsche?«
»Ja, dass du verschwindest, und möglichst weit!«, sage ich scharf, und mein Vater nickt bestätigend.
»Also«, fahre ich fort, ungeduldig und voll schlechter Ahnungen, »was ist geschehen da im Badehaus? Lass mich raten. Der Mittelsmann bei den Geschäften der Kaufherren – der solltest nun also du sein?«
»Richtig!«, erwidert er stolz und schlürft in kleinen Schlucken den dampfenden Tee. »Die Herren suchten eine Vertrauensperson.«
»Das habe ich schon verstanden«, sage ich und lasse meinen Tee unberührt. »Und welche Aufgaben sollte diese Vertrauensperson übernehmen?«
»Die Herren sind ortsfremd, wie ich schon sagte, und kennen sich in der hiesigen Geschäftswelt nicht aus.«
»Du auch nicht«, werfe ich ein, »du handelst mit Feigen und Zitronen!«, aber er hört gar nicht zu.
»Sie wollen von hier aus Waren vor allem aus Afrika nach Cordoba und weiter über Land bringen. Es ging darum, dass sie Lagerraum brauchten, Gewölbe, um ihre kostbaren Erzeugnisse zwischenzulagern. Sie fanden, dass ich einen vertrauenswürdigenEindruck mache, und schlugen mir vor, ihr Gewährsmann vor Ort zu werden.«
»Was also haben sie verlangt?«, dringe ich in ihn.
»Verlangt haben sie gar nichts!«, sagt er zurechtweisend. »Sie haben angefragt, und ich bin ihnen entgegengekommen, wie es in der Handelswelt üblich ist. Kurz und gut, ich
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