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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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beseitigen?
    Unmöglich.
    Gedichte, böse und schwärmerische, Lobeshymnen und Schmähverse, dazu Anekdoten und Geschichten, wie man sie wohl im Kreis der Freunde plaudernd wiedergibt, gewürzt mit Dreistigkeiten, voll überraschender Pointen, weiterhin Fragmente, Notizen, manchmal einfach nur Wendungen, hingeworfene Halbsätze.
    Das Unfertige berührt mich am meisten. Sätze wie: »Hier folgte uns der leichte Ruhm gleich einer Seidenschleppe nach« oder: ». . . wie Suren des Koran erglänzen ihre Schenkel . . .«. Oder hier: »Mein Lied bringt das Geschwätz der Zeiten zum Verstummen   / und selbst dem Wüstensand versagt der Atem . . .«, ». . . entblößt der Leib, von Schauern überzogen   / wie Wasser, das der Wind gekräuselt . . .«
    Ich blicke in Ahmad Ibn Zayduns Werkstatt, in sein Innerstes, sehe, wie er Wirklichkeit verdaut und wieder ausspeit.
    Es ist ein Akt der Entblößung, ähnlich dem, wenn man einem Liebespaar beim Beischlaf zusieht, und ich kann verstehen, dass er mir diese Papiere nicht überlassen wollte. Ich selbst würde aus der Haut fahren, wenn jemand so in mich hineinsieht und in den Fragmenten herumstöbert, die ich noch nicht zu einem Ganzen geformt habe. Fast schäme ich mich.
    Ich greife willkürlich ein Blatt. Eine Fabel.
    Ich lese, während ich mich im Wasser räkele:
    »Als Allah der Allmächtige   – sein Name sei gepriesen!   – Trockenes und Feuchtes trennte und die Erde schuf, da hatte ein jegliches Land Wünsche frei, wie es gestaltet sein wolle. Al Andalus bat den Herrn um einen immerblauen Himmel, um ein kristallklares Meer, um süße Früchte und um Frauen, schlank um die Mitte, deren Gang wie das Schreiten der Gazellen ist.
    Der Herr in seiner Güte erfüllte alles.
    Und nun, sprach Al Andalus, gib mir noch einen Herrscher, der gerecht ist, damit dies Paradies geschützt werde.
    Aber da schüttelte der Herr den Kopf.
    Das verlange nicht von mir!, sagte er. Dafür, dass euer Paradies bestehen bleibt, müsst allein ihr sorgen aus eigenem Willen.«
    Ich muss lächeln. Ob er dies Geschichtchen wohl geschrieben hat, um einen Fürsten schmeichlerisch einzustimmen auf diese oder jene politische Veränderung?
    Und dann, auf dem gleichen Blatt, folgt eine poetische Version des Stoffs.
     
    »In der Moschee sprech ich als Freitagspredigt:
    Wenn der Imam euch droht mit Höllenstrafen,
    Ihr Gläubigen, das sind nur böse Träume!
    Allah schuf Al Andalus mit sanfter Hand,
    Voll Wasser, Wiesen, Schatten hoher Bäume,
    voll schöner Frauen, die bereit zum Lieben.
    So wird der Garten Eden stets beschrieben.
    Seid unbesorgt, ihr könnt in Ruhe schlafen.
    Macht euch von Sorgen um das Jenseits ledig!
    Ihr seid ja schon im Paradies, ihr Frommen!
    Wer kann vom Himmel in die Hölle kommen?«
     
    So etwas machte er im Handumdrehen, wenn ich ein Thema vorgegeben hatte für einen Abend, für einen freundschaftlichen Dichterwettstreit   – spielerisch, lässig, mit all seinem Hochmut und dem Wissen darum, dass er ohnehin gewinnen würde.
    Ich hebe den nächsten Zettel auf. Nur ein hingeworfener Einfall: »Der Durst erst lehrt dich, das Wasser zu verstehen.«
    Ja und ja. Dürste nach mir. Du hast es verdient.
    Angesichts dieser Blätter weiß ich, wie sehr ich ihn vermissen werde.
    Stimme und Gesang, Leib und Seele. Wir, auserwählt. Niemals wieder wird aus uns ein Paar. Selbst wenn er erfolgreich von seiner Mission zurückkehren sollte (und nur dann kann er ja zurückkehren, gemeinsam mit dem, der die Nachkommen der Banu Jahwar ablösen wird): Nie wird ihm etwas anderes zuteil werden, als mich von weitem zu sehen, und allerhöchstens darf er für Ibn Abdus den Handlanger abgeben. Keine große Zukunft für einen Abkömmling einer alteingesessenen Adelsfamilie.
    Wer bin ich denn? Eine Omayade verrät man nicht   – und hofft dann noch auf Verzeihung.
    Vorbei. Schluss mit dem Thema. Anderes wartet auf mich.
    Ich versetze dem Tablett aus Kork einen kleinen Stoß, gerade so viel, dass zwei, drei Blätter am Rand feucht werden, und beende dann erschrocken das Spiel.
    Rufe die Badediener und befehle ihnen, das da fortzunehmen und sorgfältig darauf zu achten.
    Irgendwann werde ich diesen Stapel Geschriebenes noch einmal durchsehen, sortieren, genießen und ihn dann wegschließen in einem Schrein mit einem großen Schlüssel.
    Am besten, ich würde den Schlüssel überhaupt verlieren. Von der Brücke herunter in den Guadalquivir werfen.
    Aber ich weiß schon, dass ich das denn doch nicht über

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