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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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lächeln. »Leg dich wieder hin, mein kleines Weibchen. Es ist noch sehr früh. Meine Zeit   – sie läuft irgendwie schneller als die der anderen. Sie hat Flügel an den Schuhen, verkürzt mir den Schlaf. Geh zu Bett. Ich will ein bisschen lesen.«
    Sie gehorcht stumm, und ich greife   – ich kann nicht anders!   – nach dem »Bericht von den wundersamen Taten«.
    Nun, da ich das Buch in der Hand halte, durchströmt mich fast so etwas wie Heiterkeit.
    Ich schlage aufs Geratewohl auf (aber vielleicht schlägt sich das Buch auch von allein auf an einer Stelle, die ich gerade brauche). Und ich lese:
    Eines Abends saß dein erlauchter Ahnherr auf dem Altan seines Palastes, und wie es seine Art war, sann er nach über Allahs wunderbare Schöpfung und wie ihm zu dienen sei. Da hörte er von der Straße, die unten vorbeiführte, eine Stimme, die sang folgenden Vers:
     
    »Ich sah sie heimlich an, und Schön'res gab es nicht.
    Dem Mondenaufgang glich ihr Angesicht,
    Seitdem verzehr ich mich in Sehnsucht Tag und Nacht.
    In Tränen bin ich morgens aufgewacht.
    Ach, könnt' ich sie ein zweites Mal erschauen,
    Die einer Fürstin gleich glänzt unter andern Frauen,
    Dann dürfte mir der Tod Erlösung bringen.
    Ich bin ein Vogel mit gebrochnen Schwingen.«
     
    Als dein Vorfahr das hörte, sprang er auf und rief: »Von wem stammt dieser Vers, und wer singt ihn mit einer Stimme, so klar wie ein Bach, so frisch wie ein vom Regen benetzter Rasen, lieblich wie das Flüstern eines Mädchens mit goldenem Halsband, kraftvoll wie der Ruf eines Falken? Man bringe ihn zu mir!«
    Da eilten seine Diener, den Sänger herbeizuholen, und dein großer Ahnherr lohnte ihn nicht nur mit einem Beutel voller Silberstücke, sondern machte ihn auch zu seinem Vertrauten und späteren Hadjib, denn jemand, so meinte er, der zu solcher Schönheit fähig ist, dessen Zunge süßer ist als Honig und dessen Geist erfüllt von Liebe und Wohlklang, ist auch berufen zu den höchsten Ämtern im Staat.
    Bedenke dies, du, wenn du einst nach der Herrschaft greifst!
    Ja.
    Und ich sehe Kasmuna an meiner Seite, Liebe und Wohlklang und eine Zunge, süßer als Honig . . .
    IBN ABDUS.
    Ein wichtiger Tag. Ich erwarte den Katib az-Zimam, den Leiter der Finanzbehörde, nach mir der wichtigste Mann Cordobas   – oh, ich vergaß, es gibt ja den Emir. Und um dessen Bedürfnisse zu befriedigen, treffen wir uns.
    Zuvor aber ist den Torwächtern ein amüsanter Fang geglückt. Der Prinzessin bint Al Mustakfí ist es nicht recht, wenn ihr die Dinge aus der Hand genommen werden, und so hat sie   – als ob ich es nicht geahnt hätte!   – auf eigene Faust gehandelt und versucht, sich mit dem Poeten in Verbindung zu setzen. Meine Männer haben ihrem Kurier ein Schreiben abgenommen, das nun vor mir liegt.
    Sehr wütend   – und sehr verworren. Ich interpretiere das so: Offenbar sind ihr die Träume von Macht und Herrschaft noch wichtiger als das Wohlergehen ihrer jüdischen Geliebten, denn sie stachelt den Kerl in Sevilla nicht etwa an, nach der Dame Kasmuna zu fahnden, sondern nach »ihrem« Omayaden.
    Nicht, dass dieser Brief von Bedeutung wäre. Was hätte er schon bewirkt. Aber ich kann es nun einmal nicht leiden, wenn man etwas an mir vorbeidirigiert. Also stoppe ich die Einzelaktion meiner eigenwilligen Schönen. Ich verbrenne den Brief und lasse den Kurier zunächst einmal verschwinden.
    In guter Stimmung begrüße ich den »Geldmann«.
    Wir nehmen mit gekreuzten Beinen einander gegenüber Platz.
    Ibn Nusair, braunhäutig, dunkelhaarig, schön und jung an Jahren, ist trotz mangelnder Erfahrung ein sehr brauchbarer Mann auf seinem Posten. Das kommt daher, dass er vonkeinerlei Gewissen geplagt wird. Er ist ein Rechenkünstler ohne Makel und ohne Moral und also höchst nützlich.
    Heute treffen wir uns, weil unser Emir   – der, wie gesagt, schon einmal an mir vorbei neue Steuern ausschreiben lassen wollte, was ich verhindert habe   – dringend nach frischem Geld schreit. Ob er eine neue Sammlung kostbarer Waffen anschaffen oder ein weiteres Lustschlösschen auf dem Land für seine Favoritin bauen lassen will, steht dahin. Eines jedenfalls will er gewiss nicht: Mit diesen Geldern etwa die Schöpfräder am Fluss reparieren oder zerstörte Gebäude wieder errichten lassen . . .
    »Erlauchter Hadjib«, eröffnet Ibn Nusair das Gespräch und erlaubt sich einen kleinen Seufzer, »unser Herr sitzt mir im Nacken. Die Einnahmen, so behauptet er, reichen weder hinten noch

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