Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition)
muss sie es Leduc erzählt haben. Es ist unverzeihlich.
Zurück in ihrem Hotelzimmer fängt Tina zu ihrer Schande an zu weinen. Sie hat ihren Vater noch einmal verloren. Er war nicht ihrer, nie. Sie ist sich nicht sicher, um wen sie wirklich weint, um sich selbst oder um Guido. Sie muss Phil alles erzählen. Sie ruft in der Wohnung in Mailand an. Inger nimmt ab.
»Guten Abend, Tina, wie läuft’s in Barcelona?«, fragt die Norwegerin sie.
»Gut.« Im Hintergrund kann sie Musik hören. »Wie geht es Valentina?«, fragt sie das Mädchen.
»Sie schläft jetzt, sie vermisst Sie. Ich habe ihr die Geschichte von Goldlöckchen und den drei Bären vorgelesen.«
»Die liebt sie.«
»Ja.« Inger hält einen Moment inne. »Wollen Sie Phil sprechen?«, fragt sie. »Er ist gerade hier.«
Was hat das zu bedeuten, gerade hier?, denkt Tina. Steht er genau hinter dir? Bist du nackt? Wird er dich gleich vögeln?
»Hi, Tina, wie ist es heute gelaufen?«, fragt Phil.
Sie will ihm alles erzählen, aber sie bringt kein Wort heraus. Sie tut ihr Bestes, um ihre Tränen hinunterzuschlucken.
»Tina, geht es dir gut?«
»Ja«, stößt sie heiser hervor.
»Ist alles in Ordnung?«, fragt er, aber er klingt abgelenkt, als ob er ihr nicht wirklich zuhört.
»Ich vermisse dich«, flüstert sie.
»Nein, nicht so, du drückst den Korken in die Flasche!«, ruft Phil auf einmal. »Entschuldige, Tina, dieses dumme norwegische Mädchen hätte eben um ein Haar eine gute Flasche Ripasso ruiniert. Was hast du eben gesagt?«
»Nichts«, erwidert Tina. Ihre Tränen sind auf einmal versiegt, aber ihr Herz verhärtet sich.
»Okay, na ja, dann lass uns Schluss machen«, sagt er. »Du hast bestimmt viel zu tun.«
Sie trinken Wein, denkt sie. Sie werden sich zusammen betrinken und dann vögeln.
»Tina.« Phil spricht noch immer zu ihr. »Pass auf dich auf, Schatz. Ich liebe dich.«
»Ich dich auch«, flüstert sie zurück, aber die Worte fühlen sich wie Krümel auf ihren Lippen an.
Tina sitzt allein an der Hotelbar, sieht zu, wie der Barkeeper die Gläser wegräumt, und leert ihren Gin Tonic. Er pfeift während seiner Arbeit zu der Flamenco-Gitarrenmusik. Ihr ist schwindelig von den ganzen Enthüllungen dieses Tages. Plötzlich ist sie einfach nur wütend. Warum haben ihre Eltern ihr nie die Wahrheit gesagt? Sie hatte ein Recht zu erfahren, wer ihr richtiger Vater war. Aber dann muss sie auf einmal an Valentina denken, denn sie tut ihrer eigenen Tochter genau dasselbe an. Sie lässt sie in dem Glauben, dass Phil ihr richtiger Vater ist. Wird das eines Tages auch in Schmerz und Wut enden? Wenn Valentina die Wahrheit herausfindet? Ihre Wut flaut ab, sie fühlt sich allein und verlassen, und sie will irgendetwas tun, um sich wieder gut zu fühlen. Auf einmal verspürt sie den Drang, sich zu betrinken und sich gehen zu lassen.
»Kann man hier irgendwo gut tanzen gehen?«, fragt sie den Barkeeper.
»Gleich über der Straße ist eine Disco«, meint er. »Die lassen gute Musik laufen.«
Sie sagt sich, dass sie ohnehin nur auf einen einzigen Drink dorthin gehen wird. Die Disco liegt so nah beim Hotel, dass sie problemlos ins Bett kommt. Obwohl es ein Donnerstagabend ist, ist der Laden brechend voll, aber die Atmosphäre ist entspannt. Die Menge scheint jung, frei und ausgelassen zu sein. Die meisten sind vermutlich Studenten oder Künstler.
Sie bestellt sich an der Bar einen Drink, lehnt sich zurück und sieht den Leuten beim Tanzen zu. Sie fühlt sich schon jetzt ein bisschen besser. Die Musik ist mitreißend, ein bisschen zu populär für ihren Geschmack, aber trotzdem gut zum Tanzen. Dann kommt eines ihrer Lieblingslieder, Kashmir von Led Zeppelin. Dazu muss sie einfach tanzen. Sie leert ihr Glas in einem Zug. Sie fühlt sich so gut, so frei und ungebunden. Allein in einem Nachtclub voller Fremder zu tanzen, wo man niemanden kennt und sich nicht darum kümmert, was sie von einem halten, ist die beste Therapie, denkt Tina. Sie verbannt das Bild von Phil und Inger, wie sie sich die Flasche Wein teilen, aus ihrem Kopf und lässt völlig los, gibt sich der Musik hin. Junge Männer kommen und gehen, tanzen kurz mit ihr, bevor sie weiterziehen. Es fühlt sich wundervoll an, diese Freiheit zu haben, es einfach zu genießen, mit Fremden zu tanzen. Sie spürt, wie sie ihr Körpergefühl zurückgewinnt, wie sie sich sinnlich bewegt, wie die Musik in ihr vibriert.
Ein junger Mann kommt immer wieder, um mit ihr zu tanzen. Er hat schulterlanges, lockiges
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