Valentine
und gegen Ryad hatte er sowieso keine Chance. Er brauchte selbst eine Waffe, eine andere Möglichkeit blieb ihm nicht. Valentine durfte nichts geschehen. Aber die Waffe, die er für die Jagd auf die Vampire erhalten hatte, steckte in seiner Jacke , und diese lag oben an der Treppe. Ihm musste etwas anderes einfallen.
»Sie ist nicht so wie die anderen Vampire! Lass sie in Ruhe!«
»Ach, sie hat dir den Kopf verdreht! Hübsch genug ist sie ja.« Geoffrey lachte höhnisch. »Ich hab dich allerdings für klüger gehalten.«
Maurice bemerkte die schattenhafte Bewegung nicht rechtzeitig. Valentine war lautlos und pfeilschnell die Stufen hinuntergesprungen, hatte ihm mit unglaublicher Leichtigkeit den Mantel entrissen und war ebenso schnell über die Treppe nach oben zurückgekehrt.
Geoffreys Reaktionsvermögen war beachtlich. Noch ehe Valentine den Flur hinunter verschwand, schubste er Maurice zur Seite und gab zwei Schüsse auf sie ab. Den dritten verhinderte Maurice, indem er sich mit ganzer Kraft auf seinen Vater stürzte, der daraufhin das Gleichgewicht verlor und in die Knie ging. Aber gegen Geoffreys durchtrainierten Körper hatte Maurice keine Chance. Der Vampirjäger schüttelte ihn knurrend ab und stieß ihn von sich, dann hechtete er die letzten Stufen zur nächsten Etage empor.
Das war nicht sein Vater, das war ein Monster! »Valentine, pass auf! Er kommt!«
»Ich brauche deine Hilfe nicht, Vampirjäger!« Ihre Stimme klang kräftig und wütend und leider nicht so weit entfernt. Hatte sie gelauscht?
»Ich bin kein Vampirjäger! Ich werde dir alles erklären, Valentine! Geh!«
Sie antwortete nicht. Hoffentlich gelang ihr die Flucht aus dem Gebäude.
»Valentine?«
Ein Schuss wurde abgegeben, Schritte rannten den Flur entlang. Maurice rappelte sich auf, ihnen zu folgen. Sein Herz jagte vor Angst. Aber er kam nicht weiter als zu seiner Jacke und registrierte erst jetzt verwundert, dass Ryad vollkommen tatenlos zugesehen hatte.
»Valentine? Und wie weiter?«, fragte Ryad und packte Maurice am Arm.
»Was tut das denn jetzt zur Sache? Er bringt sie um!«, schrie er außer sich vor Angst und versuchte , sich loszureißen.
»Sag es mir! Sofort!«
Ryads Beharrlichkeit machte Maurice wütend. »Sie heißt Valentine Duchesse d e Bonville , und jetzt lass mich endlich los!«
Der Jäger schien verblüfft. »Weißt du, ob sie einen Bruder hat?« Sein Griff bohrte sich schmerzhaft in Maurice ’ Arm , und vergeblich versuchte dieser, sich loszureißen.
Schüsse waren aus dem oberen Stockwerk zu hören. Wieso zum Teufel war Valentines Familiengeschichte so wichtig? Wenn es ihr nicht möglich war, sich zu dematerialisieren, benötigte sie dringend seine Hilfe. Nur das zählte.
»Ja, verdammt. Er heißt Frédéric. Jetzt lass mich endlich gehen, ehe es zu spät ist! Sie ist nicht so wie die anderen!«
»Okay.« Ryad gab ihn frei und reichte seine Pistole Maurice. »Hier.«
»Warum …«
»Geh! Beeil dich.«
Ryads Verhalten war absolut unverständlich. Darüber musste er später mit ihm reden. Maurice wirbelte auf dem Absatz herum und rannte die Treppe hinauf. Es war nicht schwer festzustellen, wo sich Valentine und sein Vater aufhielten. Aus der offen stehenden Tür eines Saales waren Schüsse zu hören.
Sein Herz machte einen Aussetzer, als er sah, dass Valentine in die Enge getrieben war. Den Saal unterteilten deckenhohe Regale, die man beidseits nutzte. Geoffrey war ihr parallel über einen anderen Gang gefolgt und hatte sie am Ende gestellt. Dort gab es keinen Ausgang. Beide standen sich mit gezogener Waffe gegenüber. Wer als E rster abdrückte, war noch lange nicht davor gefeit, selbst getroffen zu werden, doch das schien Geoffrey keine Sorgen zu bereiten. Dabei trug er, soviel Maurice wu sste , des Gewichts wegen nicht einmal eine schusssichere Weste.
Wenn es Valentine nicht endlich gelang, sich zu dematerialisieren, würde sein Vater den nächsten Schuss bestimmt gezielter abgeben. Es wunderte Maurice ohnehin, was ihn noch davon abhielt.
»Wo sind die anderen?«, brüllte Geoffrey.
»Vergiss es, Vampirjäger.« Valentines Stimme war voller Verachtung. »Ich sterbe lieber, als irgendjemanden zu verraten.«
Maurice rannte so schnell wie noch nie in seinem Leben die Regale entlang.
»Wo? Erzähl mir nicht, dass du schon sterben willst, Miststück.«
Geoffrey gab einen weiteren Warnschuss ab, der knapp über Valentines Kopf in dem Regal hinter ihr einschlug, ein Brett und unzählige Bücher
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