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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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etwas Besonderes machte. Sie war wieder verliebt. Was für einen Moment zwischen ihnen unerfreulich gewesen war, war wie weggeblasen. Nichts davon war mehr im Raum. Sie merkte, dass ihr Herz schneller schlug. Er beobachtete sie. Sie wich seinem Blick aus, indem sie auf seine großen Hände sah, die den Ton in Form massierten. Geistesabwesend fasste sie sich an die Kehle.
    »Pah!«, sagte sie laut und schüttelte den Kopf.
    Der Töpfer lächelte.
    »Wenn Sie versprechen, dass Sie das Kopftuch ausziehen und Ihr Haar offen tragen, bring ich Ihnen frische Blumen mit«, sagte er. »Sie haben doch schönes Haar.«
    Valeria erwiderte nichts, merkte aber, dass sie rot wurde, und fasste an ihr Kopftuch. Plötzlich kam sie sich albern vor. Sie fragte sich, was er wohl von ihr dachte. Dass sie so schamlos gewesen war, einfach zu ihm nach Hause zu kommen, in einem geblümten Rock und mit Kopftuch wie ein junges Mädchen, dass sie ihm die Küche geputzt und etwas mitgebracht hatte – was noch gleich? Milch? Ja, Milch. Gedemütigt drehte Valeria sich weg und eilte fort, ohne auf Wiedersehen zu sagen; als er aufstand, erwiderte sie seinen Gruß nicht. Sie verließ das Atelier, hob ihr Fahrrad auf und radelte davon.
    »Warten Sie, Valeria. Wo wollen Sie hin?« Der Töpfer lief ihr hinterher und rief: »Ich wollte Sie doch nicht kränken. Ihr Kopftuch ist wunderbar. In einer Woche bring ich Ihnen den Krug. Nein, in drei Tagen! Ich arbeite an nichts anderem und bring ihn Ihnen in drei Tagen!«
    Valeria gehörte nicht zu den Frauen, die laut über die Straße riefen, deshalb antwortete sie nur, indem sie die Hand hob. Es sah aus wie ein Gruß, und der Töpfer konnte nur noch einmal zurückwinken. Dann ging er zurück an seine Töpferscheibe. Die ganze Zeit musste er an seine verstorbeneFrau denken – eine Frau wie duftendes Gras. Jahrelang hatte er sie beschützt. Sie fehlte ihm. Sie war eine bezaubernde Frau gewesen. Einst hatte sie ihm ein Kind geboren, das tot zur Welt gekommen war und dessen Geschlecht sich nicht genau bestimmen ließ. Schon dreißig Jahre vor ihrem Tod war sie so gut wie gestorben. Dann dachte der Töpfer an seine jetzige Freundin. Sie war ganz anders und ebenfalls bezaubernd, aber jetzt, da er Valeria kennengelernt hatte, fragte er sich, ob sein Lehrling vielleicht recht hatte, als er sagte, er könne den Hals nicht vollbekommen. Der Töpfer überleg te hin und her, kam aber zu keinem Ergebnis.
    Auf dem Markt hatte er sich Valeria genau angesehen, und dann noch einmal in seiner Werkstatt. Körperlich wirkte sie verspannt und sie hatte einen Hang zur Bösartigkeit. Überraschenderweise war ihr Hintern schön. Dem Töpfer war völlig klar, dass Valeria nicht an seine verstorbene Frau heranreichte, und auch nicht an seine jetzige Freundin. Er atmete tief ein und war erleichtert. Endlich gab es eine Frau, um die er sich nicht pausenlos kümmern musste. Vielleicht war sie eine Frau, die ihn herausfordern konnte.
***
     
    Von der Töpferwerkstatt fuhr Valeria zur Kneipe, die unten am Hügel lag. Sie hielt an und überlegte, ob sie hineingehen sollte. Warum eigentlich nicht, sagte sie sich. Es war ein Tag voller Warum eigentlich nicht gewesen. Als sie durch die Tür trat, erkannten die Stammgäste sie, setzten ihre Gläser ab, stierten sie an und warfen sich achselzuckend Blicke zu. Valeria beachtete sie nicht. Seit sie die Werkstatt des Töpfers verlassen hatte, flatterte ihr Herz so sehr wie ihr Rock. Sie war sich sicher, dass sie immer noch rot im Gesicht war. Sie schaffte es, geradewegs bis zum Tresen zu gelangen.
    »Guten Tag, Ibolya«, sagte sie zur Schankwirtin. Siesprach abgehackt. Es gefiel ihr dort nicht. »Ich habe Durst. Kann ich ein Glas Sherry bekommen?«
    Die Schankwirtin lächelte und goss ihr ein Glas ein.
    »Soso, ein ganzes Glas«, sagte sie. »Du hast wohl Durst von der Radelei heute. Übst wohl für ein Rennen? Und was wolltest du überhaupt beim Töpfer?« Ibolyas Worte klangen wie ein Lied, hinter dem sich jedoch etwas Bedrohliches verbarg. Valeria blickte über den Rand ihres Glases.
    »Sein Lehrling war hier«, fuhr Ibolya fort. »Hat mir gesagt, dass du ihm Milch gebracht und in seiner Küche rumgestöbert hast. Warum lässt du den Töpfer nicht in Ruhe? Er ist nett. Er ist mein Freund.«
    Valeria musste an den Brandy und die beiden Gläser auf dem Fensterbrett denken. Sie stellte ihr Glas ab, warf ein paar Forint auf den Tresen und drehte sich um. Ibolya prustete und sprach so laut, dass man

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