Valhalla: Thriller (German Edition)
schluckte seinen Kummer runter und nickte. »Die Nachricht ist raus, allerdings habe ich noch keine Rückbestätigung. Kann sein, dass sie noch irgendwo im Äther feststeckt, aber raus ist sie auf jeden Fall.«
»Dann wird er sie auch bekommen. Wann, spielt jetzt keine so große Rolle. Hauptsache, er weiß, dass wir weiter an der Sache dran sind. Ilka, ich möchte, dass du die Leiter einziehst und alle Spuren unserer Anwesenheit tilgst. Die Russen sind momentan noch damit beschäftigt, ihren Helikopter zusammenzuflicken, aber es wird nicht lange dauern, dann werden sie wieder hinter uns her sein. Am besten, wir lassen sie so lange wie möglich über unseren Verbleib im Unklaren.«
»Was ist mit den Hundegespannen?«, fragte Hannah.
»Die dürften allein zur Hütte zurückfinden. Dort erwartet sie Futter und Unterschlupf. Und entweder die Russen kümmern sich um sie, oder wir tun das, sobald wir hier fertig sind. Ich will, dass ihr euch alle auf die vor uns liegende Aufgabe konzentriert. Da ich keine Ahnung habe, wie weit sich das Virus unter dem Eis ausgebreitet hat, würde ich vorschlagen, dass wir bereits jetzt die Schutzanzüge und Atemmasken anziehen. Damit wird das Laufen zwar unangenehmer, aber es hat den Vorteil, dass uns warm bleibt. Außerdem will ich kein Risiko eingehen. Wer von euch hat die Karten?«
Hannah betrachtete John. Er ging ganz auf in seiner Rolle als Anführer. Wer hätte das jemals von dem schüchternen und zurückhaltenden Mann gedacht, den sie vor ein paar Jahren kennengelernt hatte? Sie war so erleichtert, ihn lebend zu wissen, dass es ihr schier das Herz zerriss. Sie spürte, dass sie es nicht überleben würde, sollte ihm etwas zustoßen.
41
D er Gang erwies sich als Teil eines weitverzweigten Netzwerks von Höhlen und Stollen, die wie die Adern eines lebendigen Wesens tief ins Innere der Insel führten. Was auf den Thermobildern der Satellitenkamera wie ein einzelner, zusammenhängender Strom ausgesehen hatte, war in Wirklichkeit ein Geäst aus vielen kleinen Nebenflüssen, die irgendwo vor ihnen in den großen Hauptstrom münden mussten. Von oben betrachtet, würde das Ganze vermutlich wie ein auf den Kopf gestellter Baum aussehen, dessen Zweige und Äste sich nach Norden hin zu einem mächtigen Stamm vereinten.
Für Hannah, deren geographische Kenntnisse sich auf einige grundlegende Fakten beschränkten, war klar, dass Nordostland vor Urzeiten einmal zu einer größeren Landmasse gehört haben musste; durch geologische Prozesse war dieser Teil weggebrochen und in Folge der Kontinentaldrift nach Norden abgetrieben worden. Der Durchstich durch die Felswand erwies sich als relativ kurzer Abschnitt, den sie schon bald hinter sich gelassen hatten. Dahinter folgte eine Decke aus massivem Eis. Sie waren jetzt im Inneren der Insel angelangt, wobei sie den eigentlichen Stadtbereich noch nicht mal erreicht hatten. Der Übergang erfolge so nahtlos, dass sie es anfangs gar nicht bemerkten. Erst als Ilka stehen blieb und ein paar Proben nahm, wurde ihnen das gesamte Ausmaß ihrer Entdeckung bewusst. Einige einfache Tests ergaben, dass das Eis mindestens 5000 Jahre alt sein musste.
5000 Jahre?
Wenn das stimmte, musste die Siedlung darunter noch viel älter sein. Aber wie alt genau? 6000 Jahre, 7000? Das wiederum bedeutete, dass es sich um die älteste Stadt der Welt handelte. Warum war in den Geschichtsbüchern darüber nichts zu finden? Gewiss, es gab Platon, aber der beschränkte sich nur auf Andeutungen. Und sonst? Eine Fußnote hier, ein Gerücht dort. Wo waren die Beschreibungen und Reiseberichte, die von der großartigen Stadt des Nordens handelten, deren Kultur, Fortschrittlichkeit und Reichtum wie ein Leuchtfeuer auf den Rest der Welt herabschien?
Fragen, deren Beantwortung noch in weiter Ferne lag. Und wer konnte schon ahnen, was sie noch alles finden würden?
Hannah benutzte ihre Digicam, sooft sie nur konnte. Möglich, dass dies später einmal die einzigen Aufzeichnungen sein würden, die von der versunkenen Stadt existierten. Sollte sich herausstellen, dass sie mit ihrer Vermutung über das Alter richtiglagen, konnte es leicht geschehen, dass die Erkenntnisse für lange Zeit unter Verschluss blieben. Zu tiefgründig, zu umwälzend wären die Schlussfolgerungen, die sich daraus ziehen ließen. Solche Dinge posaunte man nicht leichtfertig in die Öffentlichkeit hinaus. Allein die archäologische Bestandsaufnahme würde Jahrzehnte in Anspruch nehmen, von der Analyse und
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