Valhalla: Thriller (German Edition)
Ephedrinbasis. Ein echtes Scheißzeug. Was heute als Hit an amerikanischen Schulen gefeiert wird, ist in Wirklichkeit uralt. Es fand schon in den Blitzkriegen 1939 und 1940 millionenfach Verwendung. Ich rede von dem Medikament
Pervitin
, das damals als
Panzerschokolade
,
Stuka-Tabletten
und
Hermann-Göring-Pillen
an die Soldaten verteilt wurde.«
»Panzerschokolade«, witzelte Hiroki. »Klingt wie aus dem Süßigkeitenladen.«
»Der Wirkstoff dämpft das Angstgefühl und steigert die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Er verleiht kurzzeitig Selbstvertrauen, ein Gefühl der Stärke und eine ungewohnte Geschwindigkeit. Dabei lässt es einen euphorisch werden, verringert das Schlafbedürfnis und steigert die Leistungsfähigkeit und das Mitteilungsbedürfnis.« Roberto fing an, auf und ab zu gehen. »Aktuelle psychologische Studien belegen, dass Hitler selbst seit etwa 1943 pervitinabhängig gewesen sein muss. Sein Verhalten weist das charakteristische Muster auf, das man bei methamphetaminabhängigen Menschen findet. Das Wundermittel hat nämlich einige höchst unangenehme Nebenwirkungen. Es führt zu erhöhter Körpertemperatur, Schwindelgefühl, Kreislaufproblemen, plötzlichem Abfall des Blutdrucks sowie paranoiden Wahnvorstellungen. Abgesehen davon, dass es hochgradig süchtig macht.« Er blieb stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Nicht zu vergessen, dass der Körper, weil er die Substanz nicht verarbeiten und ausscheiden kann, Kristalle unter der Haut ablagert, wo sie zu dunklen Verfärbungen führen. Wie ich schon sagte: ein echtes Scheißzeug.«
»Was ich damit sagen wollte: Die Nazis haben sich schon länger für leistungssteigernde Präparate interessiert«, meinte Hannah. »Die Erschaffung einer Generation von Superkriegern ist nur eine logische Fortführung ihrer bis dahin bestehenden Forschung.«
»So langsam begreife ich, warum sie ihr Projekt Valhalla genannt haben«, murmelte Hiroki. »Die Ruhmeshalle der gefallenen Krieger. Sterben, um zu etwas Größerem zu werden. Zu einem Helden,
einem Gott
.«
»Und jetzt seht euch um«, sagte Hannah. »Fällt euch nicht auf, wo diese Experimente stattgefunden haben? In den uralten Hallen einer scheinbar überlegenen Zivilisation. Auf den Fundamenten der Erbauer von Atlantis.« Sie atmete tief ein. »Der Wahnsinn vom Übermenschen; hier hat er seine Wurzeln.«
»Das Virus ist hochgradig komplex«, sagte Roberto, während er die Zeilen auf dem Computer überflog. »Hier ist eine Abbildung.« Er lud ein Bild hoch, auf dem zum ersten Mal der Urerreger zu erkennen war. Eine Schwarzweißaufnahme, unter der
Valhalla
вирус
23-C
zu lesen stand. John spürte, wie ein Schauer über seinen Rücken lief.
»Das Ding ist wirklich interessant«, sagte Roberto. »Wie ihr sehen könnt, ist es vielgestaltig, mit einer Tendenz zur Ovalform. Die Oberfläche zeigt Strukturen, die Glykoproteinen ähneln, wobei mir die Morphologie gänzlich unbekannt ist. Hier steht zu lesen, dass die Russen es mit allen Antikörpern getestet haben, dabei aber so gut wie keine Kreuzreaktivität erzielen konnten. Das Genom ist … wartet mal …«, er scrollte ein paar Absätze tiefer, »… zwischen fünfzehn und neunzehn Kilobasen groß und für sechs bis zehn Gene codiert. Das wäre eigentlich typisch für ein Paramyxovirus, aber die Morphologie stimmt nicht. Sie stimmt einfach nicht. Wartet mal, ich glaube, ich habe eine Idee: Möglicherweise haben wir es ja mit einem Zwitter zu tun.«
»Einem Zwitter?«, fragte Inka.
Roberto nickte. »In der Forschung werden Zwitter zur Heilung von Aids getestet, aber das hier sieht völlig anders aus. Irgendwie bösartig. Ein mutiertes Hanta-Virus vielleicht?« Er verstummte, gänzlich versunken in die Betrachtung dieses fremdartigen Erregers.
»Wie auch immer«, sagte Hannah. »Aus den Unterlagen geht hervor, dass dieser Erreger in einem von zehn Fällen eine merkwürdige Anomalie hervorbringen kann. Die Hirnaktivität wird auf null heruntergefahren, nur um dann nach einer Weile neu zu zünden. Danach scheint das limbische System die Kontrolle zu übernehmen. Die Rede ist von einer massenhaften Ausschüttung von Endorphinen und körpereigenen Opioiden.«
»Das ergibt durchaus Sinn«, sagte Roberto. »Das limbische System ist der Teil des Gehirns, der für Emotionen und Triebverhalten zuständig ist. Wenn dieses System nicht mehr richtig arbeitet, hat dies Gedächtnisstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Narkolepsie,
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