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Valhalla: Thriller (German Edition)

Valhalla: Thriller (German Edition)

Titel: Valhalla: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Doch weder wollte sie ein Risiko eingehen, noch hatte sie das Bedürfnis, mit dem Eis in Kontakt zu kommen. Sie liebte Wasser, sie konnte stundenlang darin herumplanschen. Auch zu tauchen machte ihr nichts aus. Aber Wasser in diesem Aggregatszustand war ihr zuwider, das war schon als Kind so gewesen. Während die anderen Kinder mit Vergnügen Schlitten gefahren, auf Skiern die Berge hinabgebrettert oder mit Schlittschuhen übers Eis gesaust waren, hatte Hannah die Wintermonate am liebsten zu Hause verbracht. Wenn es nach ihr ging, konnte die Klimaerwärmung ruhig kommen.
    Die Sprengungen hatten den Gletscher mit einem Netzwerk von Rissen überzogen. Er besaß Ähnlichkeit mit einem alten Ölbild, bei dem der Firnisüberzug im Laufe der Jahrhunderte brüchig geworden war. Hannah fragte sich, ob die Risse die Stabilität des Eismantels nicht gefährdeten, behielt den Gedanken aber lieber für sich. Sie wollte vor Gjertsen nicht wie eine Heulsuse dastehen, die Situation war auch so schon angespannt genug.
    Plötzlich verschwand das Eis über ihren Köpfen. Der Käfig schwang ins Freie. Unter ihren Füßen öffnete sich ein gewaltiger Hohlraum. Dutzende von Lichtern schimmerten zwischen kryptisch angeordneten Mauerresten und Steinwänden und leuchteten bis zu ihnen herauf.
    Hannah hielt den Atem an. Bis zu diesem Augenblick war sie nicht wirklich überzeugt davon gewesen, dass die Satellitenaufnahmen etwas anderes als zufällige geologische Formationen abgebildet hatten. Etwas in ihr wehrte sich gegen die Vorstellung, dass hier eine Stadt war und damit Teile der Geschichte möglicherweise neu geschrieben werden mussten. Nicht, weil das einen Haufen Arbeit bedeutete – Hannah liebte ihren Job, sie konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als stundenlang in alten Ruinen herumzustromern –, sondern weil sie grundsätzlich die Ordnung dem Chaos vorzog. Sie liebte bewiesene Aussagen und gesicherte Erkenntnisse. Tabellen, Zeitskalen, Histogramme – sie schätzte klare Strukturen und harte Fakten; sie waren der Boden, auf dem sie ihre Theorien entwickeln konnte. Wenn alles über den Haufen geworfen wurde, was blieb dann noch?
    Und doch schien ihr das Schicksal immer wieder Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Fast so, als würde ein Fluch auf ihr lasten.
    »Scheiße«, murmelte sie, als sie in die Tiefe blickte. »Es existiert tatsächlich eine Siedlung unter dem Eis. Und sie ist alt. Das ist … unfassbar.«
    Gjertsen sah sie belustigt an. »Eine Siedlung? Wir haben es hier mit einer Stadt zu tun, und zwar nicht gerade mit einer kleinen. Das Netzwerk an Straßen, Stollen, Gassen und Gängen erstreckt sich kilometerweit in alle Richtungen.«
    »Ich kann es immer noch nicht glauben …«
    »Glauben Sie es ruhig. Da unten wartet eine Menge Arbeit auf uns.«
    »Das Gefühl habe ich auch …«
    »Dann teilen Sie also meine Meinung, dass es richtig war, so früh wie möglich mit der Arbeit zu beginnen?«
    Hannah war wie betäubt. Sie zwinkerte ein paar Mal mit den Augen, immer in der Sorge, der Anblick könne sich wie eine Fata Morgana in Luft auflösen. Doch das Bild blieb bestehen. »Allerdings«, flüsterte sie. »Das ist ein Jahrhundertfund. Der Beginn einer neuen Zeitrechnung.«
    »Normalerweise bin ich nicht der Typ, der mit Superlativen um sich wirft, aber in diesem speziellen Punkt teile ich Ihre Meinung.« In Gjertsens Stimme schwang eine Spur Sarkasmus mit. »Ich bin froh, dass es so ist, Stromberg beschrieb Sie mir nämlich als jemanden, der nicht leicht zu überzeugen sei. Er sagte auch, dass man mit Ihnen schnell aneinandergeraten könne.«
    »Tatsächlich?« Hannah erwachte wie aus einem Traum. »Hat er sonst noch etwas über mich gesagt?«
    Das Grinsen wurde breiter. »Eine Menge. Aber das hebe ich mir für später auf. Zuerst werde ich Ihnen etwas Zeit geben, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen und ein paar Mitglieder unseres Teams kennenzulernen.«
     
    Kaum unten angekommen, erhielt Hannahs Euphorie allerdings erst mal einen Dämpfer. Der Mann, dem sie zuerst in die Arme liefen, war niemand anderer als Professor Dr. Frédéric Moreau von der Pariser Sorbonne. Der Franzose galt als Spezialist in Sachen Altertumsforschung und war des Öfteren in Film und Fernsehen zu sehen. In einer international sehr erfolgreichen Sendereihe erklärte er staunenden Hausfrauen und Schulkindern, wie er die Welt sah, und nutzte nebenher seine Position, um für sich und seine Bücher die Werbetrommel zu rühren.
    Vor

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