Valhalla: Thriller (German Edition)
Drink gekostet und für gut befunden hatte.
»Allerdings.« Beatrice polierte lächelnd ein Glas.
»Jungfrau in Nöten auf neun Uhr. Könnte etwas für Sie sein.«
Roberto wandte unauffällig seinen Blick nach rechts. Er sah eine schlanke Blondine im schwarzen Kleid, die ihre Sonnenbrille dekorativ ins Haar gesteckt hatte und gelangweilt an ihrem Drink schlürfte. Der Begriff Jungfrau schien ihm bei näherer Betrachtung doch reichlich aus der Luft gegriffen, zumal sie einen Ehering trug. Trotzdem war sie attraktiv genug, um Robertos Aufmerksamkeit zu erregen. Neben ihr saß ein Mann, der ganz offensichtlich nicht ihr Begleiter war, dafür redete er zu schnell und zu hektisch. Seine Anspannung und Nervosität schwappten bis zu Roberto herüber. Er hörte Wortfetzen, aus denen er schließen konnte, dass er Banker oder so etwas war. Zumindest hörte er sich gerne selbst reden und hatte eine Vorliebe für Worte wie:
suboptimal
und
exorbitant
. Offenbar glaubte er, damit Eindruck machen zu können. Wie wenig das funktionierte, erkannte Roberto daran, dass die Frau anfing, mit ihrem Autoschlüssel zu spielen, und zügig, aber ohne Hast ihren Drink leerte.
Die Sache duldete keinen Aufschub. Roberto stand auf, strich seinen Anzug glatt und ging auf die beiden zu.
»Da bist du ja, Schatz, ich habe dich schon überall gesucht.« Als wäre es die größte Selbstverständlichkeit, hauchte er der unbekannten Schönen einen Kuss auf die Wange.
»Bitte verzeih, dass ich erst so spät komme, aber Professor Martinez hat mich noch aufgehalten, und der Verkehr war mal wieder mörderisch. Aber du kennst das ja. Was sehe ich, wolltest du etwa schon gehen? Ich hoffe, ich komme nicht zu spät.«
Die Blondine taxierte ihn kurz und erwiderte dann unterkühlt: »Keineswegs.«
»Ah, Gott sei Dank. Du ahnst nicht, wie erleichtert ich bin.« Er zog sich einen Barhocker heran. »Ich wollte dich eigentlich anrufen, aber mein Handy war mal wieder leer. Du weißt ja, wie das ist. Was Handys betrifft, bin ich ein absoluter Schussel.«
»Ja …«
Roberto wandte sich dem Mann zu. »Bitte verzeihen Sie, mein Name ist Perez, Dr. Perez. Aber nennen Sie mich doch Roberto. Sind Sie ein Kollege meiner Frau?«
Seine ausgestreckte Hand wurde nur widerwillig ergriffen. »Marcus Engelhardt, Steuerberater. Nein, hm. Ihre Frau und ich sind uns ganz zufällig begegnet. Ich wusste nicht, dass sie … na ja, wie auch immer. Ich wollte mich sowieso gerade verabschieden. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.« Als die Blondine keinen Widerspruch erhob, hüstelte er und sagte. »Und danke für die nette Unterhaltung. Hat mich sehr gefreut …« Er griff nach seinem Jackett, setzte ein gequältes Lächeln auf und trottete mit eingekniffenem Schwanz von dannen. Vermutlich hatte er bemerkt, dass Roberto keinen Ring trug, sich aber nicht getraut, ihn darauf anzusprechen. Wie auch immer, die erste Hürde war genommen.
»Bitte entschuldigen Sie meine Unverfrorenheit«, sagte er, »aber ich saß dort drüben und brachte es nicht übers Herz, mir dieses Trauerspiel noch länger anzuschauen. Wenn Sie möchten, überlasse ich Sie jetzt wieder Ihrem Drink.« Er zögerte kurz, dann sagte er: »Andererseits würde es mich freuen, wenn Sie bleiben und ich Sie noch zu etwas einladen dürfte.«
Die Blondine schien einen Moment zu überlegen, dann lächelte sie und reichte ihm ihre Hand. »Magdalena da Silva.«
»Roberto Perez.«
»Dann stimmt Ihr Name also. Und wie ist es mit dem Doktortitel?«
»Der steht sogar in meinem Ausweis. Möchten Sie ihn sehen?«
»Nicht unbedingt.« Sie kräuselte amüsiert die Lippen. »Ist das Ihre Masche, sich als Ehemann auszugeben? Und dann noch ohne Ring.«
Er zuckte die Schultern. »Maschen sind nichts für mich, ich improvisiere lieber. Die Sache mit dem Ehemann ist mir erst im letzten Moment eingefallen. Als ich sah, wie Sie anfingen, mit Ihrem Schlüssel zu spielen, musste ich handeln. Was darf ich Ihnen bestellen?«
»Was trinken Sie denn?«
»Sazerac. Möchten Sie mal probieren?«
Sie nahm ihren Strohhalm und tauchte ihn in sein Glas. Genießerisch schmatzend zog sie ihn wieder heraus. »Schmeckt interessant. Ich glaube, den nehme ich auch.«
»Erfunden in New Orleans. Angeblich der erste Cocktail der Welt«, erwiderte Roberto. »Die Legende sagt, dass er zuerst in Eierbechern, sogenannten
Coquetiers
, ausgeschenkt wurde, woraus dann später der Begriff Cocktails entstand. Nicht jedermanns Sache, aber ich mag
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