Valhalla: Thriller (German Edition)
Vergrößerung gesehen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Wunderschön. Wie Schneeflocken: symmetrisch, ästhetisch, perfekt. Kaum zu glauben, dass etwas, das so schön ist, gleichzeitig so tödlich sein kann. Aber es sind doch genau diese Gegensätze, die das Leben so spannend und faszinierend machen, nicht wahr?«
»Nun ja …« Ihr Ausdruck hatte sich merklich verändert. Eben noch locker und gelöst, wirkte sie mit einem Mal merklich angespannter.
Er spürte, dass ihm seine Felle davonschwammen, und schenkte ihr sein charmantestes Lächeln. »Du brauchst wirklich keine Sorgen zu haben«, sagte er. »Ich habe nichts Ansteckendes oder so. Unsere Sicherheitsvorkehrungen gehören zu den strengsten der Welt. Natürlich ist der Umgang mit diesen kleinen Biestern nicht ohne Risiko, aber wir sind sehr vorsichtig, und bisher ist noch nie etwas passiert.«
»Natürlich.« Sie griff nach ihrem Glas und nahm einen großen Schluck. Zu groß für seinen Geschmack.
»Hör mal, Magdalena«, sagte er. »Wenn ich etwas gesagt haben sollte, was dich verletzt oder verunsichert haben sollte, so tut mir das leid. Es geschah nicht mit Absicht, das musst du mir glauben. Virologie ist ein Job wie jeder andere. Ich bin sicher, auch in deinem Beruf wird es Situationen geben, wo du …« Er sah, wie sie in ihre Tasche griff und ihr Portemonnaie hervorholte. Die Zeichen standen nicht gut. Was immer er getan hatte, er hatte es verbockt.
»Nein, bitte, steck es wieder weg. Du bist selbstverständlich eingeladen.«
»Ehrlich? Danke, das ist sehr lieb von dir. Nicht böse sein, aber ich habe morgen einen anstrengenden Tag vor mir. Früh raus, den ganzen Tag Messe, da sollte ich ausgeschlafen sein. War wirklich schön, mit dir zu reden. Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann mal wieder.« Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, griff nach ihrer Handtasche und ging.
Roberto blickte ihr noch hinterher, wie sie sich durch die Menschen bis zum Ausgang schlängelte und dann verschwand. In diesem Moment klingelte sein Handy.
»Scheiße«, murmelte er.
Beatrice sah ihn mitfühlend an.
Klingeling …
Er leerte sein Glas und wischte sich einen Tropfen von den Lippen. »Was ist bloß passiert? Habe ich irgendetwas Falsches gesagt?«
»Vielleicht solltest du nächstes Mal lügen und erzählen, du würdest beim Fernsehen arbeiten. Oder behaupten, du wärst Schönheitschirurg. Das klappt besser, glaub mir. Noch einen Drink?«
»Unbedingt, ja.«
Klingeling …
»Willst du nicht mal an dein Handy gehen?«
»Mein was? Ach so, ja.« Er drückte auf Abheben. »Perez.«
Es gab ein kurzes Knacken, dann hörte er eine Stimme. Sie war weit weg und schlecht zu verstehen.
»Roberto? Hier ist Hannah.«
24
Schweiz …
P iù scema non potevi nascere!«
»Strega!«
Das Gebrüll aus der Hütte der Bergwacht Zermatt war kaum zu überhören. Vier Stimmen, die wild durcheinanderschnatterten und dabei immer mehr in Rage gerieten. Es war, als würde man einem Schwarm Seemöwen zuhören.
Ilka Svensgaard saß draußen auf der Bank und hielt ihr Gesicht ins Licht. Die Dezembersonne stand tief am Himmel, hatte aber noch genügend Kraft, um ein bisschen Wärme zu spenden. Langsam, aber beständig wich die Kälte aus ihren Knochen. Alles hätte so schön sein können, wären da nicht diese vier Italiener und ihr Gekeife gewesen. Ihr Versuch, die Klangkulisse auszublenden, war nur von mäßigem Erfolg gekrönt. Das Zetern schwoll an zu einem Crescendo und erreichte seinen Höhepunkt im Aufstampfen schwerer Bergstiefel.
»Brutta vacca!«
»Che porcheria!«
Der genaue Wortlaut entzog sich ihren Italienischkenntnissen, aber es war auch so klar, dass sich die Wandergruppe bitterlich über sie beschwerte. Einer der Männer, ein kleiner, untersetzter Autohausbesitzer, war beim Versuch, den dicken Maxe zu markieren, in eine Eisspalte gestürzt, aus der Ilka ihn wieder hatte herausholen müssen. Sein Glück, dass sie aufs Anseilen bestanden hatte, sonst wäre er jetzt wohl nicht mehr unter den Lebenden. Anstatt sich jedoch bei ihr zu bedanken und sich an die eigene Nase zu fassen, hatte der Typ ihr die Schuld an dem Unfall gegeben. Als ob sie etwas für seine testosterongesteuerte Beschränktheit konnte! Aber es war klar, dass sie, als einzige Frau unter einer Horde von Männern, den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen würde. Das lief überall auf der Welt gleich ab. Es schien fast eine Art Naturgesetz zu sein, so dass viele Frauen gleich die Abkürzung nahmen
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