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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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wenn du nicht so stur gewesen wärst. Dann verfall jetzt gefälligst auch nicht in Panik!«
    »Ich?«, brauste sie auf. »Ich bin die Ruhe selbst!«
    »Entschuldige, das habe ich nicht richtig verstanden – du sprichst so schrill.«
    Ein pfeifender Laut war zu vernehmen. »Was war das denn?«, fragte Hal.
    »Das war ich. Ich wollte dir eine kleben, hab aber vorbeigehauen.«
    »Nein, es war weiter weg.«
    Sie standen im Dunkeln und lauschten dem Wind, der über die kahle Moorlandschaft strich. »Ich kann nichts … da ist... ich glaub, da ist nichts«, sagte Aud mit piepsiger Stimme. »Kratzt du dich gerade?«
    »Hä? Nö.Was soll das denn heißen – ob ich mich kratze? Das ist das Geräusch von eben.Wo kommt es her?«
    Sie spitzten die Ohren und starrten angestrengt in die Dunkelheit. Kein Zweifel: Der Wind trug, wegen seines eigenen Geheuls kaum zu hören, aber eindeutig anderen Ursprungs, eine Art Scharren heran. Das Geräusch verstummte zwischendurch immer mal, setzte aber fast sofort wieder ein. Es schwoll an und wurde wieder leiser. Aber auch dann, wenn es kaum noch zu hören war, blieb es da – ganz, ganz leise zwar, aber hartnäckig und unverkennbar. Was es verursachte, ließ sich unmöglich feststellen.
    Hal spürte, wie etwas seinen Arm packte. »Das bist doch hoffentlich du, die mich da festhält, Aud?«
    »Wer denn sonst? Aber was ist das bloß für ein Geräusch, Hal?«
    »Na ja...« Es sollte unbekümmert klingen. »Also Wölfe sind es, glaube ich, nicht.«
    »Dass es keine Wölfe sind, weiß ich selber. Was ist es dann?«
    »Es ist... der Wind auf den Felsen.«
    »Ach ja? Wie soll denn das gehen?«
    »Äh... Lass uns einfach weitergehen. Ich erklär’s dir unterwegs.« Eng umschlungen stapften sie weiter durch den Schnee. Ab und zu blieben sie stehen und lauschten hoffnungsvoll, aber das Geräusch verfolgte sie. Schließlich sagte Hal, der die ganze Zeit gegrübelt hatte: »Also, das ist so: Der Wind fegt die losen Steinchen von den Felsen und Hügelgräbern. Die Steinchen kullern in irgendwelche Vertiefungen und erzeugen dabei das Geräusch. Hoffentlich gehen wir noch in die richtige Richtung.«
    »Klar.Wir sind doch nicht abgebogen, oder? Die Grenze muss direkt vor uns sein.« Aud schnaufte ein bisschen, denn sie gingen inzwischen deutlich schneller. »Du glaubst also, das Geräusch stammt von irgendwelchen kullernden Steinchen. Findest du nicht, dass es sich eher wie Scharren oder Graben anhört? Als ob sich scharfe Klauen durch den Boden wühlen?«
    »Na ja... das könnte natürlich auch sein.«
    »Na toll.«
    »Aber du hast doch selbst gesagt, dass die Knochen schon uralt waren, weißt du nicht mehr? Da glaubst du doch wohl nicht, dass irgendwelche Trolde...«
    »Stimmt. Das glaube ich nicht. Und du auch nicht. Aua! Dieser dämliche Knöchel... wenn ich doch bloß schneller laufen könnte. Wenigstens ein bisschen.« Sie tastete nach seiner Hand und drückte sie. »Danke für die Aufmunterung.«
    »Ist doch selbst… Bei Svens Geist! Was war das?« Hal duckte sich plötzlich und hielt sich dabei an Aud fest, die ausrutschte und beinahe hingefallen wäre.
    Sie verkniff sich einen Aufschrei. »Was denn?«
    »Da! Wo ich hinzeige!«
    »Wo zeigst du denn, verdammt noch mal, hin? Es ist stockdunkel! Wie willst du da...«
    »Ich spür was. Etwas Großes. Etwas Riesengroßes.«
    Sie drückten sich aneinander und hielten Ausschau. Im Westen hielt sich der letzte matte Schein der untergehenden Sonne. Davor konnte man einen wuchtigen kohlrabenschwarzen Umriss erahnen. »Puh!«, machte Aud. »Das ist ein Felsen, du Blödmann! Wahrscheinlich der letzte, bevor die Gräber kommen. Großer Arne, Hal, ich wär fast gestorben vor Schreck!«
    Ein verlegenes Lachen. »Tut mir leid. Kleiner Irrtum.«
    »Lässt du mich jetzt bitte wieder los?«
    Hal gehorchte, wobei er sich übertrieben energisch räusperte und seine Kleidung glatt strich. Dann war es ein Weilchen still.
    »Lass uns weitergehen«, brach Aud das Schweigen. »Wir sind bestimmt gleich da.«
    »Ist dir auch aufgefallen, dass das komische Geräusch aufgehört hat?«
    »Arne sei Da…«
    Irgendwo im Dunkeln, gar nicht weit weg, hörte man leise Stein auf Stein knirschen und scharren. Die Geräusche verstummten jäh.
    Hal und Aud standen reglos da wie zwei Felsbrocken und spitzten die Ohren wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
    Nichts mehr. Aber die erneute Stille beruhigte sie kein bisschen.
    »Weißt du, was das gewesen sein könnte?«, flüsterte Hal.

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