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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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waren sie schon dicht vor der Gräberreihe gewesen.
    Da rannten sie los, Knöchel hin oder her, stürmten blindlings über die Hügelkuppe, prallten beinahe gegen zwei Gräber, dann merkten sie, dass keine Gräber mehr kamen, und ließen sich einfach ins verschneite Heidekraut fallen. Sie waren in Sicherheit. Tief unter ihnen funkelten die gelben Lichter von Svens Haus.
    SVEN BRANNTE DARAUF, der Halle des Troldkönigs wieder einen Besuch abzustatten, aber seine Frau hatte Bedenken.
    »Bestimmt warten die Trolde nur drauf, dass du ein drittes Mal kommst«, wandte sie ein. »Und glaub mir, diesmal kriegen sie dich. Und was dann? Dann landest du im Kochtopf.«
    »Keine Bange«, erwiderte Sven. »Die kriegen mich nicht. Für die bin ich viel zu schnell. Stell mein Essen bei Sonnenuntergang aufs Feuer, ich bin rechtzeitig wieder da und lasse es mir schmecken.« Damit verschwand er in Richtung Hügelkamm.
    Er spazierte in die Troldhalle hinein, vorbei an den aufgehängten Knochen und der Feuerstelle, vorbei auch an den Felsnischen, in denen die Trolde zusammengerollt schlummerten. Er nahm eine brennende Fackel von der Wand und stieg über eine Treppe tiefer in die Erde hinab. Ab und zu drehte er sich nach dem Höhleneingang um, vor dem es allmählich dämmerte. Blieb ihm noch genug Zeit? Aber sicher!
    In aller Ruhe ging er die Treppe hinunter, immer weiter, bis er in eine große, runde Kammer kam, in der mehrere Feuer brannten und in deren Mitte ein großer Schatz aufgehäuft lag. Neben dem Schatz stand ein goldener Thron und auf dem Thron saß der Troldkönig, riesengroß und schrecklich. Allerdings schlief er laut schnarchend.
    Das ist ja ein Kinderspiel, dachte Sven. Er füllte etwas Gold in seinen Beutel, dann näherte er sich auf Zehenspitzen und mit erhobenem Schwert dem Thron. Im selben Augenblick ging draußen hinter den Hügeln die Wintersonne unter. Der Troldkönig schlug die riesigen roten Augen auf.
    Als er Sven mit dem Schwert in der Hand dastehen sah, stieß er ein Zorngebrüll aus, das die anderen Trolde weckte, und im Nu kamen sie allesamt herbeigelaufen, um den Eindringling in Stücke zu reißen. Aber Sven flüchtete sich in einen Gang, den er in der Felswand neben dem Thron entdeckt hatte. Er lief wie der Wind, aber der Troldkönig kam mit aufgerissenem Riesenmaul hinter ihm her und wollte ihn mit seinen langen Armen packen. Und hinter dem König kamen alle anderen Trolde hergerannt und brüllten wütend Svens Namen.
    Sven lief und lief und hielt die Fackel ausgestreckt vor sich, damit er etwas sah. Alle paar Schritte gabelte sich der Gang, und er musste sich entscheiden, ob er nach links oder rechts wollte, dazu ging es manchmal bergauf und dann wieder bergab, bis sich Sven gar nicht mehr auskannte. Es hat keinen Zweck, dachte er. Ebenso gut kann ich stehen bleiben und mein Leben so teuer wie möglich verkaufen. Da stieg aus einem engen Gang direkt vor ihm ein köstlicher, würziger und wohlbekannter Duft in seine Nase. »Das ist doch mein Abendessen!«, rief er. »Diesen Duft würde ich überall erkennen!« Er bog in den Gang ein, den Troldkönig immer noch auf den Fersen.
    Sven ließ sich in dem Gewirr von Gängen von seiner Nase leiten und entdeckte schließlich hinter einer Erdspalte einen Schimmer Abendlicht. In aller Eile verbreiterte Sven den Spalt mit dem Schwert, schlüpfte ins Freie – und stand auf der Weide gerade oberhalb seines Hauses! Aber er vergeudete keine Zeit mit Jubeln, sondern behielt die Erdspalte im Blick. Zack! , streckte auch schon der Troldkönig den Kopf hindurch. Sven holte mit dem Schwert aus, der Kopf rollte ins Gras. Sven hob ihn auf, obwohl das Maul noch bösartig nach ihm schnappte, und ging nach Hause. Rums! , knallte er den Kopf auf den Esstisch. »Schenk ich dir!«, sagte er zu seiner Frau. »Ach ja, und einen kleinen Goldschatz hab ich dir auch noch mitgebracht. Du hast mir nämlich heute das Leben gerettet.«
    Und das war Svens letzter Besuch in der Halle des Troldkönigs.

TEIL IV

23
    Als der Troldkönig tot war und Sven älter wurde, verließ er seine Halle nicht mehr so oft. Zwar führte er immer wieder Überfälle auf die Häuser Ruriks und Ketils an, doch trotz erbitterter Kämpfe hatten alle diese Feldzüge keinen rechten Erfolg. Es ist nicht überliefert, ob es daran oder am Alter lag, dass sich Svens Gemüt verdüsterte, aber auf seine alten Tage wurde er immer unzugänglicher, seine Richtersprüche wurden immer strenger. Er gewöhnte sich an, sein Schwert

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