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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Greisenhände warfen die Kapuze zurück und die struppigen Augenbrauen, die stechend blickenden Augen und das ganze eingefallene, wettergegerbte Gesicht des alten Bauern kam zum Vorschein. Der Alte sah Hal grimmig an und ließ dann den Blick ungerührt durch die Halle wandern: Er musterte Aud, die mit angstvoll aufgerissenen Augen am Feuer stand, Gudny, die durch den Vorhang linste, die Handvoll Diener, die sich an der Tür versammelt hatten. Sein Blick war misstrauisch, als würde er nach Hinweisen auf irgendwelche Laster oder andere Ungeheuerlichkeiten Ausschau halten. Als er nichts Verdächtiges entdecken konnte, wandte er sich wieder Hal zu.
    »Ich bin hergekommen«, sagte der Alte und tätschelte Arnkels Messer, »um mich zu revanchieren, wie ich es dir versprochen hatte. Um dir einen Gefallen zu tun, weil du damals so freundlich zu mir warst.«
    Hal nickte verdutzt. »Ach so... ja... vielen Dank.Willst du nicht absitzen?«
    »Zweierlei!«, rief Snorri so laut, dass seine Stimme in dem großen Raum widerhallte und Hal zusammenfuhr. »Ich bringe dir zweierlei. Erstens das hier!« Er drehte sich halb um und löste den Strick, mit dem der große schwarze Sack am Sattel befestigt war. Der Sack schlug dumpf auf den Boden. Der grobe Stoff war rot gefleckt und irgendwelche großen, schweren, rundlichen Gegenstände zeichneten sich darunter ab und rollten hin und her.
    Hal schluckte hörbar. »Was... was ist das denn?«
    »Ein Sack Rüben. Ich hab so viel von den Dingern, dass ich nicht mehr weiß, wohin damit. Ein kleines Gastgeschenk.«
    »Das ist aber nett von...«
    »Still!«, rief Snorri. »Zweitens bringe ich Neuigkeiten! Schlimme Neuigkeiten! Hord Hakonsson und seine Leute sind durch die vereiste Schlucht gestiegen! Sie sind schon im Obertal. Morgen Nacht, wenn ihr schlaft, werden sie hier sein! Sie wollen euer Haus anzünden und euch euer Land wegnehmen!« Er kratzte sich die Nase, winkelte das knochige Bein an und ließ sich aus dem Sattel gleiten. »Ach ja«, fügte er nach kurzer Pause hinzu, »und sie wollen euch alle umbringen.«

24
    Ehe er zu der Versammlung mit den anderen Helden aufbrach, rief Sven seine Frau zu sich. »Ich beabsichtige, unser Tal ein für alle Mal von den Trolden zu befreien«, sagte er, »und es kann gut sein, dass ich dabei selbst den Tod finde. Für den Fall, dass ich nicht wiederkomme, hier meine Anweisungen: Ich habe keinen Sohn, aber meine Männer sind gute Kämpfer. Zieht zu neuen Raubzügen los, und wer sich dabei am tapfersten schlägt, den ernennst du zum Familienoberhaupt. Danach sollt ihr meine Grenzen und meine Gesetze achten. Wird jemand in meinem Haus umgebracht, soll der Mörder im Gegenzug ebenfalls sterben. Sollte uns ein anderes Haus angreifen, sollt ihr dessen Halle anzünden. Haltet unsere Brunnen sauber und unser Blut rein. Denkt immer daran, dass ihr die vornehmste Familie im ganzen Tal seid. Was mich betrifft, so errichtet mir ein Grab auf den Hügeln oberhalb des Hauses, damit ich allzeit über euch wachen kann, und jene von euch, die meine Gesetze einhalten, sollen sich dereinst dort zu mir gesellen.«
    Seit dem Morgengrauen waren sie in Zweier- und Dreiergruppen gekommen und jetzt füllten die Angehörigen von Svens Haus die ganze Halle. Der Lärm drang wie das ferne Tosen der Wasserfälle durch den kleinen Flur bis in Arnkels und Astrids Zimmer.
    Hal stand vor dem Bett und wartete darauf, dass seine Mutter etwas sagte. Ihr Stuhl stand am äußersten Rand des Lichtkreises der Kerze. Sie saß hoch aufgerichtet und reglos da, die gefalteten Hände im Schoß, und ihr Gesicht lag im Schatten ihres langen blonden Haars.
    Daneben schlief Hals Vater ruhig in der Mitte des Bettes.
    »Das hast du uns eingebrockt«, sagte Astrid schließlich.
    »Ich weiß.«
    »Hast du Leif geweckt?«
    »Ja. Na ja, ich hab’s versucht. Er war noch immer völlig beduselt. Eyjolf ist mit ihm raus zur Tränke.«
    Seine Mutter gab einen Unmutslaut von sich. Hal wartete. Während er wartete, ließ er den Blick über das Bett gleiten, bis dorthin, wo sein Vater lag. Die Kerze auf dem Tisch warf ein weiches Licht über das ausgezehrte Gesicht. Arnkel schlief so friedlich wie seit Monaten nicht mehr, sein weißes Haar lag auf dem Kissen ausgebreitet. Hal sah seinem Vater beim Schlafen zu. Jetzt erst fiel ihm auf, wie lang und dicht Arnkels Bart während seiner Krankheit geworden war und dass er schon den ganzen Winter über so ausgesehen haben musste.
    »Hast du mir zugehört, Hal?«, fragte

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