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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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einen heiratsfähigen jungen Mann aus einem der Häuser talabwärts angeln. Du siehst, du hast nichts verpasst. Außer dass Eyj olf an einer rätselhaften Krankheit leidet. Jeden Morgen sind seine Wangen rot und geschwollen und jucken wie von einem Koboldkuss. Er hat schon unzählige Arzneien ausprobiert, aber nichts hat geholfen.«
    Hal verzog keine Miene. »Vielleicht sollte er mal in seinem Kopfkissen nachsehen.Vielleicht hat ihm jemand einen Strang Giftefeu reingesteckt.«
    Brodir lachte leise. »Soso. Gut möglich! Aber darauf soll er ruhig von allein kommen.«
    Das Essen war gut, die Gesellschaft noch besser. Brodir holte einen Weinschlauch aus seinem Bündel und bot seinem Neffen von dem Wein an. Während Hal mit jedem Schluck trügerische Wärme durchströmte, lauschte er Brodir, der von Svens Abenteuern im Hochmoor erzählte: wie der Held seinerzeit Drachen erschlagen und dreimal in die Halle des Troldkönigs eingedrungen war. Wie immer begeisterten ihn diese Geschichten, doch an diesem Abend bedrückten sie ihn auch.
    Schließlich sagte er bitter: »Kannst du verstehen, dass ich am liebsten schon tot und bei den Helden in einem Hügelgrab liegen würde, Onkel? Ich hätte viel lieber damals gelebt, als man sein Glück und sein Schicksal noch selbst in die Hand nehmen konnte. Heutzutage kann man überhaupt nichts mehr erleben. Sogar die Trolde sind vertrieben.«
    Brodir brummte: »Damals galt Kühnheit noch als Tugend, heute nicht mehr. Dafür sorgen schon die Frauen des Rates. Aber denk dran, dass selbst zu Svens Zeiten die Helden als leichtsinnig galten. Erst durch ihren Tod erwarben sie sich Anerkennung.«
    »Ich ziehe den Tod allem vor, was meine Eltern für mich vorgesehen haben!« Hal stieß mit einem Tritt einen Ast tiefer in die Flammen, dass die Funken nur so sprühten. »Vater erzählt mir andauernd, ich soll einmal Bauer werden und schon jetzt alles Nötige erlernen. Und wenn ich dann vor Langeweile fast gestorben bin, gibt man mir irgendeine Bruchbude zum Bewirtschaften, bis ich alt und grau bin und mein Leben um ist! Natürlich hat er es ein bisschen anders ausgedrückt.«
    Brodirs Zähne blitzten im Schein des Lagerfeuers. Er trank einen Schluck Wein und klopfte Hal auf die Schulter. »Die Sache ist die, Kleiner: Du und ich, wir sind Zweitgeborene, was bedeutet, dass wir im Grunde herzlich überflüssig sind.Wir sind keine Hoferben wie Arnkel und nach ihm dieser Schwachkopf Leif. Wir sind auch keine gute Partie wie Gudny, falls sich irgendwann irgendwer mit ihrer Kaltherzigkeit anfreunden kann.Was also sollen wir mit uns anfangen? Wo sollen wir hin? Auf den Hügeln ist die Grenze und der Fluss mündet in das unbefahrbare Meer. Kein Wunder, dass wir dagegen aufbegehren.«
    Hal sah seinen Onkel an. »Warst du denn in deiner Jugend auch so störrisch wie ich?«
    »Ach, ich war noch viel schlimmer.« Brodir kicherte in seinen Bart. »Viel, viel schlimmer! Du machst dir keinen Begriff.«
    Hal wartete gespannt, aber Brodir äußerte sich nicht weiter dazu. »Dann mache ich es eben wie du«, sagte Hal daraufhin so nüchtern, wie er konnte. »Ich will im Tal umherziehen und die Welt sehen. Zum Teufel damit, was mein Vater davon hält!«
    »Das Tal ist kleiner, als du glaubst. Jedenfalls hat man es im Nu erkundet. Es gibt elf weniger bedeutende Häuser zu entdecken, die ausnahmslos von Dummköpfen und Halunken bewohnt werden. Die Häuser und ihre Bewohner drunten am Meer sind die Allerschlimmsten, blonde Verbrecher einer wie der andere. Es gibt nur ein ehrbares Haus, nämlich das von Sven.« Brodir spuckte ins Feuer. »Du wirst bald wieder umkehren. Und solange solltest du nicht so streng über deinen Vater urteilen. Er trägt die Verantwortung für seine Leute und hat obendrein Astrid im Nacken. Er meint es gut mit dir.«
    »Trotzdem wäre es mir lieber, er würde mich mit seinen Hoffnungen und Plänen für meine Zukunft verschonen.« Hals Wangen brannten. Er ließ sich rücklings ins weiche, kalte Gras fallen, wo die Hitze des Feuers nicht hinkam, und blickte zu den Sternen hinauf.

    Als Hal wieder zu Hause eintraf, herrschte draußen im Hof emsige Geschäftigkeit. Nach einem Monat in der Einöde war er anfangs von dem Lärm und der Unruhe wie betäubt. Seine Mutter kam mit einem großen Korb bunt gefärbter Tücher an ihm vorbeigeeilt. Sie stellte den Korb ab und umarmte den Heimkehrer flüchtig. »Willkommen, mein Sohn. Schön, dass du wieder da bist. Deinen Bericht höre ich mir ein anderes Mal an.

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