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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Felsklotz ragte so hoch hinauf, dass seine Kuppe im Nebel verschwand. Die ihnen zugewandte Seite war steil und geneigt, aber sie entdeckten einen Vorsprung, gerade breit genug, um sich daran hochzuziehen.
    Hal sah Aud an und bewegte lautlos die Lippen: »Nach dir!«

    Hord blieb stehen und seine Männer mit ihm.
    »Da drüben war einer«, raunte er.
    »Hal?«
    »Nein. Zu groß und zu dünn. Wahrscheinlich sein Freund.«
    Es konnte losgehen! Hord packte sein Schwert und bleckte die Zähne. Sein Kettenhemd und sein blank polierter Helm glänzten im Mondschein.
    Er verschwand im Nebel. Seine Männer folgten ihm.
    Hinter ihnen eilten aus allen Richtungen dunkle, gierige Gestalten heran.

    Aud steckte ihr Schwert weg, sprang hoch und packte den Vorsprung mit beiden Händen. Ihre Füße baumelten in der Luft.

    Ragnar lächelte flüchtig und deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger geradeaus.
    Dort, kaum zu erkennen, kauerte ein geduckter Schatten im Nebel, als wollte er nicht entdeckt werden.
    Ragnars Begleiter schwärmten aus. Dabei bemühten sie sich, auf dem aufgewühlten Erdboden nicht zu stolpern. Ragnar selbst blieb abwartend stehen und verzog das Gesicht, als ihm ein fauliger, bitterer Gestank in die Nase stieg.
    Jetzt hatten die Männer den Kauernden eingekreist. Ragnar hob das Messer, schnippte mit den Fingern und rief einen Befehl.
    Alle drei stürmten los.

    Aud hatte es geschafft, mit den Füßen in einem Felsspalt Halt zu finden. Sie hievte sich gerade auf den Vorsprung, als die Schreie ertönten.Vor lauter Schreck lockerte sie ihren Griff und wäre beinahe wieder heruntergeplumpst.
    Hal fuhr herum.Wegen des Nebels konnte er nichts erkennen, dafür umso mehr hören: Rufe, Schreie (erst gellend laut, dann wie abgeschnitten), irgendwelche Schläge (manche metallisch, manche eher dumpf), das Ratschen von zerfetzenden Kettenpanzern und reißender Kleidung, Beißgeräusche, ein sonderbares Schleifen, als würde etwas über den Boden gezerrt, sowie das Scharren und Tappen, das er noch aus der letzten Nacht kannte …
    Er presste sich dicht an den kalten, feuchten Stein.
    »Hal!« Er erwachte aus seiner Erstarrung und hob den Blick. Aud war verschwunden.
    »Beeil dich«, rief sie. »Komm rauf!«
    Widerstrebend löste sich Hal von dem Felsen. Es kostete ihn große Überwindung, dem wabernden Nebel und dem Lärm den Rücken zuzudrehen. Wie Aud steckte er sein Schwert in den Gürtel, wie sie nahm er Anlauf, sprang hoch – aber er kam nicht an den Vorsprung heran. Er sprang noch einmal, wieder vergeblich. Der Vorsprung war einfach zu hoch für ihn. Er streifte ihn zwar mit den Fingerkuppen, konnte sich aber nicht festhalten.
    Hal fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. In seiner Schulter pochte es. Er unterdrückte die aufkommende Panik und tastete unterhalb des Vorsprungs nach irgendwelchen Rissen oder Spalten, entdeckte aber keine. Er stieß einen gedämpften Fluch aus.
    »Was ist denn?«, flüsterte es von oben.
    Er warf einen flüchtigen Blick über die Schulter und flüsterte seinerseits: »Ich komm nicht ran.«
    »Wie bitte?«
    Er wiederholte lauter: »Ich – komm – nicht – ran!«
    »Ach du großer Arne!«
    »Bist du denn schon ganz oben? Soll ich drum herum gehen? Wo kommt man sonst am besten hoch?«
    Keine Antwort. Hal drehte sich um. Der Lärm legte sich allmählich. Die Schreie waren verstummt.
    Wieder Aud: »Auf den anderen Seiten sieht es auch nicht besser aus. Dafür liegt die Kuppe über dem Nebel und ist ziemlich flach, man könnte sie ganz gut verteidigen. Aber erst mal musst du hier rauf, Hal! Die Trolde...«
    »Glaubst du, das weiß ich nicht? Ich gehe mal darum herum, dann finde ich schon eine geeignete Stelle.«
    Gesagt, getan. Er hielt sich immer dicht am Felsen, aber kaum war er vier Schritte gegangen, hörte er Aud warnend rufen: »Geh nicht weiter.«
    »Wieso nicht?«
    »Von hier aus kann ich sie erkennen... sie kommen von der anderen Seite.«
    »Bei Svens Blut, wie viele sind es denn?«
    »Weiß nicht recht... dafür sind sie zu schnell, und der Mond strahlt zu hell, außerdem ducken sie sich so tief, dass sie fast kriechen.«
    Hal ging ein paar Schritte rückwärts, nahm noch einmal Anlauf und sprang, so hoch er konnte. Doch er verfehlte den Vorsprung wieder, prallte allerdings gegen den Felsen und landete rücklings im Gras. Ein jäher Schmerz durchzuckte seine Schulter, Blut tropfte auf den Boden.
    »Hal?«
    »Was soll ich machen?«
    »Jetzt kommen auch welche von hinten.

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