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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Verlauf der Kleine mehrfach in Hals Richtung zeigte. Die Unterhaltung endete damit, dass die Rothaarige eilig angerannt kam. Die anderen Frauen schauten von den Bäumen aus zu.
    Hal richtete sich auf. »Nun denn, gute Frau, ich bringe wichtige Neuigkeiten...«
    »Mein Sohn sagt, du kommst aus dem Obertal«, unterbrach ihn die Rothaarige ungeduldig.
    Hal verbeugte sich knapp. »Ganz recht.«
    »Du musst sehr mutig sein, dass du ganz allein durch diese menschenleere Wildnis wanderst.«
    »Nun ja, gänzlich menschenleer ist sie nicht. Mit Ausnahme der Schlucht natürlich, wo ich...«
    »Ich wüsste gern«, fuhr die Frau fort, »ob du wohl unterwegs jemandem begegnet bist. Mein Sohn und ich machen uns nämlich große Sorgen um meinen Mann, der...«
    Hal hob die Hand, um ihren Redefluss zu bremsen. »Leider sind mir keine anderen Wanderer begegnet, gute Frau. Allerdings bin ich mit einem hinterhältigen Händler aneinandergeraten, der mich ausrauben und umbringen wollte. Ein ganz gemeiner Kerl, ein großer, dicker Bursche ohne jedes Ehrgefühl. Zum Glück bin ich nicht leicht einzuschüchtern, und so kam es, dass wir in der schwärzesten Stunde der Nacht an der einsamsten Stelle der ganzen Schlucht miteinander rangen. Kurz gesagt – ich habe ihn erschlagen, ihr braucht euch nicht mehr vor ihm zu fürchten. Aber jetzt bin ich müde und würde mich auf eurem Hof gern ein wenig erfrischen. Eine schöne Pflaume käme mir fürs Erste gerade recht.« Er zwinkerte der Frau zu und biss herzhaft in die Frucht.
    Die Frau starrte ihn entgeistert an. »Hast du eben ›ein Händler‹ gesagt?«
    »Das hat er jedenfalls behauptet. In Wirklichkeit hat er den Leuten Fälschungen angedreht, geschnitzte antike Haarspangen und solches Zeugs.Außerdem war er ein Dieb. Gehen wir?«
    »Hast du eben ›geschnitzte Haarspangen‹ gesagt?«
    »Ja, ja.« Hal lachte die anderen Frauen an, die eine nach der anderen aus allen Richtungen herbeikamen. »Oje. Hoffentlich sind nicht alle Angehörigen von Eiriks Haus so begriffsstutzig!«
    Der Bengel flüchtete sich hinter die Frau und zupfte sie am Ärmel. »Der Geldbeutel, Mama, lass dir seinen Geldbeutel zeigen!«
    Hal erwiderte ärgerlich: »Ich habe dir doch schon ein Goldstück gegeben! Soll ich dieses Verhör etwa auch noch bezahlen? Da war ja der skrupellose Björn kaum gieriger als du!«
    Daraufhin rang die Frau nach Luft und die anderen Frauen ringsum machten erschrockene Gesichter. »Hast du eben ›Björn‹ gesagt?«
    Hal verdrehte die Augen. »Jawohl, Björn!« Er hielt inne. »Was habt ihr denn? Das ist doch ein ganz gewöhnlicher Name.«
    Die Frau schlug sich aufheulend an die Stirn. »Mein Mann! Du hast meinen Mann umgebracht!«
    »Er hat Papas Geldbeutel, Mama! Ich hab’s genau gesehen!«
    »Mein armer dicker Björn!«
    Jetzt rückten die Pflückerinnen von allen Seiten heran, blitzende Obstmesser in den Händen. »Übertreibt ihr Tiefländer alle so?«, rief Hal aufgebracht. »Nichts, aber auch gar nichts spricht dafür, dass es sich bei dem Händler, den ich getötet habe, um euren Björn handelt. Dein Mann liegt wahrscheinlich irgendwo betrunken unter einer Hecke. Und jetzt...«
    Der Junge stieß einen schmerzlichen Schrei aus. »Da! Da kommt Grettir!«
    Alle wandten die Köpfe. Auf der Straße kam der alte Gaul daher, der sich zweifellos den ganzen Tag lang auf dem Weg aus der Schlucht dick und rund gefressen hatte und nun gemütlich heimwärts trottete. Es war totenstill, als er an Hal vorbei auf den kleinen Jungen zutappte und ihm das Maul in die Handfläche stupste.
    Alle starrten das reiterlose Tier an. Dann richteten sich die Blicke wieder auf Hal.
    Der wich langsam zurück und hob abwehrend die Hände. »Er war ein Räuber! Ein Bandit!«
    »Nein! Björn Eiriksson war ein hoch geachteter Mann!«
    »Eine Stütze unseres Hauses!«
    Hal entfernte sich rückwärts gehend. »Aber meine Damen... er wollte mich ausrauben! Mich umbringen!«
    »Wozu? Was hätte er von einem Dieb wie dir gewollt? Du lügst!«
    »Mörder!«
    »Verbrecher!«
    »Haltet ihn! Blast das Troldhorn! Hängt ihn auf!«
    Hal ließ alle Höflichkeit und Überredungskunst sein und rannte davon, die Straße hinunter und die Frauen von Eiriks Haus dicht auf den Fersen. Es waren gute Läuferinnen, und er fürchtete schon, sie würden ihn einholen, da hatte er eine Idee und ließ den Geldbeutel fallen. Münzen hüpften und rollten nach allen Richtungen, worauf die Verfolgerinnen anhielten. Nur Björns Frau ließ sich

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