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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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wollte dich auf keinen Fall mit hinein…«
    »Noch etwas«, unterbrach ihn Aud. »Ich war kaum wieder zu Hause, da hat mich mein Vater schon hereingerufen. Er wusste nämlich, dass ich gestern spätabends durch den Wald geritten bin. Hord und er haben mich ausgefragt, wo ich war und was ich gesehen hatte. Sie haben einfach nicht lockergelassen. Es war ganz schön hart. Aber ich konnte ihnen dann doch klarmachen«, sie machte eine Pause und musterte Hals blasses, angespanntes Gesicht, »dass ich niemandem begegnet bin. Natürlich habe ich ihnen nichts verraten! Wozu auch? Glaubst du, ich interessiere mich einen feuchten Kehricht für die Hakonssons? Schlimm genug, dass mein dummer, feiger Vater dermaßen nach Hords Pfeife tanzt! Er hat ihm bereits die Erlaubnis gegeben, unseren ganzen Besitz zu durchkämmen. Unser Land! Als wäre es ihres! Das bedeutet, dass sie jetzt tagelang jede Scheune und jeden Kuhstall zwischen hier und der Hauptstraße absuchen.« Sie scharrte ärgerlich mit dem großen Zeh im Stroh. »Kurz gesagt:An deiner Stelle würde ich schön hierbleiben.«
    Hal wischte sich einen Schweißtropfen von der Schläfe. »Weißt du was?«, erwiderte er. »Eigentlich ist es auf eurem Heuboden recht gemütlich.Vielleicht bleibe ich tatsächlich noch ein Weilchen hier.« Ihm kam ein Gedanke. »Halt mal... die Scheune lassen sie doch bestimmt nicht aus!«
    »Keine Sorge. Unseren Hof durchsuchen sie nicht, das wäre sogar für meinen Vater zu beleidigend.« Sie verschränkte die Arme und überlegte. »Hord hat mit keinem Wort angedeutet, dass wir in die Sache verwickelt sein könnten, nur dass sich der Verbrecher womöglich auf unser Land geflüchtet hat.Ach übrigens, Hal Svensson, findest du nicht, du solltest mir endlich alles erzählen?«
    Hal wich ihrem Blick aus. »Nein. Ich habe dich auch so schon genug in Gefahr gebracht. Es ist sowieso keine besonders spannende Geschichte, und ich habe eigentlich gar keine Lust, sie irgendwem zu erzählen. Was nicht heißen soll, dass ich dir für deine Hilfe nicht dankbar bin.«
    »Schon klar.« Aud trommelte kurz mit den Fingern auf den Boden, dann stand sie auf. »Dann gehe ich mal. Ich habe plötzlich eine ungeheure Lust, über unseren Hof zu spazieren und lauthals zu singen, und zwar eine selbst erdachte Ballade namens: ›Der Gesuchte hockt im Heuschober. ‹ Ich weiß auch schon einen Vers: ›Hört, ihr Männer, Hal sitzt in der Scheune, holt rasch eure Äxte her – seht im Stroh seinen bibbernden Hintern, pikt ihn mit dem Speer.‹ Gefällt’s dir?«
    Hal sah erschrocken aus. »Das machst du nicht, oder?«
    »Ach nein? Dann fang lieber an zu erzählen.«
    Hal schwieg nicht aus Stolz oder weil er Angst vor den Folgen hatte, denn er vertraute Aud blind. Es lag eher daran, dass er sich so sonderbar fühlte. Schon den ganzen Tag, allein hier oben auf dem Heuboden, hatte ihn eine tödliche Leere überwältigen wollen. Wie würde es ihm erst gehen, wenn er das, was geschehen war, in Worte fasste? Aber es half alles nichts.
    »Na schön«, willigte er ein. »Auch wenn ich nicht weiß, wo ich anfangen soll.«
    »Wie wär’s mit dem Tod deines Onkels?«, schlug Aud hilfsbereit vor. »Wie du dich vielleicht erinnerst, war ich da gerade bei euch zu Besuch. Hat der Ärger, in dem du jetzt steckst, vielleicht mit deinem Onkel zu tun?«
    »Kann sein.«
    Anfangs musste er nach den richtigen Worten suchen und sprach stockend, aber er erzählte ihr alles.Wie gleichgültig seine Familie auf Brodirs Tod reagiert hatte und von seiner eigenen, stummen Wut, wie er den Gürtel des Helden und das Messer seines Vaters genommen hatte von Snorris Hütte und dem Händler Björn und von seinen schlimmen Erlebnissen im Untertal. Er beschönigte nichts und übertrieb auch nicht und er ließ nichts aus. Das Reden fiel ihm zunehmend leichter, und er erzählte offen von seinen sämtlichen Rückschlägen, die in der ernüchternden Szene in Olafs Schlafzimmer gipfelten. Seltsamerweise fühlte Hal sich immer besser, je mehr er sich Aud anvertraute. Es war ähnlich wie damals im Obstgarten – ihre Gegenwart schien die Wahrheit aus ihm rauszulocken. Die Last, die er seit Brodirs Tod mit sich herumtrug, wurde ein wenig leichter. Seine Gedanken waren so klar wie schon lange nicht mehr.
    Aud unterbrach ihn nicht und äußerte sich auch nicht zu dem Gehörten, bis er zu Ende erzählt hatte.
    »Also hast du Olaf gar nicht umgebracht«, sagte sie dann. »Jedenfalls nicht mit Absicht.«
    »Nein. Ich

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