Valley - Tal der Wächter
Männer Kiefern im Wald schlagen und Steine brechen, aber als sie mit dem Bau der Halle anfingen, gab es Schwierigkeiten. Die Wände stürzten immer wieder ein.
Droben am Stillen Weiher lebte eine alte Frau, von der man munkelte, sie sei eine Hexe. Die meisten Leute gingen ihr aus dem Weg, aber Sven kam gut mit ihr aus. Darum ging er zu ihr und fragte sie um Rat.
»Das ist doch ganz einfach«, sagte sie. »Du brauchst jemanden, der über das Fundament wacht.«
»Jemand bestimmten?«
»Jung, gut aussehend, stark. So jemanden.«
Sven ging wieder heim und wählte aus den Gefangenen, die sie bei ihren Überfällen gemacht hatten, einen kräftigen jungen Burschen aus. Der wurde getötet und in das Fundament eingemauert und danach wuchsen die Wände der Halle hoch und stark empor.
Einen Augenblick standen Hal und Aud wie angewurzelt da. Nur durch wenige Meter leeren Raum und ein paar Bretter von ihnen getrennt, betraten zwei Männer die Scheune. Die beiden Versteckten lauschten ihren Schritten auf dem festgestampften Lehmboden und schlossen aus den übrigen Geräuschen, dass die Eindringlinge die Scheune gründlich absuchten.
Sie würden in den alten Viehverschlägen nachsehen und in den Heuhaufen, falls es dort unten überhaupt welche gab. Das konnte nicht lange dauern.
Dann würden sie die Leiter hochsteigen.
Hal sah sich panisch um, ließ den Blick über die paar Strohbüschel und -halme auf dem Boden und die mit Spinnweben behangenen schrägen Dachbalken schweifen.
Kahl und leer. Nirgendwo konnte man sich verstecken.
Außer...
Er packte Aud am Arm, wobei er nebenbei verwundert feststellte, wie schlank ihr Arm unter dem Wollstoff war, und als sie den Kopf wandte, deutete er mit dem Kinn auf das andere Ende des Heubodens, wo ein verschwommenes Lichtoval auf dem Boden lag.
Das Loch im Strohdach.
Aud verzog keine Miene, aber sie hatte ihn offenbar verstanden, denn sie tippelte sogleich auf Zehenspitzen los. Hal schlich hinterher und musste feststellen, dass er nicht annähernd so flink war wie sie, wenn er keine verdächtigen Geräusche machen wollte. Mit angehaltenem Atem huschte er um die Balken herum und rechnete jeden Augenblick damit, dass jemand den Kopf durch die Luke streckte und »Stehen bleiben!« rief.
Aud wartete schon auf ihn. Ihr Gesicht zeigte zugleich Furcht und ärgerliche Ungeduld. Hal versuchte, sich davon nicht irritieren zu lassen, und streckte wie am Vormittag den Kopf durch die Öffnung im Dach. Mit einem raschen Blick auf die Felder vergewisserte er sich, dass niemand in der Nähe war, dann griff er in das grobe, trockene Stroh und zog sich hoch.
Die Scheune war mit dicken Strohbündeln gedeckt, die ursprünglich fest zusammengebunden, inzwischen aber struppig und vermodert waren. Das Dach war ziemlich steil und seine Unterkante lag dicht unter dem Loch.Von da aus ging es tief hinunter, auf einen von Dornenranken überwucherten Haufen Mauersteine und Bretter.
Hal hievte sich schnaufend nach draußen, bis er auf dem Rand der Öffnung kniete, und tastete auf beiden Seiten nach festem Halt. Zu seinem Schreck war das Stroh locker, ganze Büschel lösten sich unter seinen Fingern.
»Um Arnes willen, stell dich nicht so an! Krieg endlich den Hintern hoch!«, flüsterte es drängend von unten.
Hal reckte sich, bekam festeres Stroh zu fassen und schwang sich ganz nach draußen. Auch seine Zehen fanden Halt und er lag bäuchlings auf dem Dach.
Tief unter ihm in der Scheune ertönte eine Stimme, aber Hal konnte nichts verstehen.
Aud erschien in der Öffnung und Hal hielt ihr die Hand hin.
Sie griff danach, aber im selben Augenblick nahm ihr Gesicht einen verstörten Ausdruck an. Sie formte unhörbar ein paar Worte mit den Lippen, und da begriff auch Hal, dass sie einen verhängnisvollen Fehler gemacht hatten.
Sie hatten ihre Sachen liegen lassen.
Schon hatte Aud sich losgerissen und war wieder verschwunden.
Hal fluchte leise, hielt sich mit einer Hand im Stroh fest und streckte mit verrenktem Hals den Kopf durch die Öffnung.
Er sah Aud über den Heuboden huschen. Dort drüben war die Leiter. Die Leiter bebte. Auf den Sprossen tappten schwere Stiefel.
Aud trippelte an der Luke vorbei, bückte sich nach Hals Bündel und huschte zu dem offenen, leeren Proviantbeutel hinüber. Sie hob ihn auf, wollte kehrtmachen, bückte sich dann noch einmal und wühlte das Stroh auf den Bodenbrettern durch.
Erst begriff Hal gar nichts mehr, dann aber fiel ihm ein, wie hastig er über das Essen
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