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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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hab’s einfach nicht fertiggebracht.« Hal schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Der spinnerte Alte, dieser Snorri, hat ja gleich gesagt, dass ich kein bisschen besser bin als Olaf Hakonsson, wenn ich meinen Plan in die Tat umsetze. Da habe ich ihn noch ausgelacht. Aber als ich dann vor dem Mörder meines Onkels stand, da... da...« Er breitete hilflos die Hände aus. »Ich weiß nicht, warum ich zu feige dazu war, aber ich hab’s einfach nicht fertiggebracht zuzustechen.«
    »Deswegen warst du doch nicht feige!«, widersprach Aud. »Ich will dir mal was sagen, Hal...«
    »Alles, woran ich geglaubt habe, stand auf einmal kopf. Und das war nicht das erste Mal. Der Händler in der Schlucht, der mich so heimtückisch umbringen wollte … Ich dachte, er wäre ein Dieb, wie in den alten Geschichten. Aber nein! Er war ein angesehenes Mitglied der Eirik-Familie! Und ich habe ihn umgebracht.«
    Aud schnaubte verächtlich. »Jetzt hör aber auf, Hal! Der Kerl hat doch dich überfallen und ist von ganz allein in den Abgrund gestürzt. Du hast ihn doch nicht runtergeschubst, oder? Und für Olaf gilt das Gleiche. Du hast ihn nicht umgebracht. Er ist selbst schuld, weil er dich verfolgt hat.«
    »Ich weiß nicht... Das klingt mir alles ein bisschen zu spitzfindig. Ich weiß nicht, ob der Rat mir das abnehmen würde.«
    »Ich will dir mal was sagen, Hal«, fing Aud wieder an, rutschte ein Stück zu ihm herüber und legte ihre Hand auf seinen Arm, zog sie aber gleich wieder zurück. »Ehrlich gesagt würde ich es dir auch nicht abnehmen. Ich hol dir erst mal ein bisschen Wasser. Als ich vorhin gehört habe, was die Hakonssons erzählten, wusste ich nicht so ganz, was ich davon halten soll. Es klang so... Jedenfalls wollte ich lieber von dir selbst hören, was geschehen ist.Wenn du Olaf tatsächlich umgebracht hättest, wie es dein Plan war, dann würde ich...« Sie zuckte die Achseln und sah ihn plötzlich ganz ruhig und ernst an. »Aber du hast es nicht übers Herz gebracht. Ich hatte es auch nicht angenommen. Und ich bin froh darüber. Das ist alles.«
    Sie sahen einander in die Augen, dann wandte Hal sich ab und betrachtete eingehend den Bretterboden. Er räusperte sich. »Das ist nett von dir, aber...«
    »Pst!«
    Hal runzelte die Stirn. »Findest du nicht, dass ich jetzt mal...«
    Sie schüttelte so nachdrücklich den Kopf, dass ihr Zopf flog, stand auf und deutete auf die Dachschräge hinter ihm. Durch die Lücken in der schadhaften Strohabdeckung und zwischen den Dachsparren blinkte greller Sonnenschein herein. In dieser Richtung lag auch der Weg, der zum Hof der Arnessons führte. Hal hörte Pferde schnauben, Zaumzeug klirren und Männer husten.
    Hal vergaß Schmerzen und Steifheit und war im Nu auf den Beinen.
    Er trat neben Aud. Sie standen nebeneinander im Zwielicht und spitzten die Ohren.
    Bestimmt kamen die Männer bloß auf dem Weg in den Wald vorbeigeritten. Bestimmt...
    Die Geräusche verstummten. Eine Stimme war zu hören, eine tiefe Stimme, eine wohlbekannte, herablassende Stimme: »Und was ist das hier, Ulfar?«
    Hal stellte sich vor, wie Auds weißhaariger Vater hinter Hords Pferd hergerannt kam, um dem Gast eilfertig Auskunft zu erteilen. »Das ist bloß der alte Heuschober. Der wird kaum noch benutzt, nur wenn wir einmal eine überreiche Ernte haben, was, Arne sei uns gnädig, hoffentlich bald wieder geschehen wird.« Ulfars munterer Ton klang gezwungen.
    »Wir dürfen doch trotzdem nachsehen?«, fragte Hord. Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
    Hal und Aud sahen einander erschrocken an. Sie waren im Gesicht so weiß wie Gespenster und drehten sich nach der offenen Luke um, durch die von unten flirrendes Licht fiel.
    »Aber natürlich! Durchsucht die Scheune ruhig bis in den letzten Winkel! Sollte sich der Schuft hier versteckt haben, dürft ihr ihn gern unter meinem Fenster aufknüpfen! Und sollte ihm irgendjemand von meinen Leuten geholfen haben, dann soll er gleich daneben baumeln, dafür werde ich eigenhändig sorgen, das verspreche ich dir!«
    »Lass gut sein, Ulfar, es hat dir niemand einen Vorwurf gemacht. Auf geht’s! Bork, Einar – seht euch drinnen um.«
    Zaumzeug klirrte, Sättel knarrten, Stiefel landeten auf dem Weg. Dann knirschten schwere Schritte den Kiesweg herauf.

16
    Sven war nicht mehr damit zufrieden, wie sein Gehöft aussah, denn es war im Grunde nur eine Handvoll baufälliger, von Feldern umgebener Hütten. »Das kriegen wir besser hin«, sagte er.
    Er ließ seine

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