Vampir à la carte (German Edition)
vereinnahmte, wie es bislang jedes Mal der Fall gewesen war, wenn er im Verlauf der letzten Stunden einmal aufgewacht war. Aber nichts geschah. Die Schmerzen waren verschwunden. Im ersten Moment verspürte er Erleichterung, doch dann überlegte er, dass er sich nicht zu früh freuen sollte, bis er sich ganz sicher sein konnte, wie es um ihn stand.
Er versuchte, Arme und Beine zu bewegen, um festzustellen, ob das Schmerzen verursachte, doch dann nahm er neben sich ein Rascheln wahr und hielt inne.
»Du bist wach.« Alex beugte sich neben seinem Bett vor.
Überrascht nahm er ihr zögerliches Lächeln zur Kenntnis, dann richtete er sich auf, bis er im Bett saß, wobei er ganz seine Sorge vergaß, die Schmerzen könnten wiederkehren. »Du bist hier.«
»Ja.« Nach einer kurzen Pause fragte sie: »Möchtest du, dass ich wieder gehe? Ich kann verstehen, wenn du wütend bist, dass ich dich im Stich gelassen habe und …«
Cale griff nach ihrer Hand, als sie aufstehen wollte. »Nein, bleib hier.«
Er hielt sie fest, bis sie wieder saß, dann strich er sanft über ihre Hand. »Ich bin nicht wütend deswegen. Es muss ein Schock für dich gewesen sein, so unvorbereitet meine Fangzähne sehen zu müssen. Ich habe mich völlig verkehrt verhalten. Ich hätte dich wegschicken sollen und …«
»Du warst in einen schrecklichen Verkehrsunfall verwickelt, Cale«, unterbrach sie ihn. »Du konntest kaum noch klar denken. Ich hätte zumindest warten sollen, bis ich Gewissheit hatte, dass mit dir alles in Ordnung ist, und bis du Zeit hattest, mir alles zu erklären.«
»Ich nehme an, irgendjemand hat dir in der Zwischenzeit alles erklärt«, sagte er.
Sie nickte bestätigend. »Marguerite.«
Cale schickte ein stummes Dankeschön an Marguerite. Es war eine große Erleichterung, von Alex nicht mehr so angestarrt zu werden, als hätte sie ein Monstrum vor sich. Vermutlich würde es eine Weile dauern, bis er ihren entsetzten Gesichtsausdruck vergessen konnte, als seine Fangzähne zum Vorschein gekommen waren und sich in den Blutbeutel gebohrt hatten. Das war einer der wenigen Augenblicke in seinem Leben gewesen, in dem er sich wie jener Teufel gefühlt hatte, als den die Sterblichen ihn und seinesgleichen gemeinhin bezeichneten.
Er drehte sich wieder zu ihr um und sah, dass sie auf ihre Hände schaute, die sie förmlich ineinander zu verknoten schien. Der Anblick machte ihn stutzig. Auch wenn Marguerite ihr erklärt hatte, was er war, und auch wenn sie das allem Anschein nach akzeptiert hatte, bereitete ihr offensichtlich noch irgendetwas Sorge.
»Was ist?«, fragte er leise.
Alex benetzte ihre Lippen, dann platzte sie heraus. »Marguerite sagt, du liebst mich.«
»Ja, ich glaube, das stimmt«, gestand er ihr. Zwar war erst nur wenig mehr als eine Woche vergangen, aber wie lange brauchte man denn, um einen anderen Menschen kennenzulernen? Vermutlich lief es manchmal langsam und gemächlich ab, wenn die Zuneigung ganz allmählich wuchs wie eine lieblich duftende Blume, deren Knospen zu erblühen beginnen. Aber dann gab es wiederum Fälle, bei denen es sehr viel schneller ging. Und dank der Nanos hatten Unsterbliche in einem Punkt einen deutlichen Vorteil gegenüber Sterblichen: Sie wussten mit absoluter Gewissheit, wenn die Auserkorene eine Lebensgefährtin war, dann waren sie auch füreinander geschaffen, sodass man sich gar keine Gedanken mehr darüber machen musste, ob man wohl zusammenpasste. Die ganze letzte Woche hatte er damit verbracht, Alex zu beobachten, sich an ihrer Eigenständigkeit, ihrer Entschlossenheit, ihrem Ehrgeiz, ihrer Kreativität und ihrem Unternehmergeist zu erfreuen. Sie war eine bemerkenswerte Frau, die in mancher Hinsicht perfekt zu ihm passte und ihn in anderen Dingen ergänzte. Wo er organisiert war, ließ sie ihren chaotischen, aber kreativen Geist walten. Jeder von ihnen war das ideale Gegengewicht zum jeweils anderen, und jeder konnte vom anderen etwas lernen.
»Sie sagt, dass ich dich auch liebe«, fuhr Alex fort, den Blick immer noch auf ihre Hände gerichtet.
»Und hat sie recht?«, wollte er wissen und hielt gebannt den Atem an, während er betete, dass sie die Antwort geben möge, die er hören wollte.
»Ja … nein …« Sie verzog hilflos den Mund, dann endlich sah sie ihm in die Augen. »Ich war ziemlich außer mir, als ich deine Fangzähne gesehen habe. Mein erster Gedanke war, dass es wieder mal typisch für mich ist, mich ausgerechnet in ein Monster zu verlieben. Und dann dachte ich
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