Vampir-Expreß
aus seinem Mund, die Suko nicht verstand, weil sie auf rumänisch gesprochen waren.
Der leichte Frost hatte die dünne Schneedecke auf ihrer Oberfläche gehärtet. Deshalb knirschten die Schritte der Männer, als sie sich dem Ort näherten.
Sie brauchten nicht nach Petrila hinein, der Bahnhof lag ein wenig außerhalb des Ortes. In diesem Punkt war er mit dem Friedhof zu vergleichen.
Links von ihnen lagen die Häuser und Höfe. Einige standen noch in Hanglage. Zu den Wohnhäusern zählten auch die Scheunen und Schuppen, in denen das Getreide und die Nahrung für das Vieh aufbewahrt wurden. Petrila besaß zwar einen Bahnhof, doch der war schon vor Jahren stillgelegt worden. Die Gleise wurden nicht gepflegt, sie verrosteten, und dichtes Unkraut wuchs an manchen Stellen so hoch, dass es auch die Bahnschwellen verdeckte.
Das Gleis endete an einem alten Prellbock. Er stand hinter dem einzigen Bahnhofsgebäude wie ein skurriles Kunstwerk aus der Vergangenheit. Wer jetzt von Petrila wegwollte, konnte nicht mehr den Zug nehmen, sondern musste sich auf den Bus verlassen, der zweimal am Tag fuhr. Morgens und abends, falls es die Witterungsverhältnisse zuließen. Schweigend näherten sich Suko und Marek dem alten Bahnhof. Sie sahen auch das Gebäude, ein aus Holz gebautes, breites Haus, das parallel zum Schienenstrang stand. Fenster gab es nicht mehr. Irgendwann waren die Scheiben eingefallen.
Man hatte, als der Bahnhof vor langer Zeit errichtet wurde, auch die Bahnsteige aus Holz gebaut. Es gab zwei davon. Einen rechts, den anderen links des Gleises. Die Bahnsteige erinnerten an die Step-walks der alten Westernstädte. Nur hatte der Zahn der Zeit am Holz genagt, so dass zahlreiche Bohlen sich gelöst hatten und die Strecke einer löcherigen Hindernisbahn glich.
Unter den Bohlen gab es zahlreiche kleine Verstecke, die sich besonders gut für Ratten eigneten. Sie fühlten sich dort auch sehr wohl. Suko und Marek hörten hin und wieder ihr Fiepen und das Kratzen am Holz.
Das Gebäude war unterteilt. In einen ehemaligen Wartesaal und den Verkaufsraum mit den Fahrkartenschaltern. Die Eingangstür, die zu diesem Raum führte, hing schief in den Angeln. Der alte Marek trat sie mit dein Fuß auf.
Ächzend schwang sie herum. Durch die zerstörten Fenster pfiff der Wind. Es war kalt und zugig in dem Bau, und auch Suko stellte den Kragen seiner mit Fell gefütterten Lederjacke hoch. Links ging es in den ehemaligen Wartesaal. Eine Schwingtür pendelte im Windzug. An der rechten Seite fehlten ein paar Bohlen. Die rostigen Angeln quietschten gänsehauterzeugend.
Die Männer sahen eine alte Bank. Sie lag dem ehemaligen Verkaufsschalter direkt gegenüber. Suko und Marek nahmen Platz, und der Chinese schaute auf seine Uhr.
»Wie spät ist es?« fragte Marek.
»Kurz nach Mitternacht.«
Der Pfähler hob den Kopf Ein hartes Leuchten trat in seine Augen. »Das ist ihre Zeit«, flüsterte er. »Da kommen sie normalerweise und schlagen zu.« Er drehte sich um und schaute Suko an, als suchte er bei ihm die Bestätigung für seine Ausführungen.
Der Chinese nickte knapp.
Marek schlug das rechte Bein über das linke und drückte seinen Rücken gegen die Lehne, die verdächtig knirschte. Mit leiser Stimme begann er zu sprechen. »Um diese Zeit war ich oft unterwegs. Ich bin in das alte Schloss gegangen und habe dort nachgeforscht. In den Gängen, den Kellern, den Verliesen, überall. Aber ich habe sie nicht finden können. Es sind keine mehr da.«
»Du meinst die Helfer der Lady X?«
»Ja, Suko, die auch. Aber auch noch Diener des verdammten von Leppe, der meinen Freund auf dem Gewissen hat. Es ist alles tot, vernichtet, ausgeräumt.«
»Und dennoch willst du nicht daran glauben?«
»Nein. So hat es eigentlich immer ausgesehen, doch ich bin sicher, dass in rumänischer Erde noch vieles lauert. Nicht umsonst hat sich Lady X hierher gewandt, um ihr Reich aufzubauen. Es ist ihr nicht gelungen, aber ich bin sicher, dass andere es auch versuchen werden Vielleicht nicht hier in Petrila, sondern woanders, aber die Vampire ausrotten, das ist unmöglich. Sie haben die Jahrhunderte überlebt und werden auch weitere Zeiten überdauern, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.«
»Und hier hast du wirklich keine mehr entdeckt?« fragte Suko.
»Nein. Beim ersten Blick ist die Gegend sauber, doch daran will ich nicht glauben.« Marek griff in seine Innentasche und holte eine Flasche hervor, die man auch als »Flachmann« bezeichnen konnte.
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