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Vampir sein ist alles

Vampir sein ist alles

Titel: Vampir sein ist alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tate Hallaway
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wie sich Mátyás' Schatten von seinem Körper löste und die Straße entlang zu dem Parkplatz huschte, wo wir den Jaguar abgestellt hatten. Der Kojote sah ihm nach und begann zu jaulen. Diesen Moment der Ablenkung nutzte Mátyás und schwang sich mehr oder weniger elegant über den Zaun.
    „Ich habe dir doch gesagt, du sollst laufen!“, schimpfte er, hob die Schaufel auf und gab mir einen kleinen Schubs. Ich setzte mich endlich in Bewegung. „Lange wird er sich nämlich nicht davon ablenken lassen.“
    „Wow, das war ja wie bei Peter Pan!“, sagte ich verblüfft. Wir liefen quer über den Friedhof, und ich geriet immer wieder ins Stolpern. Jedes Mal, wenn ich mit dem Schuh an einer Marmorplatte hängen blieb, war mir äußerst bewusst, dass ich auf jemandes Grab herumtrampelte. „Seit wann hast du denn solche Tricks drauf?“
    „Seit ich C. G. Jung gelesen habe“, entgegnete Mátyás.
    Ich stieß mit dem Fuß gegen einen Grabstein, auf dem einfach nur Mutter stand, und streckte reflexartig die Arme aus, sonst wäre ich der Länge nach hingefallen. „Im Ernst? Meinst du den Psychologen?“
    „Er hat sich viel mit Träumen und Archetypen beschäftigt, und mir wurde klar, dass ich in das Unterbewusstsein von anderen vordringen kann, wenn sie träumen. Als ich Jung las, habe ich begriffen, wie groß der Einfluss des Unterbewusstseins auf unser Bewusstsein ist. Wenn die Lichtverhältnisse günstig sind“, erklärte er und schaute zu den rosaroten Wolken auf, die durch die hohen Kiefern zu sehen waren, „dann kann ich der Wahrnehmung mit einem kleinen Trick
Streiche spielen.“
    „Wenn du einen Mensch gewordenen Gott täuschen kannst, ist das aber mehr als ein kleiner Trick!“
    „Auch Götter träumen ganz offensichtlich.“
    Wir hatten den älteren Teil des Friedhofs erreicht, wo die Grabanlagen mit Flechten und Moos bewachsen waren. Hier standen reich verzierte Grabmale, und es gab auch richtige Skulpturen, die erloschene Fackeln oder weinende Engel darstellten.
    „Hast du irgendeine Ahnung, wohin wir müssen?“, fragte Mátyás.
    Apropos Träumen: Ich war ziemlich sicher, dass ich schon an diesem Ort gewesen war. Ein Hund hatte mich verfolgt. Nun fiel es mir wieder ein: Es war in dem Traum gewesen, den ich im Bier- und Pizzarausch gehabt hatte, nach meinem ersten Versuch, Sebastian auf der Astralebene zu finden. Damals hatte ich gedacht, ich wäre auf dem Lakewood-Friedhof, doch es war dieser Friedhof gewesen! Wo war ich hingelaufen? Ich erinnerte mich noch an eine Krähe, die auf einem
Grabmal gesessen hatte, aber auf welchem?
    „Das Mausoleum!“, rief ich.
    Zum Glück gab es nur ein einziges auf der ganzen Anlage. Die Funken flogen, als Mátyás das Schloss mit einem gezielten Hieb mit der Schaufel aufbrach. Der Granit-Sarkophag war hingegen eine echte Herausforderung. Mátyás hackte ein paarmal darauf ein, doch außer dass es mächtig schepperte, geschah nichts. „Herrgott, mir tun die Arme bis zu den Schultern weh! Habe ich überhaupt irgendetwas ausgerichtet?“
    Ich begutachtete den steinernen Sarg. „Wir brauchen einen Vorschlaghammer.“
    Mátyás hockte sich niedergeschlagen auf die kleine Gebetsbank. Ich setzte mich ihm gegenüber und schaute zur offenen Tür hinaus. Die Sonne ging gerade auf, und ihre goldenen Strahlen sprenkelten einen Rosenbusch, der den Grabstein, neben dem er wuchs, fast verdeckte.
    „Ich könnte Lilith einsetzen“, schlug ich vor.
    „Kannst du SIE denn zurückpfeifen, bevor SIE Sebastian und mich abschlachtet?“, fragte Mátyás trocken.
    Ich ging davon aus, dass ich es konnte, aber Lilith hervorzuholen war in der Tat viel leichter, als SIE wieder zurückzurufen. Und es gab noch ein anderes Problem: Kojote war ganz in der Nähe. Würde er wieder versuchen, mir Lilith wegzunehmen, wenn SIE draußen war? Ich nagte an meiner Unterlippe und starrte die Rosen an. Sie waren wie gemalt. Die mit Tautropfen besetzten halb geöffneten Knospen sahen wunderschön aus. Ich konnte nur die ersten Buchstaben des
Namens auf dem Grabstein erkennen: Ster...
    „Sterling“, sagte ich und sprang auf. „Die silberne Kugel. Das muss der Schlüssel sein. Vielleicht ist dahinten etwas, das uns weiterhilft.“
    Mátyás folgte meinem Blick. „Hoffen wir, dass eine Brechstange und ein Presslufthammer hinter den Rosen versteckt sind“, sagte er.
    Bei genauerer Überprüfung stellte sich heraus, dass der Rosenbusch frisch gepflanzt war. Mátyás lief zurück zum Mausoleum, um seine

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