Vampiralarm (German Edition)
Erdgeschoss des Gebäudes – oder durch eine niedrige Tür hinaus auf einen Balkon, der in etwa drei Metern Höhe direkt unterhalb des Oberlichts des Foyers an der Wand hing.
Colleen überlegte kurz und entschied sich dann für die Tür. Zunächst war es so düster, dass sie nicht einmal die Hand vor Augen erkennen konnte. Dann fiel ihr ein, dass der Balkon im Augenblick wegen der Deko für die Filmpremiere mit einem schwarzen Samtvorhang verdeckt war. Behutsam schob sie den Stoff zur Seite und spähte hinunter in die Dunkelheit des Foyers.
Nichts rührte sich. Sie wartete noch ein paar Sekunden, aber noch immer tat sich nichts. Hysterische Ziege, schalt sie sich selbst eine Närrin. Gleichzeitig atmete sie erleichtert auf.
Sie wollte sich gerade wieder umdrehen, um den Rückzug anzutreten, als plötzlich der bleiche Schein des Mondes durch das Oberlicht fiel und das Foyer in sein kränklich fahles Licht tauchte.
Colleen schnappte nach Luft. Etwas hatte sich unten im Foyer bewegt, ganz sicher. Nur was?
Und dann sah sie es wieder – und dieses Mal erkannte sie eindeutig ein menschliches Wesen. Um genau zu sein: einen Jungen. Ja, es war ein Junge, etwa in ihrem Alter, vielleicht zwei oder drei Jahre älter.
Was zur Hölle trieb der Typ hier? Das Kino war schon seit Stunden geschlossen. Er hatte hier nichts, aber auch gar nichts zu suchen!
Der Mondschein fiel jetzt direkt auf ihn. Colleen unterdrückte ein überraschtes Keuchen, als sie zum ersten Mal einen Blick auf sein Gesicht werfen konnte. Er sah sehr gut aus. Nein, korrigierte sie sich sofort, nicht gut – atemberaubend schön! Seine Haut war elfenbeinfarben und makellos und bot einen tollen Kontrast zu seinem schwarzen Haar, dem schmalen Gesicht mit dem kantigen Kinn und den hohen Wangenknochen. Seine Züge waren klar und fein geschnitten, und seine Augen waren von einem fast schon unwirklichen Silbergrau, wie Colleen es noch nie zuvor gesehen hatte.
Alles an ihm schien perfekt. Selbst seine nicht gerade ideale Gestalt, hager, beinahe dürr, tat seiner Attraktivität keinen Abbruch. Die Bewegungen, mit denen er durch die Schatten des Foyers glitt, waren elegant und geschmeidig, wie die einer Raubkatze auf Beutefang.
Und dann blickte er plötzlich zu ihr hinauf.
Colleen spürte, wie sie erstarrte. Er hatte sie gesehen – musste sie gesehen haben! Und doch konnte sie sich nicht rühren. Der Blick seiner ungewöhnlichen Augen nahm sie gefangen, hypnotisierte sie wie der Blick einer Schlange das Kaninchen.
Und sie sah das hungrige Flackern in seinen Augen. Ein Hunger, der ihr Angst einjagte, sie zugleich aber auch wie magisch anzog.
Was ist bloß mit mir los? Colleens Gedanken rasten. Das Herz schlug ihr wie wild gegen die Rippen. Was sie hier trieb, war absoluter Irrsinn! Ein Fremder hielt sich im Kino ihres Großvaters auf. Vielleicht war er ein Einbrecher oder Schlimmeres. Und er hatte sie gesehen!
Sie sollte weglaufen, ihren Großvater alarmieren, die Polizei rufen, irgendetwas tun!
Doch sie konnte einfach nicht. Sie konnte sich nicht von der Stelle rühren, stand wie zur Salzsäule erstarrt da und beobachtete weiter den fremden Jungen.
Ein seltsames Lächeln umspielte jetzt seine Lippen. Ein Lächeln, als wollte er ihr sagen: "Schau, was ich mit dir anstellen kann".
Da schob sich erneut eine Wolke vor den Mond, und das Foyer lag wieder in undurchdringlicher Dunkelheit unter Colleen.
Mit einem unterdrückten Schrei fuhr sie zurück. Im selben Moment, in dem der Blick des fremden Jungen nicht mehr auf ihr ruhte, war auch die seltsame Starre von ihr abgefallen. Ein Zittern durchlief ihren Körper, und sie umklammerte ihren Oberkörper mit den Armen. Ihr Herz klopfte jetzt so heftig, dass es zu zerspringen drohte.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie sich wieder so weit unter Kontrolle hatte, dass sie es wagte, einen erneuten Blick hinunter ins Foyer zu riskieren.
Es lag jetzt still und verlassen da.
Natürlich gab es jede Menge idealer Versteckmöglichkeiten, und der fremde Junge konnte sich noch immer irgendwo im Palace verbergen. Dennoch war sie so gut wie sicher, dass er fort war. Sie spürte es einfach.
Mit zittrigen Knien verließ sie den Balkon und kehrte in ihr Zimmer zurück. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, ihren Großvater aufzuwecken oder Jake anzurufen, um ihn um Rat zu fragen. Dann aber entschied sie sich doch dagegen. Alle würden glauben, dass sie sich das ohnehin nur eingebildet hatte.
Und als sie wieder unter ihre
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