Vampiralarm (German Edition)
besseren Platz für die Nacht werden wir so schnell kaum finden."
Und dann schrumpfte der riesige Schatten immer mehr in sich zusammen, bis er nicht mehr viel größer war als seine Besitzerin: ein kleines Mädchen von etwa neun Jahren, mit feuerrotem Haar, das unter einem Baseballcap der New York-Yankees hervorlugte.
Erleichtert atmete Colleen auf. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieses Kind zu IHNEN gehörte. Hinzu kam, dass es eine gesunde Gesichtsfarbe und nicht diese schreckliche Leichenblässe besaß.
Das Mädchen war nicht allein, wie Colleen bereits vermutet hatte. Doch sie schien die Redeführerin der kleinen Gruppe von etwa zehn weiteren Kids zu sein, die jetzt, allesamt mit leuchtstarken Taschenlampen bewaffnet, nach und nach die Scheune betraten.
"Und jetzt?", fragte ein blondes Mädchen mit Pferdeschwanz und Sommersprossen mit tränenerstickter Stimme. "Ich habe Angst! Ich will zurück zu Mom und Dad!"
Die Kleine mit der Baseballkappe legte ihr einen Arm um die Schultern. "Ist ja schon gut, Nancy. Wir wollen alle am liebsten nach Hause, aber du hast doch selbst gesehen, was in der Stadt los ist."
Doch das schien Nancy nicht sonderlich zu beruhigen – sie brach vollends in Tränen aus. "Ich will sofort zu Mom und Dad!"
Colleen hatte genug gesehen. Diese Kids waren ganz offensichtlich normal – und von der Situation genauso überfordert wie sie selbst und Lara. Vielleicht hatten sie ja gemeinsam eine Chance, etwas gegen Damian und seine Diener zu unternehmen.
"Hey, ihr da unten." Colleen erhob sich, trotz des warnenden Blickes ihrer Freundin, und trat zur Leiter herüber, über die sie auf den Heuboden gelangt waren. "Habt keine Angst, wir tun euch nichts. Wir wollen bloß mit euch reden."
Ängstlich drängten sich die anderen Kids um den kleinen Rotschopf, der Colleen argwöhnisch musterte. "Wer bist du? Ich glaube nicht, dass ich dich in Jaspers Landing schon mal gesehen habe." Colleen kletterte die Leiter herunter, Lara folgte ihr kurz danach. "Aber dich kenne ich", sagte das Mädchen jetzt. "Du bist eine von den Zwillingen, richtig?"
Die beiden Freundinnen waren inzwischen unten angekommen. Lara nickte knapp. Bei dem Gedanken an Pris schossen ihr sofort wieder Tränen in die Augen. Kein Wunder, dachte Colleen. Natürlich macht sie sich Sorgen um ihre Schwester.
Auch Colleen fiel es mehr als schwer, einen klaren Kopf zu behalten, wenn sie daran dachte, dass sich ihre Freunde in der Gewalt von Damian und seinen Handlangern befand!
"Okay, ich glaube, ihr seid in Ordnung", sagte die Rothaarige jetzt. "Ihr seht auf jeden Fall ziemlich normal aus. Was man vom Rest der Stadt nicht gerade behaupten kann." Sie deutete nacheinander auf sich und die anderen Kids aus ihrer Gruppe. "Mein Name ist Mae, und das sind Greta, Phil, Dwain, Tonya, Tasha, Nev, Jenny und Mike."
Auch Colleen stellte sich kurz vor. Mae nickte und sagte: "Okay, Leute. Jetzt, wo wir zwei Ältere auf unserer Seite haben – was haltet ihr davon, wenn wir diesen fiesen Mistkerlen, die unsere Stadt aufmischen, einen kräftigen Arschtritt verpassen?"
Colleen starrte sie verblüfft an. Dann brach sie, trotz der schrecklichen Situation, in der sie alle steckten, in schallendes Gelächter aus.
"Wenn wir bloß wüssten, was hier gespielt wird. Was soll diese ganze Sache überhaupt? Das alles muss doch irgendeinen Sinn haben."
Colleen warf einen Blick aus dem Fenster der Scheune. Über den Feldern stieg zarter Frühnebel auf, und am Horizont begann es bereits zu dämmern. Sie gähnte, doch in Wahrheit wollte sie an Schlaf nicht einmal denken. Die ganze Nacht über hatten sie, Lara und die anderen Kids geredet. Doch etwas wirklich Konstruktives war dabei nicht herausgekommen. Und eines war gewiss: Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr.
Man brauchte nicht Einstein zu heißen, um zu wissen, dass sich die Sache innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden entscheiden würde. Und noch immer hatten sie keinen blassen Schimmer, wie sie Damian St. Clair aufhalten sollten.
Ein paar Mal in der Nacht hatten sie lautes Gegröle aus der Stadt vernommen. Doch niemand hatte sich getraut, auch nur die Nase aus der Tür der Scheune zu stecken. Auch Colleen musste zugeben, dass die Aussicht auf eine erneute Konfrontation mit Damian ihr eine Heidenangst einjagte.
War er wirklich ein Vampir? Wenn ja, dann aber kein normaler. Aber konnte man ihn wie einen gewöhnlichen Vampir vernichten? Konnte man einen echten Vampir überhaupt so
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