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Vampirdämmerung / Roman

Vampirdämmerung / Roman

Titel: Vampirdämmerung / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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parfümierte Creme schmeckte eklig, aber darunter lag warmer, salziger, köstlicher Mensch. Der Geschmack neckte Constances Zunge wie sonst noch nie etwas. Wie viel besser das war als Wein! Besser noch als kühles Wasser an einem heißen, staubigen Tag. Es war das Leben selbst, dunkel und erdig.
    Ein seltsamer, fast schmerzhafter Druck in ihren Kiefernhöhlen verriet Constance, dass ihre Reißzähne dringend ihr Gift freigeben wollten – aber da kam nichts. Es wartete kein Gift, das Ekstase hätte schenken können, denn Constance war ja keine vollständige Vampirin. Noch nicht.
    Die Frau wimmerte, starr und gefügig zugleich vor Angst. Sie hob eine Hand zu Constances Haar, doch ihr Kampf um Freiheit war nichts weiter als eine flehende Umarmung.
    Der Totentanz.
    Constance fühlte, wie der Puls ihrer Mahlzeit unter ihren Lippen schneller und fester wurde, was die klaffende Finsternis in ihr umso begieriger machte. Diese eine Frau konnte die Leere nicht füllen. Es müssten andere folgen.
    Die Frau weinte. »Bitte, bitte, bitte!«, flehte sie ein ums andere Mal mit der Stimme eines verängstigten Kindes.
    Heilige Mutter Gottes, was tue ich?
    Irgendwann waren sie auf den kalten Boden gesunken, dessen sechseckige Fliesen ein schwindelerregendes Schwarz-Weiß-Muster bildeten. Constance schloss die Augen. Sie wollte sich übergeben, würgen, sich wegreißen, doch sie hielt sich an ihrem Opfer fest. Der Überlebensinstinkt hatte die Macht, und ihr Körper tat, was er musste, egal, wie laut ihr Geist widersprach.
    Ihre Zähne pressten sich in den Hals der Frau, drückten sich in deren Haut, doch Constance wagte nicht, sie zu durchbohren. Sie wollte der Fremden keine Schmerzen bereiten. Oder die helle Haut einreißen. Auf eine absonderliche Weise war es ihr wichtig, es sauber anzustellen, als würde es dadurch richtiger.
    Die Frau weinte, ihre Hand kraftlos auf den grellen Fliesen, geradezu elegant in ihrer Niederlage.
    Constance begann ebenfalls zu weinen, hatte sie doch kein bisschen weniger Angst als ihr Opfer.
    Ich kann es nicht aufhalten. Ich schaffe es nicht!
    Die Frau wand sich und stemmte sich unerwartet gegen Constances Umschlingung. Da biss sie zu wie ein Raubtier, das die Zähne in seine zappelnde Beute rammte. Blut spritzte grellrot auf die hellen Bodenfliesen.
    Heilige Maria!
Das Blut schoss ihr in einem überraschend heißen Schwall in den Mund.
    Constance erschauderte, und ihr Körper stand kurz vor der Ohnmacht, als Jahrhunderte der Enthaltsamkeit endeten. Sie war am Verhungern gewesen und hatte es gar nicht gewusst.
    Sie hörte, dass die Tür geöffnet wurde, fühlte den Schrecken der Eindringenden fast körperlich. Der Schrei schnitt buchstäblich durch sie hindurch und brachte sie dazu, ihren Kopf zu heben. Knurrend bleckte sie die Zähne, ihre Beute neidisch verteidigend.
    »Vampir!«, kreischte die Frau, kurz bevor sie wegstolperte.
    Ich habe es getan. Jetzt bin ich ein richtiger Vampir.
    Eisige Furcht – vor sich selbst, vor den Menschen, die sie jagen würden – trieb Constance an aufzustehen.

[home]
21
    M ac sah Connie mit Warp-Geschwindigkeit aus dem Waschraum stürmen, so dass Gläser und Blumen von den Tischen flogen, an denen sie auf dem Weg zur Tür vorbeirannte. »Vampirangriff!«, schrie jemand. »Ruft einen Notarzt!«
    Ach du Scheiße!
Connie rannte um ihr Leben. Sie hatte die Kontrolle verloren.
    Und er hatte sein Versprechen gebrochen. Er hatte ihr geschworen, dass er sie vor Schwierigkeiten bewahren würde.
    Aber es schien doch alles okay mit ihr.
    Mac setzte ihr sofort nach, sprang über die halbe Wand, die ihren Tisch vom Weg zum Eingang trennte. Noch ein paar andere rannten ihr nach, unter anderem einer der Werwolf-Gäste. Mit wild gewordenen Vampiren wurde stets kurzer Prozess gemacht. Das durfte Mac nicht zulassen.
    Zeit zu schummeln!
Er wurde zu Staub und tauchte vor Connie wieder auf. Sie raste geradewegs auf ihn zu und sie beide um, so dass sie auf dem Straßenpflaster landeten. Der dünne Stoff seines Anzugs fing nichts von dem rauhen Asphalt ab.
    »Lass mich los!«, fauchte sie, ihr blutverschmiertes Gesicht entstellt vor Schmerz. »Ich muss fort!«
    Sie versuchte aufzustehen, fiel jedoch gleich wieder auf Hände und Knie und rollte sich zusammen, so dass ihre Stirn ihr ruiniertes Kleid unten berührte.
    Mac fasste ihre Schulter und fühlte, dass sie heftig zitterte. Er wusste nicht, ob ihr schlecht war oder sie unter Schock stand, und es war keine Zeit, das herauszufinden.

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