Vampirdämmerung / Roman
zurückgegeben. Und er ist nicht froh darüber, was das heißen kann.«
Bin ich auch nicht.
Alessandro umklammerte die Sofaarmlehne so fest, dass das Holz darin knarrte. »Ich dachte, die Burg soll magische Kräfte dämpfen.«
»Tja, das scheint bei ihm nicht zu funktionieren. Heute Abend habe ich ein bisschen recherchiert, aber ich konnte nichts finden, das uns erklärt, was vor sich geht.«
Alessandro bemühte sich um einen ruhigen, sachlichen Tonfall. »Ich schätze, es wäre vergeblich, dir zu sagen, dass du dich Mac nicht nähern solltest. Immerhin habe ich erst letzte Nacht versucht, ihn zu exekutieren.«
Sie wandte ihr Gesicht ab. »Ja, ähm, ich … ach, ich weiß, dass wir darüber geredet haben, was passiert, wenn du ihn findest. Aber mir kam er ganz okay vor. Ich meine … Ich muss ihm doch helfen! Er hat sich ja nicht gerade gewünscht, was ihm passiert ist.«
»Du musst überhaupt nichts.« Er blickte sie streng an. »Jeden Moment könnte er sich verwandeln. Er ist gefährlich!«
»Das ist nicht fair!« Ihre Augen funkelten vor Zorn. »Du bist auch gefährlich.«
Alessandro zuckte zusammen. »Ich habe mich unter Kontrolle.«
»Er sich offenbar auch«, erwiderte sie verbissen. »Und wenn ich ihm helfe, behält er sich auch unter Kontrolle.«
»Gestern hattest du kein Problem mit seiner Hinrichtung.«
»Da hatte ich auch noch nicht mit ihm geredet.« Ihre Züge wurden weicher. »Jetzt ist es nicht mehr rein theoretisch.«
Alessandro fühlte einen kalten Klumpen in seinem Bauch. Sein Job war stets umso härter, wenn er jemanden töten musste, den er kannte. Was wohl der Grund war, weshalb Mac nicht tot war. »Also, du hast Mac getroffen und warst allein beim Burgtor. Sollte ich sonst noch etwas wissen?«
»Was soll das denn heißen?« Hollys Miene schrie förmlich:
Bedräng mich nicht!
»Warum bist du nicht zu dem Familientreffen geflogen?«
Sie holte erschrocken Luft, was fast ein Schluckauf wurde. »Hast du gestern Abend mit Ashe gesprochen?«
Er nickte.
Unsicher nagte sie an ihrem Fingernagel. »Ich habe dir nichts von dem Treffen erzählt, weil ich nicht hinwollte. Und ich wollte auch nicht, dass du denkst, ich würde deinetwegen nicht hinreisen. Vor allem aber wollte ich mir eine ermüdende Unterhaltung ersparen, die sich sowieso nur endlos im Kreis bewegt hätte. Was immer Ashe dir erzählt hat, vergiss es, denn sie hat keinen Schimmer, wovon sie spricht.«
Nun wurde der Trotz in Alessandro wach. »Weshalb wolltest du nicht hinfliegen?«
»Das Timing war eben ungünstig. Ich habe so schon mehr als genug um die Ohren. Ich habe ja nicht einmal Zeit für die Zwischenprüfungen. Und ich kann nicht am College bleiben, nicht wenn ich mich um Mac, die Burg, die Höllenhunde und einen Haufen reißzahniger und pelziger Anarchisten kümmern muss. Was sind dagegen schon Semesterklausuren?« Sie lachte verbittert. »Und zu allem Überfluss kommt auch noch Ashe in die Stadt gedröhnt wie der Terminator.«
Alessandro hörte auf ihre Worte, aber er nahm überdies auch ihre Stimme sehr deutlich wahr. Sie war panisch.
Prüfungsangst.
Die Probleme, die sie aufzählte, waren durchaus real, doch abgesehen von Ashe und Mac waren sie nicht neu. Nein, was Hollys Nerven am meisten zusetzte, waren Algebra und zu viel schwarzer Kaffee.
Aber es gab noch etwas, das sie nicht sagte. Den meisten anderen wäre es gewiss nicht aufgefallen, aber Alessandro war ein Jäger. Veränderungen des Eigenduftes oder der Stimmung bildeten Signale, und diese verrieten Alessandro, dass etwas nicht stimmte. Etwas, das hinreichend übel war, um Hollys Traum vom Studium ins Wanken zu bringen. Und heikel genug, dass sie es ihm nicht erzählte.
Frauen haben Geheimnisse.
So alt, wie Alessandro war, hatte er diese Tatsache bereits hundertfach verinnerlicht.
Deshalb machen Männer sich Sorgen.
»Nehmen wir nicht gleich das Schlimmste an. Noch haben wir es mit einer Menge Mutmaßungen zu tun, was geschehen
könnte.
Kümmere du dich lieber um deine Abschlussprüfungen.« Er lächelte sie aufmunternd an. »Ich erledige den Rest.«
»Was ist mit Mac?«
Zur Hölle mit Mac!
Doch Alessandro wusste, wann ein strategischer Rückzug angesagt war.
Er hob Hollys Hand an seine Lippen und küsste sie. »Meinetwegen forsch weiter für ihn nach. Ich komme mit dir, wenn du mit ihm persönlich reden musst. Aber lass dich nicht zu sehr von deinen Prüfungen ablenken! Du hast viel zu hart gearbeitet, um dir jetzt alles verbauen zu lassen.«
Sie
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